Was wenn der Wasser­stoff nicht kommt: Das neue GEG und die H2-ready Heizung

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Solange Erdgas noch günstig ist, könnte der Verbraucher auch in Zukunft eine neue Gasheizung einbauen, Erdgas verfeuern, und eines Tages fließt aus seinem Gasnetz­an­schluss auf einmal grüner Wasser­stoff. Die Wärme­wende wäre für ihn erledigt, Haupt­sache auf seiner neuen Gasheizung prangt „H2-ready“.

Doch ist das wirklich so einfach? Was sagt das neue, am 08.09.2023 im Bundestag verab­schiedete Gebäu­de­en­er­gie­gesetz (GEG) denn dazu?

Geregelt ist der Umgang mit H2-ready Heizungen im § 71k GEG. Der ist auch in der am 08.09.2023 verab­schie­deten Ausschuss­fassung recht lang. Schon Absatz 1, Satz 1 enthält für viele Inter­es­senten für angeblich H2-ready Heizungen eine Enttäu­schung: Es reicht nicht, dass der heute für das Siegel ausrei­chende Anteil von 20% Wasser­stoff verbrannt werden könnte. Nur Heizungen, die 100% Wasser­stoff verbrennen können, erfüllen die Voraus­set­zungen dieser Ausnahmeregelung.

Auch ist es nicht möglich, überall diesen Weg zu gehen, sondern nur in per Wärme­planung und landes­hörd­lichem Beschluss ausge­wie­senen Wasser­stoff­netz­aus­bau­ge­bieten, in denen spätestens Ende 2044 100% Wasser­stoff fließen sollen. Zudem muss der Gasnetz­be­treiber mit der im jewei­ligen Landes­recht zustän­digen Stelle einen Fahrplan für die Umstellung der Netzin­fra­struktur vorgelegt haben, der die techni­schen und zeitlichen Schritte für die Umstellung vorsieht, darlegt, wo der Wasser­stoff eigentlich herkommen soll, und wie das Ganze finan­ziert werden soll. Eine Darlegung, wie der Plan in die Klima­schutz­ziele des Bundes passt, und zwei- bis dreijähr­liche Meilen­steine, gehören auch dazu.

Doch mit diesem Plan für den Ausbau des Wasser­stoff­netzes vor Ort ist es nicht getan. Der erwähnte Trans­for­ma­ti­ons­fahrplan wird von der Bundes­netz­agentur alle drei Jahre geprüft. Läuft es nicht, wie vom Netzbe­treiber geplant, fällt der ganze Plan in sich zusammen. Denn für diesen Fall bestimmt Absatz 4, dass die Bundes­netz­agentur einen Bescheid erlässt, nach dem die Fahrplan­um­setzung nicht ausreicht. Heizungs­an­lagen, die bis spätestens ein Jahr nach Erlass dieses Bescheides eingebaut wurden sind, unter­fallen nach drei Jahren Übergangs­frist wieder den ganz normalen Regeln für Heizungs­an­lagen. Tritt dieser Fall ein, hat der enttäuschte Kunde übrigens Anspruch auf Kosten­er­stattung seiner Mehrkosten gegen den Gasnetz­be­treiber, außer, der hat das Scheitern nicht zu vertreten. Denkbar wäre das etwa, wenn der Fernlei­tungs­netz­be­treiber den Umbau der Infra­struktur nicht schafft. Oder einfach nicht genug Wasser­stoff da ist. In diesem Fall bleibt der Kunde auf seinen Mehrkosten sitzen. Di H2-ready Heizung ist also selbst dann, wenn der Netzbe­treiber vor Ort und der Kunde sie gleicher­maßen wollen, für beide keine ganz risikolose Sache (Miriam Vollmer).

2023-09-11T23:31:28+02:0011. September 2023|Gas, Wärme|

Was, wenn es scheitert? Wie weiter ohne neues GEG?

Nun geht das Gebäu­de­en­er­gie­gesetz (GEG) also in eine neue Runde. Ob die Ampel es im Herbst immer noch nicht schafft, das Gesetz zu verab­schieden? Oder ob sie es schafft, aber 2025 übernimmt die CDU und schafft es ab, wie Spahn bereits angekündigt hat?

Als gesichert darf wohl angenommen werden, dass auch Spahn nicht plant, das GEG ganz aufzu­heben. Vermutlich meint er die aktuelle Novelle und damit die Rückkehr zum jetzt noch geltenden GEG der Großen Koalition, das – wenig bekannt – auch bereits eine Pflicht enthält, Ölhei­zungen und Heizkessel nach 30 Jahren auszu­ran­gieren, aller­dings noch mit allerlei Ausnahmen. Entfallen würde aber die (durch zahlreiche Ausnahmen ohnehin abgeschwächte) Pflicht, künftig 65% Erneu­erbare einzusetzen.

Doch wären damit die Gashei­zungen safe, um die sich in den letzten Wochen viele Menschen solche Sorgen machen? Klar ist in jedem Falle, dass 2045 das absolute Enddatum für den Betrieb aller fossiler Heizungen darstellt. Das ergibt sich aus dem Klima­schutz­gesetz und soll auch in der aktuellen Novelle nicht geändert werden. Ausge­sprochen zweifelhaft ist zudem schon, ob das angesichts der Recht­spre­chung des BVerfG überhaupt möglich wäre. Das bedeutet: Jede neue Gasheizung hat ohnehin eine maximale Lebens­dauer von 22 Jahren.

Doch auch ohne GEG sind diese 22 Jahre nicht sicher. Denn die EU berät aktuell über eine neue Gebäu­de­richt­linie. Der Entwurf zielt auf eine Dekar­bo­ni­sierung des Gebäu­de­sektors durch eine verbessere Effizienz und eine Umstellung auf Erneu­erbare ab. Zwar ist erst für 2050 eine komplette Umstellung auf Nullemis­si­ons­ge­bäude vorge­sehen. Aber auch die schon vorher gefor­derten Niedrigst­ener­gie­ge­bäude sollen zu einem ganz wesent­lichen Teil durch Energie aus erneu­er­baren Quellen versorgt werden, was kaum mit einer zu 100% fossil befeu­erten Gas- oder Ölheizung passen dürfte. Zwar ist das Gesetz­ge­bungs­ver­fahren für die neue EPBD noch nicht abgeschlossen, Änderungen am Entwurf also möglich, es ist aber naheliegend, dass eine auch mit der Ampel verhan­delte Version der EPBD nicht mit einer völligen Abschaffung der Pflicht, überhaupt auf Erneu­erbare Wärme­quellen zuzugreifen, vereinbar sein dürfte. Da Gemein­schafts­recht bekanntlich einen Anwen­dungs­vorrang vor natio­nalem Recht genießt, wäre spätestens mit der Umsetzung der Richt­linie der Status Quo des GEG ohne Novelle nicht dauerhaft mehr zu halten. 

Energiesparen, Heizung, Regler

Doch selbst wenn die EPBD sich im Prozess noch von einer Verpflichtung zur Nutzung von Erneu­er­baren in den Dreißigern verab­schieden sollte, dürfte der Emissi­ons­handel dazu führen, dass viele Gas- und Ölhei­zungen zwar mögli­cher­weise legal wären, aber wirtschaftlich nicht mehr attraktiv sind. Laut einer Studie des MCC bewegen sich 2030 die Preise für eine Tonne CO2 zwischen 200 und 400 EUR, also ca. das Zehnfache von heute. Zur Orien­tierung: Bei einem Jahres­ver­brauch von 30.000 kWh Erdgas belaufen sich die CO2-Kosten bei 30 EUR auf rund 160 EUR, bei einer Verzehn­fa­chung also auf 1.600 EUR. Heizen würde also monatlich um deutlich mehr als 100 EUR teurer.

Insgesamt stehen die Zeichen für die neue fossile Heizung also nicht allzu günstig, selbst wenn die GEG-Novelle noch scheitert und oder die Novelle zurück­ge­nommen wird. Als Verbraucher, aber auch als Vermieter sollte man vorsichtig sein, den vermeintlich bewährten Weg einer Gasheizung einzu­schlagen (Miriam Vollmer).

2023-07-13T10:03:26+02:0013. Juli 2023|Energiepolitik, Wärme|

Verfas­sungs­ge­richt stoppt neues GEG – Warum eigentlich?

Das Ringen um das neue Gebäu­de­en­er­gie­gesetz (GEG) scheint kein Ende zu finden. Nun hat sich auch noch das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt einge­schaltet und mit Beschluss Beschluss vom 5. Juli 2023 zum Akten­zeichen 2 BvE 4/23 die vom Gesetz­geber geplante Verab­schiedung des GEG erst einmal gestoppt.


Ist das geplante Gesetz also verfas­sungs­widrig? Nein – zumindest ergibt sich das nicht aus dem Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richtes, denn die dortige vorläufige Unter­sagung stützt sich lediglich auf die aus Sicht des Gerichts mögli­cher­weise übereilte formale Verfah­rens­weise, die den antrag­stel­lenden Bundes­tags­ab­ge­ord­neten in seinen Rechten am Gesetz­ge­bungs­ver­fahren ausrei­chend mitzu­wirken, verletzte.

Das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt stützt sich in seiner vorläu­figen Entscheidung darauf, dass es in der Kürze der verblei­benden Zeit bis zur angegrif­fenen  Verab­schiedung des GEG nicht abschließend feststellen könne, ob das sehr verdichtete und kurzfristige Gesetz­ge­bungs­ver­fahren noch zulässig sei oder den betei­ligten Abgeord­neten in seinen Rechten verletzt. Da es diese Möglichkeit jedoch ernsthaft in Betracht ziehen musste gab das Gericht im Rahmen einer Abwägung den Inter­essen des Abgeord­neten den Vorzug vor dem Recht des Parla­mentes seine Abläufe grund­sätzlich frei zu regeln.

Der Erlass der einst­wei­ligen Anordnung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richtes hat zur Folge, dass der Entwurf des Gebäu­de­en­er­gie­ge­setzes in der laufenden Sitzungs­woche nicht in zweiter und dritter Lesung beraten und beschlossen werden kann. Das Gesetz kann damit nicht mehr vor der Sommer­pause verab­schiedet werden. Die in der Branche bestehende Rechts­un­si­cherheit über die künftige Rechtslage bleibt damit leider noch eine Weile bestehen.

(Christian Dümke)

2023-07-07T18:26:59+02:007. Juli 2023|Energiepolitik, Rechtsprechung|