IFG und GeschGehG: Zu BVerwG 20 F 3.19

Das Anspruch nach dem Infor­ma­ti­ons­frei­heits­gesetz (IFG) ist nicht grenzenlos. Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nisse etwa sind ausge­nommen. Doch wann liegt ein Betriebs- und Geschäfts­ge­heimnis vor? Und in welchem Verhältnis stehen die Ausnah­me­re­gelung im IFG und das 2019 neu erlassene Geschäfts­ge­heim­nis­gesetz? Hierzu hat nun am 5. März 2020 erstmals das BVerwG entschieden (20 F 3.19).

Anlass für die Entscheidung war eine Sperrer­klärung. Solche Erklä­rungen geben Aufsichts­be­hörden ab, wenn die nachge­ordnete Behörde im Rahmen eines Verewal­tungs­pro­zesses nicht die gesamte Akte übersendet, die dann im Rahmen der Akten­ein­sicht auch die Gegen­seite bekommt, sondern Teile schwärzt oder entnimmt, vgl. § 99 VwGO. In dem hier zugrunde liegenden Verfahren ging es um Dokumente, aus denen sich wohl Rückschlüsse auf den Bau von Geschwin­dig­keits­mess­ge­räten ziehen lassen, die den Nachbar betreffen. Dass die Sperrung nicht nur den Inhalt der geheim gehal­tenen Dokumente, sondern auch deren Bezeichnung und Beschaf­fenheit betraf, hielt das VG für fehlerhaft und legte die Frage dem OVG vor. Das OVG erklärte die Sperrer­klärung für teilweise rechts­widrig, hiergegen ging das Untenehmen, um dessen Geheimnis es ging, ebenso wie die verklagte Behörde im Beschwer­dewege vor.

Das BVerwG hält die Sperrer­klärung für recht­mäßig, weil es davon ausgeht, dass einer­seits die Dokumente selbst, anderer­seits deren Datei­be­zeich­nungen, ‑größen und ‑typen Wettbe­werber des Unter­nehmens, das diese Infor­ma­tionen bei der verklagten Behörde einge­reicht hatte, zum Nachbau befähigen würden. Dabei bezieht sich der Senat auch auf das neue GeschGehG. Damit klärt das BVerwG nunmehr die Frage, ob die Geheim­nis­de­fi­nition des § 2 Nr. 1 GeschGehG auch innerhalb der Reich­weite des IFG gilt, inklusive des umstrit­tenen Tatbe­stands­merkmals des „berech­tigten Inter­esses“ am Geheimnis, also einer über die Richt­linie 2016/943 hinaus­ge­henden quali­ta­tiven Merkmals. Relevant zudem: Im § 2 Nr. 1 b) GeschGehG setzen Geheim­nisse angemessene Geheim­hal­tungs­maß­nahmen voraus. Pointiert gesagt: Ein Geheimnis ist nur dann ein Geheimnis, wenn man es aktiv und nachweisbar geheim gehalten hat. Unter­nehmen sollten diese Geheim­haltung also dokumen­tieren, Antrag­steller im Infor­ma­ti­ons­frei­heits­recht sollten, so der Sachverhalt dies nahelegt, vortragen, dass das Unter­nehmen, das sich auf Geheim­nisse beruft, nichts dergleichen getan hat (Miriam Vollmer).

 

 

2020-08-28T18:17:48+02:0028. August 2020|Verwaltungsrecht|

Infor­ma­ti­ons­freiheit: Auskunft über vertrau­liche Ministergespräche

Ja, Sackra! Jetzt darf ein Minister noch nicht einmal vertrau­liche Gespräche führen“, wird manch einer jetzt vielleicht denken. Und tatsächlich hat das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Berlin-Brandenburg einen entspre­chende Beschluss gefällt. Demnach hat ein ZDF-Journalist gegen das Bundes­ver­kehrs­mi­nis­terium (BMVI) einen presse­recht­lichen Auskunfts­an­spruch über Gespräche des Ministers. Die Sache dreht sich um ein Treffen des Bundes­ver­kehrs­mi­nisters Andreas Scheuer mit Daimler-Chef Dieter Zetsche Ende Mai 2018.

Hinter­grund war die drohende Verhängung von Ordnungs­geldern in Milli­ar­denhöhe wegen der Verwendung unzuläs­siger Abschalt­ein­rich­tungen. Der Journalist hatte im BMVI einen mehrsei­tigen Katalog mit Fragen vorgelegt. Diese Fragen beziehen sich zum einen auf die Inhalte des „vertrau­lichen“ Gesprächs mit Zetsche selbst, zum anderen auf die Prüfungen im BMVI und im Kraft­fahr­bun­desamt. Insbe­sondere inter­es­siert den Journa­listen, ob sich als Ergebnis der Prüfung ergeben hätte, dass die Verhängung der Ordnungs­gelder rechtlich alter­na­tivlos sei: Hat es, im Jargon der Verwaltung formu­liert, nämlich eine „Ermes­sens­re­du­zierung auf Null“ gegeben? In der Tat ist dies eine Frage von erheb­licher politi­scher Brisanz. Denn letzt­endlich wurden nie Ordnungs­gelder verhängt.

Nun hat sich die Regierung auf den Schutz ihres „Kernbe­reichs exeku­tiver Eigen­ver­ant­wortung“ berufen. Gemeint ist ein Bereich, in dem die Freiheit und Offenheit der Willens­bildung geschützt wird. So dass ein Beamter (oder in diesem Fall eben ein Minister) auch mal etwas sagen darf, was nachher nicht öffentlich auf die Goldwaage gelegt werden sollte. Aller­dings hat das OVG dieses Argument verworfen. Denn die Bundes­re­gierung habe dies nicht nachvoll­ziehbar anhand konkreter Umstände des Einzel­falls begründet. Ohnehin ging es letztlich eher um einen Fall, in dem die Willens­bildung bereits abgeschlossen gewesen sei.

Umgekehrt musste der Antrag­steller, also der Journalist, begründen, warum er bereits im Eilver­fahren und nicht erst im Haupt­sa­che­ver­fahren Auskunft erhalten wolle. Denn grund­sätzlich soll die Entscheidung der Klage in der Haupt­sache nicht vorweg­ge­nommen werden. Und Infor­ma­tionen die einmal in der Öffent­lichkeit sind, lassen sich nicht mehr verschweigen. Dass das OVG Berlin-Brandenburg dennoch zugunsten des Antrags­stellers entschieden hat, ist wegweisend für die Effek­ti­vität der Durch­setzung von Infor­ma­ti­ons­an­sprüchen. Begründet hat das OVG die ausnahms­weise Vorweg­nahme der Haupt­sache damit, dass bei weiterem Zuwarten bis zur Entscheidung in der Haupt­sache der Neuig­keitswert der Infor­ma­tionen nicht mehr gegeben sei. Das finden wir einen sehr plausiblen Grund: Auskunfts­an­sprüche würden in den meisten Fällen in der Tat leer laufen, wenn gewartet werden müsste, bis die Infor­ma­tionen nicht mehr aktuell sind (Olaf Dilling).

2020-02-20T10:26:01+01:0020. Februar 2020|Industrie, Umwelt, Verkehr, Verwaltungsrecht|