Die WEG und die Balkon-PV: Anmerkung zu AG Konstanz, Urteil vom 09.02.2023 – 4 C 425/22

Die Entscheidung selbst ist schnell erzählt: Wir haben eine Wohnung, zwei Wohnungs­ei­gen­tü­me­rinnen und einen Balkon. Der Mieter der Wohnungs­ei­gen­tü­me­rinnen bringt an diesem Balkoneine PV-Anlage, ein „Balkon­kraftwerk“ an. Die anderen Wohnungs­ei­gen­tümer sind aber dagegen. Auf der Eigen­tü­mer­ver­sammlung wird deswegen beschlossen, dass der Verwalter gegen die PV-Anlage vorgehen soll. Die Wohnungs­ei­gen­tü­me­rinnen klagen gegen diesen Beschluss und verlieren.

Was sagt das AG Konstanz?

Das AG Konstanz lehnt einen Anspruch auf Geneh­migung der Solar­anlage ab. Für bauliche Verän­de­rungen brauchen Wohnungs­ei­gen­tümer nach § 20 Abs. 1 WEG einen Beschluss. Und einen Anspruch auf einen solchen Beschluss nach § 20 Abs. 2 WEG gibt es zwar für Walll­boxen oder Glasfaser, aber nicht für Balkon­kraft­werke, die auch qua Größe nicht als bloßer Wurmfortsatz zur Wallbox anzusehen sind. Es sei auch nicht so, dass das Balkon­kraftwerk kein Nachteil für die anderen Eigen­tümer darstellen würde, weil der optische Eindruck durch das schwarze Paneel eine Beein­träch­tigung darstellen könne.

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Was halten wir von der Entscheidung?

Juris­tisch wirkt die Entscheidung durchaus überzeugend. Aber kann das so ein sinnvolles Egebnis sein? Schließlich soll der Anteil Erneu­er­barer Energien steigen und Strom, der im Haus bleibt,entlastet die Netze. Damit ist also der Gesetz­geber gefragt: § 20 Abs. 1 WEG sollte um Balkon­kraft­werke oder generell um Anlagen, die der Nutzung Erneu­er­barer Energien dienen, zumindest bis zu einer gewissen Größe erweitert werden (Miriam Vollmer).

2023-03-18T00:23:36+01:0018. März 2023|Erneuerbare Energien|

Sunshine-Prosumer for Future

Neulich erzählte uns ein Bekannter beim Grillen stolz von seiner neuen Balkon-PV-Anlage: Für ein paar hundert Euro hatte er sich ein gebrauchs­fer­tiges Set erstanden, das er selbst am Balkon­ge­länder montiert hat. Seitdem freut sich der Bekannte immer ganz besonders, wenn die Sonne scheint. Denn zu jeder Stunde Sonnen­schein reduziert sich seine Strom­rechnung um ein- bis zweihundert Wattstunden. Zwar sind das meistens nicht die Zeiten, in denen er am meisten Strom verbraucht. Aber immerhin kommt die Anlage dann für die etwa 130 Watt Strom­ver­brauch seines großen, meist gut mit Koteletts, Würstchen und Bier bestückten Kühlschrank auf. Außerdem hat er ausge­rechnet, dass in seiner Familie allein etwa 70 Watt an Strom für Standby verschie­dener Computer und Anlagen verbraucht werden. Auch das kann bei blauem Himmel nun auch von der Sonne versorgt werden.

Solche häufig auch als Guerilla-PV bezeich­neten Anlagen gibt es in den Nieder­landen und in Öster­reich schon lange. In Deutschland waren sie bis vor ein paar Monaten noch in einer legalen Grauzone. Zwar sind kleine PV-Anlagen zur Instal­lation am Gebäude grund­sätzlich geneh­mi­gungsfrei. Bislang gab vor kurzem gab es aber keine Normen, die die Sicherheit der Geräte und ihres Anschlusses geregelt hat. Dies hat sich aber Ende letzten Jahres mit einem neuen VDE-Vorschrif­tenwerk geändert.

Tatsächlich ist von DIY-Baste­leien durch Laien eher abzuraten. Ein normaler Schuko­stecker, dessen Kontakte Strom führen, birgt schließlich erheb­liche Strom­schlag­ri­siken. Bei Überka­pa­zi­täten im häuslichen Stromnetz drohen poten­tiell Leitungs­schäden. Daher muss das Siche­rungs­system auf die Einspeisung aus einer zusätz­lichen Strom­quelle ausgelegt sein. Außerdem sind normale Strom­zähler für die Einspeisung nicht geeignet. Wegen dieser Risiken und Voraus­set­zungen müssen die Anlagen und ihre Instal­lation den VDE-Normen entsprechen.

Inzwi­schen hat sich aber auch auf dem Markt einiges getan und es sind sogenannte stecker­fertige PV-Anlagen erhältlich. Wenn eine nach VDE genormte Energie­steckdose und bereits ein Zweirich­tungs­zähler vorhanden ist, soll sogar ein Laie eine solche stecker­fertige Anlage anschließen können.

Nach § 19 Absatz 3 Satz 1 Nieder­span­nungs­an­schluss­ver­ordnung muss der Betreiber die Instal­lation der Anlage aller­dings noch dem Netzbe­treiber mitteilen. Auch eine Regis­trierung beim Markt­stamm­da­ten­re­gister ist erfor­derlich. Trotz des für die Klein­anlage damit immer noch verhält­nis­mäßig hohen Aufwandes haben stecker­fertige PV-Anlagen einiges an Potential. Denn sie bieten ähnlich wie Genos­sen­schafts­pro­jekte Möglich­keiten, die Energie­wende vor Ort selbst in die Hand zu nehmen.

2019-05-07T11:59:58+02:007. Mai 2019|Allgemein, Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom, Umwelt|