Letzt­ver­braucher“ oder „Haushalts­kunde“? LG Köln zum Streit über die Auslegung  des § 41 Abs. 3 EnWG a.F.

Der § 41 EnWG regelt die Belie­ferung von Kunden mit Energie, ausserhalb der gesetz­lichen Grund­ver­sorgung. Genau­ge­nommen die Belie­ferung von „Letzt­ver­brau­chern“ mit Energie. Das war jedoch nicht immer so. Vor dem 21. Juli 2021 lautete die Überschrift des § 41 EnWG noch „Energie­lie­fer­ver­träge mit Haushaltskunden“.

Die Änderung ist bedeutsam, denn das EnWG unter­scheidet zwischen „Letzt­ver­brau­chern“ und „Haushalts­kunden“. Als Letzt­ver­braucher gilt gem. § 3 Nr. 25 EnWG jede natür­liche oder juris­tische Person, die Energie für den eigenen Verbrauch kauft. Der Begriff des Haushalts­kunden dagegen ist viel enger gefasst, denn hierunter fallen gem. § 3 Nr. 22 EnWG Letzt­ver­braucher, die Energie überwiegend für den Eigen­ver­brauch im Haushalt oder für den einen Jahres­ver­brauch von 10 000 Kilowatt­stunden nicht überstei­genden Eigen­ver­brauch für beruf­liche, landwirt­schaft­liche oder gewerb­liche Zwecke kaufen.

Der Anwen­dungs­be­reich des § 41 EnWG hat sich somit erweitert. Aller­dings war auch schon in der alten Fassung des § 41 EnWG zumindest im Absatz 3 die Rede vom „Letzt­ver­braucher“ und nicht vom Haushalts­kunden. Der § 41 Abs. 3 EnWG alte Fassung enthielt die Pflicht des Versorgers „Letzt­ver­brau­chern“ Preis­an­pas­sungen frist­ge­recht und trans­parent vor ihrem Inkraft­treten mitzuteilen.

Und genau hierüber besteht unter Juristen Uneinigkeit. Es gibt Stimmen die sind der Meinung, der Gesetz­geber habe hier einen redak­tio­nellen Fehler begangen und auch in § 41 Abs. 3 EnWG alte Fassung eigentlich nur „Haushalts­kunden“ gemeint, denn aus der Überschrift der gesamten Norm sei ersichtlich, dass diese sich nur an Haushalts­kunden wenden wollte und in allen anderen Absätzen des Paragraphen ginge es auch nur um Haushalts­kunden. Die Gegen­po­sition meint, dass der Wortlaut des Gesetzes eindeutig sei und wenn der Gesetz­geber dort den fest definierten Begriff des Letzt­ver­brau­chers verwendet könne die Norm nicht entgegen ihres Wortlautes einfach so ausgelegt werden, dass sie nur für Haushalts­kunden gelten soll. Dieser zweiten Meinung hat sich nun das Landge­richt Köln mit Hinweis vom 30.06.2023 in einem von uns geführten Verfahren (Az.88 O 03/23) angeschlossen.

Nach vorläu­figer Ansicht des Landge­richts Köln hatten auch Unter­nehmen und andere Letzt­ver­braucher vor 2022 Anspruch über Preis­an­pas­sungen recht­zeitig und trans­parent vom Versorger infor­miert zu werden.

(Christian Dümke)

2023-07-21T15:35:46+02:0021. Juli 2023|Rechtsprechung|

Es gibt auf Erden nicht nur den Einen

Meistens ist die Sache ja klar: Grund­ver­sorger ist das Unter­nehmen, das in einem Netzgebiet der allge­meinen Versorgung die meisten Haushalts­kunden versorgt. Nach springt der Grund­ver­sorger immer dann ein, wenn ein Haushalts­kunde keinen ander­wei­tigen Energie­lie­fer­vertrag abschließt. Für dieses besondere Versor­gungs­ver­hältnis gelten besondere Pflichten, die der Gesetz- und Verord­nungs­geber in § 36 EnWG und der StromGVV und GasGVV ausfor­mu­liert hat (mehr zur Grund­ver­sorgung hier).

In aller Regel ist der Grund­ver­sor­gungs­tarif teurer als die anderen Tarife, was u. a. mit der kurzfris­tigen Kündbarkeit zu tun hat, außerdem kann der Versorger sich den Kunden nicht aussuchen, auch die Möglichkeit einer aufwands­pa­renden Vertrags­aus­ge­staltung zB bei Zahlungs­mög­lich­keiten etc. ist sehr einge­schränkt. Neben diesem vertraglich sehr festge­legten Modell bieten praktisch alle Versorger innerhalb wie außerhalb ihres Grund­ver­sor­gungs­ge­biets noch weitere Tarife an, die oft günstiger sind oder etwas Beson­deres bieten, z. B. Ökostrom.

Ferkel, Wurf, Schwein, Jung, Tier, Allesfresser

Doch wie sieht es aus, wenn ein Unter­nehmen mehrere Tarife anbietet, die keine Sonder­be­din­gungen vorsehen, ohne einen davon als den Grund­ver­sor­gungs­tarif zu kennzeichnen und nach dem Bestpreis­tarif abzurechnen? Zwar ordnet der neue § 41 Abs. 1 Nr. 6 EnWG an, dass überhaupt eine Zuordnung getroffen werden muss, ob einTarif zur Grund­ver­sorgung gehört oder ein Sonder­kun­den­ver­hältnis angeboten wird. Doch wie sieht es mit mehreren Tarifen aus? Hinter dem Grund­ver­sor­gungs­tarif steht ja die Vorstelllung, dass Kunde und Versorger unaus­ge­sprochen einen Vertrag schließen, weil der eine Strom anbietet und der andere ihn verbraucht. Funktio­niert das auch, wenn der Inhalt dieses Vertrages zum Zeitpunkt des Vertrags­schlusses noch gar nicht so klar ist, weil Grundlage des Grund­ver­sor­gungs­ver­hält­nisses mehrere unter­schied­liche Tarife sein könnten?

Der Bundes­ge­richtshof (BGH) jeden­falls hält dies für unpro­ble­ma­tisch (BGH vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, Rn. 27; vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10; vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 111 Rn. 34; vom 28.10.2015 – VIII ZR 158/11 – Rn.19; vom 13.4.2021 – VIII ZR 277/19 – Rn. 7). Es kann also durchaus mehr als einen geben. Doch Versorger müssen bei der Ausge­staltung ihres Tarif­systems trotzdem aufpassen: Auch wenn es mehr als einen Grund­ver­sor­gungs­tarif gibt, müssen alle den Vorgaben der Strom- und GasGVV entsprechen und es muss stets klar sein, in welcher Situation der Kunde welchen Energie­preis zu zahlen hat (Miriam Vollmer).

 

2021-09-17T22:42:06+02:0017. September 2021|Gas, Strom, Vertrieb|