Umwelt­recht: Wider­spruch gegen Welzow-Süd

Der Umwelt­verband BUND hat, juris­tisch unter­stützt von ClientEarth, Wider­spruch gegen die Geneh­migung des neuen Haupt­be­triebs­plans des Tagebaus Welzow Süd eingelegt. Dieser stellt die geneh­mi­gungs­recht­liche Grundlage für den Betrieb bis 2022 dar.

Das Argument der Umwelt­schützer: Geneh­mi­gungen für einen bergrecht­lichen Haupt­be­triebsplan sind nur zu erteilen, wenn gewähr­leistet ist, dass nach dem Ende des Bergbaus genug Mittel für die Rekul­ti­vierung vorhanden sind. Es soll nicht der Fall eintreten, dass Unter­nehmen erst Boden­schätze nutzen und die im Bergbau erwirt­schaf­teten Gewinne an ihre Anteils­eigner ausschütten, aber der Fiskus – also der Steuer­zahler – am Ende sehen kann, wie er das riesige Loch im Boden wieder in eine Landschaft verwandelt. Diese Geneh­mi­gungs­vor­aus­setzung sieht der BUND nicht für gegeben an. Das Argument der Umwelt­schützer: Die Vorsor­ge­ver­ein­barung zwischen Betreiber LEAG und dem Land Brandenburg vom 1. Juli 2019 erlaube und gebiete weitere Sicher­heits­leis­tungen der LEAG nach § 56 Abs. 2 S. 1 BBergG, der lautet:

Die zuständige Behörde kann die Zulassung von der Leistung einer Sicherheit abhängig machen, soweit diese erfor­derlich ist, um die Erfüllung der in § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 bis 13 und Abs. 2 genannten Voraus­set­zungen zu sichern.“

Diese Sicher­heits­leis­tungen seien unzurei­chend festge­setzt, denn der bevor­ste­hende Kohle­aus­stieg reduziere absehbar die Erträge der LEAG mit ihrem Braun­koh­le­ta­gebau. Mit anderen Worten: Der BUND weist darauf hin, dass am Ende die Zweck­ge­sell­schaft, die nach der Vorsor­ge­ver­ein­barung gegründet worden ist, zu wenig Geld haben könnte, um die Rekul­ti­vierung zu bezahlen.

Wie die Erfolgs­aus­sichten des Vorgehens aussehen, ist schwer zu prognos­ti­zieren. Schon auf der Zuläs­sig­keits­ebene argumen­tieren manche Juristen, dass es keine umwelt­recht­liche Frage sei, ob genug Mittel für die Rekul­ti­vierung vorhanden sind. Die Regelung diene nicht dem Schutz der Umwelt, sondern „nur“ dem Schutz des Steuer­zahlers. Auch in inhalt­licher Hinsicht ist es nicht leicht, zu beurteilen, ob tatsächlich zu wenig Mittel fließen. Die Vorsor­ge­ver­ein­barung ist in ihren entschei­denden Teilen nämlich wegen angeb­licher Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nisse nicht veröf­fent­licht. Die wenigen bekannten Fakten lassen keinen sicheren Rückschluss darauf zu, ob es am Ende mögli­cher­weise nicht mehr für eine Rekul­ti­vierung reicht. Neben der materi­ellen Frage geht es hier ganz sicher auch um unzurei­chende Transparenz.

In dieser Hinsicht ist das Vorgehen des BUND selbst unabhängig vom Ausgang strate­gisch sinnvoll. Denn das Wider­spruchs­ver­fahren ist Voraus­setzung einer Klage, in der Behörde wie LEAG als Beigeladene sich nicht darauf zurück­ziehen können, es gehe niemanden etwas an, wie die Gelder aufge­bracht werden, und man müsse schon darauf vertrauen, dass es reicht. Selbst wenn hier Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nisse vorliegen sollten, die einer Veröf­fent­li­chung entge­gen­stehen, bietet § 99 Abs. 2 VwGO ein Verfahren, in dem das Gericht überprüft, ob Unter­lagen wirklich geheim gehalten werden dürfen (Miriam Vollmer)

2020-04-16T14:28:36+02:0016. April 2020|Energiepolitik, Umwelt, Verwaltungsrecht|

Rechts­widrig, aber vollziehbar: Das VG Cottbus zum Tagebau Jänschwalde

Für einen Tagebau (und für andere bergrecht­liche Vorhaben) braucht man einen Haupt­be­triebsplan nach § 52 Abs. 1 Bundes­berg­gesetz (BBergG). Diese werden von der zustän­digen Behörde zugelassen. Gegen eine solche Zulassung sind die Deutsche Umwelt­hilfe und die Grüne Liga vorge­gangen. Gegen­stand dieses Verfahrens ist die Zulassung für den Haupt­be­triebsplan für den Tagebau Jänsch­walde.

Die Kläger legten nicht nur generell Klage gegen die Zulassung ein, sondern versuchten auch die aufschie­bende Wirkung des Rechts­be­helfs anordnen zu lassen. Dies ist im Eilver­fahren möglich. In diesem Eilver­fahren hat nun das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Cottbus mit Datum vom 27. Juni 2019 (VG 3L 36/19) einen Beschluss gefällt. Dieser ist zumindest teilweise überraschend.

Die Kläger hatten zunächst vorge­tragen, dass die Fortführung des Tagebaus Moore und Feucht­ge­biete in der Nähe negativ beein­flussen können. Der Tagebau zieht nämlich notwendige Entwäs­se­rungs­maß­nahmen nach sich, die zu einem Absinken des Grund­was­ser­spiegels führen. Die Umwelt­schützer fürchten, dass damit nicht nur der Tagebau, anderen auch die Moorge­biete in der Umgebung austrocknen. Da dies nicht rever­sibel ist, fordern sie, dass für die Dauer des Rechts­streits (so etwas kann durchaus ein paar Jahre dauern) der Tagebau steht. Die Betrei­ber­ge­sell­schaft und mit ihr die zuständige Zulas­sungs­be­hörde dagegen sahen das anders.

Das VGt frustrierte beide Seiten: Zum einen bekam die Kläger­seite recht. Die Zulassung des Haupt­be­triebsplan sei fehlerhaft. Insbe­sondere liege bisher keine natur­schutz­recht­liche Verträg­lich­keits­prüfung vor. Das Landesamt hatte nur für das laufende Jahr dargelegt, dass Beein­träch­ti­gungen der Natur­schutz­ge­biete in der Nähe des Tagebaus ausge­schlossen seien. Das reichte dem VG Cottbus nicht. Außerdem können Vorbe­las­tungen der Umgebung nicht außer acht gelassen werden. Mit anderen Worten: Die Betreiber müssen erst mal nachweisen, dass ihr Tagebau nicht so schädlich ist, wie die Kläger behaupten. 

Dass auch die Umwelt­schützer trotzdem auch unzufrieden sind, liegt an einer etwas überra­schenden Wendung. Norma­ler­weise wird ein Verwal­tungsakt, den ein Gericht im Eilver­fahren als rechts­widrig erkennt, nicht vollzogen. In solchen Fällen muss der Betroffene regel­mäßig warten, bis die Recht­mä­ßigkeit abschließend geklärt ist. In diesem Fall sahen die Richter die Sache aber anders. Sie bejahten das Vollzugs­in­teresse eines auch von ihnen als rechts­widrig erkannten Bescheides, weil die natur­schutz­recht­liche Verträg­lich­keits­prüfung nachgeholt werden könnte, es ein öffent­liches Interesse an der Kohle­ver­stromung gäbe und die Wieder­in­be­trieb­nahme eines still­ge­legten Tagebaus mehrere Monate in Anspruch nehmen würde. Außerdem hätte der Betreiber ja auch schon etwas zur Kompen­sation getan. Deswegen räumte das Gericht Behörde und Bergbau­be­treiber zwei Monate Zeit ein, um die Verträg­lich­keits­prüfung nachzuholen.

Ob das aller­dings tatsächlich eine salomo­nische Lösung darstellt? Es ist der Rechts­ordnung nicht fremd, auch einen mögli­cher­weise rechts­wid­rigen Bescheid zu vollziehen, wenn überra­gende Gründe dafür sprechen. Aber wird das Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Brandenburg, dass die Umwelt­seite wohl im Wege der Beschwerde anrufen will, so überragend wichtige Gründe tatsächlich bejahen? Immerhin ist die Trocken­legung eines Moores nicht umkehrbar. Ein vorüber­gehend still­ge­legter Tagebau dagegen bedeutet zwar erheb­liche wirtschaft­liche Einbußen, aber Geld allein beein­druckt Richter eher selten. Nun mag es bei pragma­ti­scher Sicht der Dinge nicht darauf ankommen, was in den nächsten acht Wochen passiert angesichts der Dauer eines gewöhn­lichen verwal­tungs­recht­lichen Rechts­streits. Gleichwohl, nicht nur energie- und umwelt­rechtlich, auch verwal­tungs­pro­zessual ist die Entscheidung aus Cottbus bemerkenswert.

2019-07-03T02:08:15+02:003. Juli 2019|Energiepolitik, Naturschutz, Strom, Umwelt|