Next Generation E‑Mobility? Was das 750-Mrd.-Euro-Programm der Kommission für die E‑Mobility bedeutet

Vergan­genen Mittwoch hat die Europäische Kommission ein 750 Mrd. Euro schweres Programm namens „Next Generation EU zur Überwindung der Folgen der Corona-Pandemie vorge­stellt. 500 Mrd. Euro sollen als Zuschüsse und 250 Mrd. Euro als Kredite an EU-Staaten vergeben werden. Da der EU-Haushalt keine 750 Mrd. Euro umfasst, soll die EU ermächtigt werden, Kredite aufzu­nehmen. Diese Kredite sollen dann im Zeitraum von 2018 bis 2058 aus den künftigen EU-Haushalten zurück­ge­zahlt werden.

Damit der daraus resul­tie­rende höhere Bedarf des EU-Haushalts nicht ausschließlich aus höheren Beiträgen der Mitglied­staaten finan­ziert werden muss, plant die Kommission im Rahmen des „Next Generation EU“-Programms, neue europäische Einnah­me­quellen zu schaffen. Im Raume steht u.a. die Generierung von Eigen­mitteln auf der Basis des europäi­schen Emissi­ons­han­dels­systems. Ob die Kommission eine Ausweitung des bestehenden Emissi­ons­han­dels­systems auch auf andere Bereiche erwägt und damit den ab 2021 in Deutschland geltenden natio­nalen Emissi­ons­handel für Brenn­stoffe verdrängen wird, bleibt offen. Als weitere Quelle für künftige Eigen­mittel nennt die Kommission die Einführung eines CO2-Grenz­aus­gleichs­systems (sog. carbon border adjus­tment). Der bereits zu Anfang des Jahres viel disku­tierte Vorschlag ist in der Zwischenzeit also bei der Kommission nicht in Verges­senheit geraten. Auch eine europäische Digital­steuer hält die Kommission für denkbar, sollten die Bemühungen auf völker­recht­licher Ebene im Rahmen der Organi­sation für wirtschaft­liche Zusam­men­arbeit und Entwicklung (OECD) scheitern.

Wie soll aber die E‑Mobility von den zusätz­lichen EU-Haushalts­mitteln profi­tieren? Wir haben uns das „Next Generation EU“-Programm im Hinblick darauf einmal angeschaut und wollen Ihnen das Wichtigste hierzu kurz vorstellen:

Der bisherige Fonds „Invest EU“ soll auf insgesamt 30,3 Mrd. Euro aufge­stockt werden. Damit wird der Finan­zie­rungs­rahmen „Nachhaltige Infra­struktur“ mehr als doppelt so groß. Die Mittel sollen für Folgendes verwendet werden:

# Förderung der Herstellung und des Einsatzes nachhal­tiger Fahrzeuge und Schiffe sowie alter­na­tiver Treibstoffe

# Mitfi­nan­zierung einer Million Ladesta­tionen durch die Fazili­täten „Connec­tiong Europe“, „InvestEU“ und andere Fonds

# Unter­stützung von Städten und Unter­nehmen bei der Erneuerung ihrer Fuhrparks durch saubere Fahrzeuge

# Förderung einer nachhal­tigen Verkehrs­in­fra­struktur 

# Öffent­liche Inves­ti­tionen zur Unter­stützung der Erholung im Verkehrs­sektor sollten daran geknüpft werden, dass die Industrie zusagt, in saubere und nachhaltige Mobilität zu investieren

# Inves­tition in für Energie­wende zentrale Techno­logien wie sauberen Wasser­stoff, Batterien, CO2-Abscheidung und ‑Speicherung: Hierfür soll die Arbeit der Europäi­schen Batterie-Allianz beschleunigt voran­ge­trieben werden und die bereits von der EU vorge­schlagene neue Allianz und Strategie für sauberen Wasser­stoff soll die schnelle Ausweitung der Herstellung und Verwendung sauberen Wasser­soffs in Europa leiten und koordinieren.

Die Kommission bleibt damit erst einmal noch recht vage, wie konkret die E‑Mobility gefördert werden soll. Zu begrüßen ist aller­dings, dass der Ausbau der Ladeinfra­struktur ausdrücklich hervor­ge­hoben wird. Wer wird sich schon ein Elektroauto kaufen wollen, wenn er dieses nur umständlich laden kann? Hier liegt sicherlich ein Schlüssel zum stockenden Ausbau der Elektro­mo­bi­lität (aktuell bereits hier und hier). Einzel­heiten sind laut dem aktua­li­sierten Arbeitsplan der Kommission aber erst im vierten Quartal 2020 zu erwarten (Fabius Wittmer).

2020-06-03T17:59:36+02:003. Juni 2020|Energiepolitik, Umwelt, Verkehr|

Elektro­mo­bi­lität: Was taugt der GEIG-Entwurf?

Mehr E‑Mobility gibt es nur, wenn es auch mehr Lademög­lich­keiten gibt. Deswegen sieht die EU-Richt­linie 2018/844/EU, eine Änderungs­richt­linie der EU-Gebäu­de­richt­linie, Vorgaben sowohl für Wohn- als auch für Geschäfts­ge­bäude vor. Diese will die Bundes­re­gierung jetzt umsetzen. „Gebäude-Elektro­mo­bi­li­täts­in­fra­struk­tur­gesetz“ (GEIG) soll das neue Gesetz heißen.

Künftig soll danach bei Neubau bzw. größeren Renovie­rungen von Gebäuden mit mehr als zehn Stell­plätzen diffe­ren­ziert nach der Nutzung des Gebäudes die Voraus­set­zungen für den Ausbau der privaten Ladeinfra­struktur geschaffen werden. In Wohnge­bäuden soll künftig jeder Stell­platz, in Nicht­wohn­ge­bäuden immerhin jeder fünfte Stell­platz mit Schutz­rohren für Elektro- und Daten­lei­tungen ausge­stattet werden und in Nicht­wohn­ge­bäuden außerdem ein Ladepunkt errichtet werden.Wohlgemerkt: Es geht nicht darum, dass jeder Neubau eine fix und fertige Wallbox aufweisen soll, an der der Elektro-Autobe­sitzer umgehend seinen Wagen tanken kann, sondern lediglich um Schutz­rohre, in denen die Leitungen instal­liert werden können (um den Anspruch auf eine Wallbox­ein­rich­tunge geht es hier).

Größere Renovie­rungen definiert der Geset­zes­entwurf dabei als Renovierung von mehr als 25 Prozent der Oberfläche der Gebäu­de­hülle. Es gibt aller­dings eine Ausnahme: Mehr als 7% der Gesamt­re­no­vie­rungs­kosten werden dem Eigen­tümer nicht abver­langt. Und apropos Eigen­tümer: Neben dem Eigen­tümer sind auch Erbbau­be­rech­tigte erfasst, KMU aber nicht, wenn sie das Gebäude zu mindestens 50% selbst nutzen.

Aber bringt dieser Entwurf Elektro­mo­bi­lität wirklich voran? Die Bundes­re­gierung weist selbst darauf hin, nur den gemein­schafts­rechtlich verpflich­tenden Minimal­standard anzustreben, wenn sie im Regie­rungs­be­schluss von einer „1:1“-Umsetzung spricht. Tatsächlich hat der einzelne E‑Autofahrer noch Einiges zu tun, wenn er ein E‑Auto fahren und in der Bürogarage und zuhause auftanken will. In der Stellung­nahme der Bundes­rats­schüsse wurde nicht nur hierauf hinge­wiesen, der Bundes­rats­aus­schuss für Umwelt, Natur­schutz und nukleare Sicherheit wünscht sich auch eine Abwei­chungs­be­fugnis, also die Möglichkeit der Länder, strengere Vorgaben zu machen. Außerdem fürchten die Länder um die Belast­barkeit der Netze, wie sich aus der Stellung­nahme des Bundes­rates vom 15.05.2020 ergibt.

Wie geht es hier nun weiter? Noch im laufenden Jahr soll der Gesetz­ge­bungs­prozess abgeschlossen werden. Für schon geplante Projekte gilt eine Übergangs­frist: Das neue Gesetz soll erst Vorhaben betreffen, für die erst nach dem 10.03.2021 Bauantrag oder Bauan­zeige gestellt wird. Ob dies wirklich das letzte Wort in der Sache darstellt, ist unklar: Einzelne Länder drängen und es ist nicht unwahr­scheinlich, dass die nächste Bundes­re­gierung schnell nachschärft. In jedem Fall gilt: Wer derzeit plant, sollte sich die Neure­gelung gründlich ansehen, allein schon, um Bußgelder wegen Verstößen zu vermeiden (Miriam Vollmer)

2020-05-28T23:24:51+02:0028. Mai 2020|Energiepolitik, Strom, Umwelt, Verkehr|

E‑Mobility und Wohnungseigentum

Wer eine Eigen­tums­wohnung kauft, kauft die lieben Nachbarn oft gleich mit: Für viele Angele­gen­heiten, die man gemeinhin als persönlich betrachtet, braucht man ihre Zustimmung. Ob es nun um die Markise geht oder um die Frage, ob man seine Wohnungstür phanta­sievoll streicht, viel öfter als vielfach angenommen berühren Entschei­dungen des einzelnen Eigen­tümers das Gemein­schafts­ei­gentum, also die Teile des Hauses, die allen gehören und bei denen deswegen auch alle mitreden dürfen.

Zum Gemein­schafts­ei­gentum gehört regel­mäßig auch die Tiefgarage. Das bedeutet: Wer sich heute ein Elektroauto kauft, braucht die Zustimmung der Nachbarn, um eine Wallbox zu instal­lieren, also eine Lademög­lichkeit vor Ort. Die Nachbarn müssen entweder die Instal­lation dulden, was sie regel­mäßig nur tun werden, wenn sicher­ge­stellt ist, dass das E‑Auto nicht auf Kosten aller Nachbarn betankt wird, sondern die Strom­kosten über einen eigenen Zähler laufen oder auf anderem Wege die Kosten­über­nahme geklärt wird. Oder die WEG beschließt, eine gemein­schaft­liche Ladeinfra­struktur einzu­richten, so dass mehr als nur ein Eigen­tümer auf ein E‑Auto umsteigen kann.

Was aber, wenn die restliche WEG gar keine Lust auf die Ladeinfra­struktur hat und der Wallbox samt ihren techni­schen Voraus­set­zungen ihre Zustimmung verweigert? Bislang besteht kein Anspruch des E‑Autointeressenten, und diesen Umstand hat die Bundes­re­gierung als einen Punkt identi­fi­ziert, der bisher – neben anderen – den Ausbau der Elektro­mo­bi­lität behindert. Aus diesem Grunde hat die Bundes­re­gierung im Rahmen des Entwurfes für ein „Wohnungs­ei­gen­tums­mo­der­ni­sie­rungs­gesetz“ neben anderen Reformen des Gesetzes einen § 20 Abs. 2 Nr. 2 vorge­sehen, der jedem Wohnungs­ei­gen­tümer das Recht einräumt, von den anderen Eigen­tümern angemessene bauliche Verän­de­rungen für das Laden von strom­be­trie­benen Fahrzeugen vorzu­sehen. Die WEG-Gemein­schaft darf dann also nur noch über das Wie, nicht über das Ob entscheiden. Notfalls greift die Beschlussersetzungsklage.

Nach § 21 Abs. 1 des Entwurfs muss der Eigen­tümer, der die Wallbox fordert, die Kosten allein tragen. Dafür kommen ihm aber auch die Vorteile allein zugute, bis ein anderer Eigen­tümer im Rahmen des Mitge­brauchs sich auch an den Kosten angemessen beteiligt, was den sukzes­siven Ausbau einschließt (siehe der oben verlinkte Entwurf, dort S. S 71 oben).

Aktuell berät der Ausschuss für Recht und Verbrau­cher­schutz über den Entwurf. Eine schnelle Verab­schiedung wäre insbe­sondere wünschenswert, um denen, die bei der derzeit disku­tierten Neuwa­gen­prämie den Kauf eines E‑Autos überlegen, Sicherheit darüber zu verschaffen, dass sie auch als Wohnungs­ei­gen­tümer (auch für Mieter sind entspre­chende Regelungen vorge­sehen) ein E‑Auto kaufen könnten (Miriam Vollmer).

2020-05-26T21:55:21+02:0026. Mai 2020|Energiepolitik, Verkehr|