Erneut: Umwelt­in­for­ma­tionen vorm BVerwG

Erinnern Sie sich noch an Stuttgart 21? Vor den Stürmen, die die Republik heute erschüttern, stritten Stutt­garter Bürger engagiert gegen die Baumfäl­lungen im Stutt­garter Schloss­garten in Vorbe­reitung des geplanten Bahnhofs­neubaus. Im Zuge dieser Ausein­an­der­set­zungen ging es nicht nur um die Frage, ob die baden-württem­ber­gische Polizei es bei ihren Einsätzen mit dem Engagement etwas übertrieben hat. Sondern auch um die Frage, ob den aufge­brachten Bürgern Zugang zu Unter­lagen in Zusam­menhang mit den Baumfäl­lungen zusteht. Zum einen machten Bürger Ansprüche auf regie­rungs­in­terne Infor­ma­tionen in Hinblick auf den Unter­su­chungs­aus­schuss zum Polizei­einsatz am 30.09.2010 geltend, verlangten zum anderen Unter­lagen zur Kommu­ni­ka­ti­ons­stra­tegie der Deutschen Bahn, die sich beim Staats­mi­nis­terium Baden-Württemberg befanden, und drittens einen beamten­recht­lichen Vermerk über eine öffent­liche Äußerung eines Polizisten.

Die verwal­tungs­recht­lichen Mühlen mahlen langsam. Erst am 08.05.2019 fällte das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) in nunmehr dritter Instanz eine Entscheidung. Zuvor hatte der Verwal­tungs­ge­richtshof Mannheim 2017 sich mit der Sache beschäftigt. 

Den beamten­recht­lichen Vermerk versagte das BVerwG den Klägern. Hinter­grund: Das Umwelt­ver­wal­tungs­gesetz (UVwG) gewährt (wie auch das UIG des Bundes) nur den Zugang zu Umwelt­in­for­ma­tionen. Ein beamten­recht­licher Vermerk sei aber keine Umwelt­in­for­mation. Anders sieht es aber bei den Unter­lagen der Deutschen Bahn AG aus. Zwar erlaubt das Gesetz es, die Herausgabe von Betriebs-oder Geschäfts­ge­heim­nissen zu verweigern. Dieses Verwei­ge­rungs­recht der öffent­lichen Hand existiert aber nicht absolut. Wenn das öffent­liche Interesse an einer Bekanntgabe überwiegt, muss auch ein solches Geheimnis zugänglich gemacht werden. So sah das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt den Fall hier: Das öffent­liche Infor­ma­ti­ons­in­teresse wiege schwerer. Das Land und auch die beigeladene DB AG hatten das anders gesehen. 

In Hinblick auf den dritten geltend gemachten Infor­ma­ti­ons­an­spruch sah das BVerwG sich nicht in der Lage zu entscheiden. Die Kläger wollen hier Zugang zu den internen Infor­ma­tionen für die Spitzen des Staats­mi­nis­te­riums über den Unter­su­chungs­aus­schuss zu den damaligen Vorfällen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hatte noch angenommen, dass auch an sich geschützte interne Unter­lagen nach Abschluss des behörd­lichen Entschei­dungs­pro­zesses heraus­ge­geben werden müssten. Dies entnahm die zweite Instanz eine richt­li­ni­en­kon­formen Auslegung. Raum für eine solche Auslegung sah das BVerwG nun offenbar nicht: Hier bedürfe es einer Vorab­ent­scheidung durch den Europäi­schen Gerichtshof (EuGH) zum sachlichen und zeitlichen Schutz interner Mitteilungen. 

Das bedeutet, dass zum gegen­wär­tigen Zeitpunkt in Hinblick auf diesen Teil der verlangten Infor­ma­tionen noch keine Entscheidung ergehen kann. Sondern – neben dem Urteil zu den beiden anderen Punkten – nur ein das Verfahren noch nicht beendender Beschluss. Mit diesem Beschluss fragt das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt die Richter in Luxemburg, was und wie lange als interne Mitteilung von den europa­rechtlich gebotenen Infor­ma­ti­ons­an­sprüchen ausge­nommen ist. 

Bis der Komplex Stuttgart 21 auch in dieser Hinsicht abgeschlossen sein wird, wird es also noch einige Zeit dauern, denn der EuGH ist nicht für seine Schnel­ligkeit bekannt.

2019-05-09T15:45:27+02:009. Mai 2019|Umwelt, Verwaltungsrecht|

Prosa über Glyphosat

Glyphosat ist mal wieder in aller Munde. Vor allem wegen der Entscheidung eines kalifor­ni­schen Gerichts, das Monsanto vor kurzem zu einer Zahlung von immerhin 80 Millionen Dollar verur­teilt hat. Hinter­grund ist die Klage eines krebs­kranken Mannes. Die Jury war zu dem Schluss gekommen, dass seine Erkrankung durch Glyphosat verur­sacht sei. Sie hatte den Hersteller dafür verant­wortlich gemacht. Mehr als 1000 ähnliche Verfahren sollen in den USA anhängig sein. Dass hatte sich der deutsche Chemie- und Pharma­konzern Bayer bei der Übernahme von Monsanto im Juni 2018 mögli­cher­weise anders vorgestellt.

Auch in Deutschland gibt es ein Verfahren zu Glykosat, das nicht zuletzt vor diesem Hinter­grund brisant ist. Dabei geht es nicht um einen konkreten Schadensfall, sondern eher um Aufklärung über mögliche Schad­wir­kungen. Die Online-Plattform für Infor­ma­ti­ons­freiheit „Frag den Staat“ hat nämlich eine Stellung­nahme des Bundesamts für Risiko­be­wertung (BfR) online gestellt. Darin geht es u.a. um die Frage, ob Glyphosat für den Menschen krebs­er­regend sei. „Frag den Staat“ hatte das sechs­seitige Papier zuvor aufgrund eines Auskunfts­an­spruchs nach dem Infor­ma­ti­ons­frei­heits­gesetz (IFG) vom BfR erhalten. Nun hat das BfR „Frag den Staat“ für die Veröf­fent­li­chung der internen Stellung­nahme abmahnen lassen. Die Abmahnung können Sie ebenfalls online lesen. Die Begründung des BfR lautet nicht etwa, dass es sich um vertrau­liche Infor­ma­tionen handle. Immerhin müssen die Infor­ma­tionen auch nach dem IFG ohnehin jedem Inter­es­sierten zur Verfügung gestellt werden. Vielmehr sei die Stellung­nahme urheber­rechtlich geschützt.

Was uns zu einem weiteren derzeit brisanten Thema führt. Genau, die Urheber­rechts­reform. Ging es da nicht um verarmte Künstler, die in den Weiten des Internet zunehmend leer ausgehen? Und um junge YouTuber, die ihre Arbeit durch Upload­filtern vor dem „Aus“ sehen? Nun ist das BfR aber doch eher eine der ehrwür­digen Insti­tu­tionen, die von unseren Steuer­geldern finan­ziert werden. Die sich auf neutrale und metho­disch struk­tu­rierte Weise mit Belangen befassen sollen, die eigentlich alle etwas angehen. Sie fragen sich jetzt sicher, warum die das Urheber­recht geltend machen, durch das schöp­fe­rische Leistungen geschützt werden sollen. Und warum das dann effektiv die Verbreitung von Infor­ma­tionen verhindern soll, die für die Öffent­lichkeit relevant wären. Nun, was sollen wir Ihnen da bloß sagen – das fragen wir uns nämlich auch.

 

2019-03-28T11:28:54+01:0028. März 2019|Allgemein, Digitales, Umwelt|