Co2-Aufteilung und Gewerbeimmobilien

Seit diesem Jahr dürfen Vermieter die in den Brenn- und Treib­stoff­kosten enthal­tenen Kosten für CO2 nicht mehr 1:1 auf Mieter überwälzen (hierzu schon hier). In Wohnge­bäuden gilt ein Stufen­modell. Doch auch bei Gewer­be­im­mo­bilien wird geteilt. Laut § 8 Abs. 1 CO2KostAufG sind Verein­ba­rungen bei Nicht­wohn­ge­bäuden unwirksam, nach denen der Mieter mehr als 50% der Kohlen­di­oxid­kosten zu tragen hat. Die Parteien teilen sich also bis 2025 die CO2-Kosten unabhängig von der Gebäu­de­ef­fi­zienz zu gleichen Teilen. Versorgt der Mieter sich selbst mit Wärme und Warmwasser, etwa weil er einen eigenen Erdgas­lie­fer­vertrag hat, so muss der Vermieter ihm 50% der CO2-Kosten erstatten. Berechnet werden die Kohlen­di­oxid­kosten in derselben Weise wie bei Wohngebäuden.

Bei besonders effizi­enten Gebäuden stehen Vermieter sich also schlechter, als bei Wohnraum­miete. Immerhin: § 9 CO2KostAufG, der die Aufteilung auf die Hälfte (dann also auf 25%) begrenzt, wenn der Vermieter wegen öffentlich-recht­licher Vorgaben (wie Denkmal­schutz) entweder das Gebäude oder die Wärme­ver­sorgung nicht wesentlich energe­tisch verbessern kann, und wenn beides nicht möglich ist, von der Aufteilung ganz suspen­diert, gilt auch für Nichtwohngebäude.

Nachtaufnahme, Langzeitbelichtung, Nacht, Abend

In der Praxis stellen sich bei Inanspruch­nahme dieser Ausnah­me­re­ge­lungen Fragen vor allem zum Nachweis. Nach dem Wortlaut muss der Vermieter „nachweisen“, dass Umstände bestehen, die ihn von der Aufteilung ganz oder zur Hälfte befreien. Doch wann ist dieser Nachweis zu führen? In der Heizkos­ten­ab­rechnung, aus der sich die vom Standardfall abwei­chende Aufteilung ergibt? Oder erst, wenn der Mieter bestreitet, dass die Voraus­set­zungen bestehen? Urteile gibt es hierzu bisher nicht. Auch die Frage, wie lange der Vermieter den Nachweis führen und der Mieter dessen Voraus­set­zungen bestreiten kann, werden viel disku­tiert. Ob und wie hier die Einwen­dungs­aus­schluss­fristen des § 556 Abs. 3 S. 3 und S. 5 BGB gelten, ergibt sich aus dem CO2KostAufG leider nicht in wünschens­werter Deutlichkeit. Hier werden wohl erst die Gerichte Klarheit schaffen (Miriam Vollmer).

2023-04-28T23:16:43+02:0028. April 2023|Energiepolitik, Gas, Wärme|

Der Ausstieg aus dem Gasnetz

Das Klima­schutz­gesetz strebt 2045 Klima­neu­tra­lität an. Gashei­zungen soll es dann nicht mehr geben. Doch was bedeutet das für die dann ja nicht mehr benötigten Gasnetze? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein viel disku­tiertes Gutachten der AGORA Energie­wende, das diese gemeinsam mit BET und Rosin Büden­bender vorge­stellt hat. Grundlage dieses Gutachtens sind mehrere Unter­su­chungen, nach der vom 1:1 Umbau der Gasnetze in Wasser­stoff­netze, von der im politi­schen Raum viel gesprochen wird, keine Rede sein könne. Das Gasnetz wird es nach diesem Gutachten nach 2045 so nicht mehr geben. Wasser­stoff und Biomasse werden keine vergleichbare Verteil­in­fra­struktur mehr benötigen. Was bedeutet das nun für die Netzbe­treiber, aber auch ihre Kunden?

Laut Gutachten sinkt der Gasnetz­bedarf bis 2045 um über 90%. Bleibt der Ordnungs­rahmen wie er ist, so würden die NNE sich versech­zehn­fachen. 10 Mrd. EUR Inves­ti­tionen würden wertlos. Für die verblei­benden Kunden wäre das eine Katastrophe: Gleich­zeitig steigen die CO2-Preise, eine Gasheizung würde lange vor 2045 unbezahlbar. Zwar träfe die Netzbe­treiber eine Grund­ver­sor­gungs­pflicht, aber nur, bis die Versorgung unzumutbar würde. Theore­tisch trägt heute nach dem Rechts­rahmen der Netzent­gelt­re­gu­lierung der letzte Kunde alle Netzkosten.

Ozean, Meer, Wellen, Sonnenaufgang, Dämmerung, Seestück

Ein ungeord­netes Ende der Gasnetze würde nicht nur aus diesem Grunde in eine wirtschaft­liche Falle führen. Denn nach 20 Jahren laufen Gasnetz­kon­zes­sionen bekanntlich aus. Wenn absehbar ist, dass der Betrieb nicht mehr wirtschaftlich sein kann, wird sich absehbar kein Bieter mehr einfinden. Gemeinden müssten das Netz selbst in den Sonnen­un­tergang reiten. Doch wie soll das aussehen?

Vor diesem Hinter­grund empfiehlt das Gutachten der AGORA einen ganz neuen Ordnungs­rahmen, der den Ausstieg aus den Gasnetzen ordnet.  Vorge­schlagen werden finan­zielle Anreize für die Still­legung, die die Netzbe­treiber absichern und den Anstieg der NNE durch Halbierung der Netzkosten dämpfen. Der Abschrei­bungs­dauer soll auf 2045 verkürzt werden. Still­le­gungen sollen zum Regelfall werden, an dem sich der Netzbe­trieb orien­tiert. Die Regulie­rungs­pe­rioden sollen sich auf maximal drei Jahre verkürzen. Soziale Härten sollen durch Zuschüsse abgemildert werden. Gleich­zeitig sollen die Kunden frühzeitig und ehrlich darüber infor­miert werden, dass das Gasnetz abgewi­ckelt werden wird und auch für sie ein Techno­lo­gie­wechsel ansteht (Miriam Vollmer).

 

 

2023-04-21T17:28:10+02:0021. April 2023|Energiepolitik, Gas|

Die neue Heizung: Was steht denn nun im GEG‑E?

Viel Aufregung gibt es gerade um Thema Heizung. Will Robert Habeck wirklich alle Deutschen zwingen, nächstes Jahr eine Wärme­pumpe einzu­bauen? Wir haben uns den Entwurf des Gebäu­de­en­er­gie­ge­setzes vom 07.03.2023 (GEG‑E) einmal angesehen.

Mehr als nur Wärmepumpen

Die Neure­ge­lungen, die Heizungen betreffen, stehen in den §§ 71ff. GEG‑E. Anders als vielfach disku­tiert, ist hier nicht nur die Rede von Wärme­pumpen. Der Entwurf ist sozusagen techno­lo­gie­offen. Diese sollen zu mindestens 65% aus erneu­er­baren Energien oder unver­meid­barer Abwärme gespeist werden. Neben der Wärme­pumpe nennt der Entwurf Fernwärme und Strom­di­rekt­hei­zungen als Alter­na­tiven auch im Neubau. Für Bestands­ge­bäude kommen neben diesen Möglich­keiten auch noch Wärme aus Solar­thermie, Biomasse oder grünem Wasser­stoff oder Wärme­pumpen-Hybrid­hei­zungen, also eine Kombi­nation aus Wärme­pumpe und einer Verbren­nungs­ein­richtung, die auch fossil betrieben werden kann, in Frage. Für alle Heizungen gelten zusätz­liche quali­tative Kriterien.

Was bei der Verengung der öffent­lichen Diskussion auf Wärme­pumpen oft unter den Tisch fällt: Fernwärme kommt künftig eine zentrale Rolle zu, die dem einzelnen Euigen­tümer die Planung und Vorfi­nan­zierung abnimmt. Oft bietet ein Fernwär­menetz auch Zugang zu Wärme­quellen, die einem einzelnen Eigen­tümer nicht offen­stehen wie etwa über Kaltwas­ser­netze, Großwär­me­pumpen oder Tiefenbohrungen.

Neubau und Bestand nach 30 Jahren

Die meisten Eigen­tümer können aufatmen. Die 65% EE gelten nicht Knall auf Fall ab dem 01.01.2024 für jeden, der zu Hause nicht frieren will. Sondern erst einmal für den Neubau und für neue Heizungen in Bestands­ge­bäuden. Wer also gerade eine Gastherme gekauft hat, kann diese auch weiternutzen.

Für Bestands­an­lagen führt § 72 GEG‑E teilweise langjährige Übergangs­fristen auf. Heizkessel müssen erst ausge­tauscht werden, wenn sie 30 Jahre laufen. Für Nieder­tem­pe­ratur- und Brenn­wert­kessel und eine Reihe sehr kleiner oder sehr großer Anlagen gibt es Übergangs­fristen, in denen diese 30 Jahres-Frist nicht gilt. Erst 2044 ist dann ratzekahl Schluss mit jeglicher fossiler Verbrennung.

Ja, es gibt Ausnahmen

In der Öffent­lichkeit ist sie omnipräsent: Die einsame Witwe im großen Haus, das sie und ihr verstor­bener Mann sich über viele Jahre vom Munde abgespart haben, aber nun reicht die kleine Witwen­pension nicht aus für die neue Heizung. Diese Fälle soll § 72 Abs. 3 GEG‑E erfassen. Wenn ein Eigen­tümer in einem Gebäude mit maximal zwei Wohnungen mindestens seit dem 01.02.2002 wohnt, so steht eine Umrüstung nicht vor 2030 an, teilweise erst ab 2033. Und findet ein Eigen­tü­mer­wechsel statt, etwa weil die alte Dame stirbt und den Kindern das Haus hinter­lässt, so haben sie noch zwei Jahre Zeit, auch wenn die 30 Jahre an sich schon abgelaufen sind. Ausnahmen gibt es auch für Heizungs­ha­varien und den Übergang bis zum Anschluss an ein Wärmenetz.

Was ist mit Mietern?

Dre Entwurf hängt den Mieter­schutz verhält­nis­mäßig hoch. § 71m GEG‑E ordnet an, dass die Heizkosten durch gasförmige Brenn­stoffe, mit einem biogenen Anteil oder Wasser­stoff nur bis zur Höhe des Erdgas-Grund­ver­sorgngs­tarifs vom Mieter getragen werden sollen. Kostet zB Wasser­stoff mehr, so bleibt der Vermieter auf diesen Kosten sitzen. Ist der Mieter selbst Kunde, kann er vom Vermieter einen Mehrkos­ten­ersatz fordern. Kostet ein Biobrenn­stoff mehr als Erdgas, so ist das das Problem des Vermieters.  Mieterhö­hungen wegen Wämepumpen soll es auch nur geben, wenn die Jahres­ar­beitszahl der Wär,epumpe 2,5 oder höher beträgt, es sei denn das Gebäude ist jünger als 1996 oder nachge­wie­se­ner­maßen effizient. Ist das nicht der Fall, so sind nur 50% ansatzfähig.

Ist das nicht ganz schön diktatorisch?

Das GEG‑E macht viele ordnungs­recht­liche Vorgaben. Ordnungs­recht ist unpopulär, denn wer lässt sich schon gern etwas sagen? In diesem Fall spricht aber doch Einiges für Ordnungs­recht, vor allem der Schutz der Mieter und Eigen­tümer vor kurzsich­tigen Entschei­dungen. Denn nach § 3 Abs. 2 Klima­schutz­gesetz (KSG) soll Deutschland ab 2045 netto null emittieren. Das BEHG ist darauf ausgelegt, so dass die Preise für CO2 nach 2027 an sich sehr schnell steil steigen müssten. Der EU-Rahmen, die Lasten­tei­lungs­ver­ordnung, zielt auf die europa­weite Nullinie 2050 ab und setzt ehrgeizige Zwischen­ziele. Aus alledem ergibt sich: Der CO2-Preis wird sich vervielfachen.

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Wer also mit Blick auf die aktuellen Gaspreise eine neue Heizung ordert, hätte in zehn Jahren hohe, oft untragbare Wohnkosten. Heizungen amorti­sieren sich aber erst nach 30, manchmal 35 Jahren. Lock-In Effekt nennen Wirtschafts­wis­sen­schaftler diese Falle, um deren Vemeidung es bei den vielen ordnungs­recht­lichen Vorgaben des GEG geht. Klar ist aber auch: Unver­zichtbar ist Ordnungs­recht hier nicht. Die FDP etwa setzt auf die Eigen­ver­ant­wortung von Eigen­tümern, den CO2-Preis zu antizi­pieren und will allein über den CO2-Preis steuern.

Wie geht es weiter?

Wie das GEG am Ende des aktuellen politi­schen Ampel­streits aussieht, ist derzeit schwer absehbar. Dass die Umrüs­tungs­pflicht ganz fällt, ist aber wenig wahrscheinlich, denn die 65% Erneu­erbare stehen schon im Koali­ti­ons­vertrag, anders als ein ETS only, der die Klima­ziele nur per Preis ansteuern will. Als wahrscheinlich gilt aber mehr Unter­stützung für die Umrüstung. Eine Verschiebung der 65%-Pflicht um ein Jahr wäre ebenfalls denkbar, aber da weder die netto null 2045 noch der damit verbundene Preis­an­stieg im BEHG zur Dispo­sition stehen, ist es sehr fraglich, ob eine solche Regelung den Betrof­fenen auf die lange Sicht wirklich hilft. Nachher ist der Betrieb der Gasheizung zwar ein Jahr länger erlaubt als geplant, aber so unwirt­schaftlich, dass dann doch umgerüstet wird. Betroffene hätten dann doppelte Kosten (Miriam Vollmer).

2023-03-24T21:50:57+01:0024. März 2023|Energiepolitik, Gas, Wärme|