Energie kostenlos? Rechts­folgen des Wider­rufes von Energielieferverträgen

Wenn Verbraucher Verträge mit Unter­nehmen abschließen, steht Ihnen regel­mäßig ein Wider­rufs­recht zu, wenn der Vertrags­schluss als sog. Fernab­satz­vertrag zustande gekommen ist oder wenn er außerhalb von Geschäfts­räumen geschlossen wurde. Wir haben das hier kürzlich bereits einmal dargestellt.

Fehlt es an der ordnungs­ge­mäßen Wider­rufs­be­lehrung, dann verlängert sich das Wider­rufs­recht auf über 1 Jahr (§ 356 Abs. 3 BGB). Aber was passiert eigentlich beim Widerruf eines Strom- oder Gaslie­fer­ver­trages, wenn dieser erfolgt, nachdem bereits Energie geliefert und verbraucht wurde?

Nun grund­sätzlich löst ein Widerruf ein sog. Rückge­währ­schuld­ver­hältnis aus, bei der jede Seite die bisher erlangten Leistungen der anderen Vertrags­partei zurück­geben muss (§ 357 Abs. 3 BGB). Bei vom Kunden bezogener und verbrauchter Energie ist die Rückgabe nicht mehr möglich, daher muss der Kunde hierfür Wertersatz an den Versorger leisten. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt.

Nach § 357a Abs. 2 BGB  hat der Verbraucher hat Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Dienst­leis­tungen, für die bis zum Widerruf erfolgte Lieferung von Wasser, Gas oder Strom in nicht bestimmten Mengen oder nicht begrenztem Volumen oder von Fernwärme zu leisten, wenn:

1. der Verbraucher von dem Unter­nehmer ausdrücklich verlangt hat, dass mit der Leistung vor Ablauf der Wider­rufs­frist begonnen werden soll,

2. bei einem außerhalb von Geschäfts­räumen geschlos­senen Vertrag der Verbraucher das Verlangen nach Nummer 1 auf einem dauer­haften Daten­träger übermittelt hat und

3. der Unter­nehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einfüh­rungs­ge­setzes zum Bürger­lichen Gesetz­buche ordnungs­gemäß infor­miert hat.

Fehlt es an diesen Voraus­set­zungen, besteht auch keine Pflicht des Verbrau­chers zum Wertersatz der aus dem wider­ru­fenen Vertrag bezogenen Energie­mengen. Das kann insbe­sondere in den Fällen für den Versorger proble­ma­tisch sein, bei denen die Wider­rufs­be­lehrung unter­blieben ist und der Verbraucher den Vertrag nicht bereits innerhalb von 14 Tagen sondern eventuell erst nach 1 Jahr widerruft. Wertersatz ist dann nach § 357a Abs. 2 BGB nicht zuleisten.

(Christian Dümke)

2023-06-16T15:13:06+02:0016. Juni 2023|Gas, Grundkurs Energie, Strom, Vertrieb|

Nachteile bei der Gas- und Wärme­preis­bremse beim Umzug des Kunden

Das Erdgas-Wärme-Preis­brem­sen­gesetz (EWPBG) kommt gerade vielen Verbrau­chern zu Gute und schützt sie vor hohen Kosten für Erdgas oder Wärme. Im Detail beinhaltet die Regelungs­sys­te­matik des Gesetzes jedoch gelegentlich Beson­der­heiten, die Nachteilig und ungerecht erscheinen.

So beruht das Entlas­tungs­kon­tingent, also die Menge, für die ein Verbraucher in den Genuss des gedeckelten Liefer­preises kommt auf der Verbrauchs­pro­gnose des Netzbe­treibers im Vorjahr (§ 10 EWPBG). Diese Prognose ist jedoch nicht verbrau­cher­be­zogen sondern entnah­me­stel­len­be­zogen. Bedeutet, das Entlas­tungs­kon­tingent ist nicht einem bestimmten Verbraucher zugeordnet, sondern seiner Entnah­me­stelle. Das führt dazu, dass bei einem Umzug des Kunden dieser Kunde „sein“ Entlas­tungs­kon­tingent nicht mitnehmen kann, sondern dieses an der Entnah­me­stelle verbleibt. Für die weitere Entlastung nach dem Umzug kommt es dann auf das Entlas­tungs­kon­tingent an, dass der neuen Entnah­me­stelle zugeordnet wurde – ebenfalls basierend auf dem Verbrauch an dieser Entnah­me­stelle im Vorjahr und der darauf beruhenden Prognose für das Jahr 2023.

Das hat zur Folge, dass das Entlas­tungs­kon­tin­gents eines Kunden bei einem Umzug an eine neue Entnah­me­stelle vom Verbrauchs­ver­halten seines Vorgängers an dieser Entnah­me­stelle abhängt, ohne dass er dies noch beein­flussen könnte. Zieht ein Kunde mit einem höheren Energie­ver­brauch an eine Entnah­me­stelle, an der bisher ein gerin­gerer Energie­ver­brauch stattfand, dann erhält der Kunde nur das geringere Entlas­tungs­kon­tingent seines sparsamen Vorgängers. Besonders schwierig wird es, wenn an der Entnah­me­stelle im Jahr 2022 Leerstand geherrscht hat und daher die Prognose des Netzbe­treibers besonders gering ausge­fallen ist.

(Christian Dümke)

2023-06-02T16:48:50+02:002. Juni 2023|Gas, Wärme|

OLG Düsseldorf lehnt Preis­an­passung unter Berufung auf § 313 BGB ab

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 23.03.2023, 20 U 318/22 über die Frage der Recht­mä­ßigkeit einer Preis­an­passung entschieden, die der Energie­ver­sorger unter Berufung auf § 313 BGB vornehmen wollte.

Die Entscheidung ist insoweit besonders inter­essant, da § 313 BGB kein originär gesetz­liches Preis­an­pas­sungs­recht darstellt sondern eine Vertrags­an­passung ausnahms­weise bei einer schwer­wie­genden Störung der Geschäfts­grundlage erlaubt. Der betroffene Versorger hatte sich vor dem Hinter­grund der Gaskrise auf eine solche Störung berufen und wollte hierauf den Gaspreis gestützt den Gaslie­fer­preis sogar trotz Vorliegens einer vertraglich verein­barten Preis­ga­rantie erhöhen.

Dem erteilte das OLG Düsseldorf inhaltlich eine deutliche Absage. Eine einseitige Preis­er­höhung könne nicht auf § 313 BGB gestützt werden, dies ergebe sich bereits daraus, dass sich der Vorschrift ein einsei­tiges Recht einer Vertrags­partei zur Änderung der Bedin­gungen gar nicht entnehmen ließe Vielmehr müsste der Versorger zunächst eine einver­nehm­liche Lösung mit dem Kunden herbei­zu­führen suchen und – wenn dies scheitert – entweder den Klageweg auf Anpassung beschreiten oder – wenn dies unzumutbar sein sollte -, den Vertrag kündigen.

Darüber hinaus könne sich der Versorger aber deshalb nicht auf die Vorschrift des § 313 BGB berufen, weil der Gesetz­geber die Folgen des Preis­an­stieges im Gas- und infol­ge­dessen auch im Strom­markt umfassend spezi­al­ge­setzlich geregelt hat und weiterhin regelt. Grund­sätzlich sei eine Vertrags­an­passung wegen Störung der Geschäfts­grundlage nicht möglich, wenn der Gesetz­geber das Risiko einer Vertrags­störung erkannt und zur Lösung der Proble­matik eine spezi­ellere gesetz­liche Vorschrift geschaffen hat.Vorliegend habe der Gesetz­geber die Energie­krise durch eine Vielzahl neuer Vorschriften geregelt, insbe­sondere durch das Preis­an­pas­sungs­recht nach § 24 EnSiG. Dieses knüpfe zwar an besondere Voraus­set­zungen (amtliche Feststellung der Mangellage durch die BNetzA), die derzeit nicht vorlägen aller­dings sei hierdurch gleichwohl der Anwen­dungs­be­reich des § 313 BGB verdrängt, da der Gesetz­geber die Frage der Preis­an­passung aufgrund der Gaskrise damit abschließend geregelt habe.

(Christian Dümke)

2023-05-05T11:52:04+02:005. Mai 2023|Gas, Rechtsprechung|