Wo ist sie denn, die Prüfbehörde?

Man will ja nicht immer meckern. Und immerhin muss man zugeben: Im Großen und Ganzen ist der Plan der EU und ihrer Mitglied­staaten aufge­gangen, die Preise für Energie nach dem plötz­lichen Ende der russi­schen Importe erst einmal zu deckeln. Dass ein solches Unter­fangen nicht ganz pannenfrei verläuft: Geschenkt. Man wird sehen, was bei der Endab­rechnung in den nächsten Jahren noch glatt­ge­zogen, ausge­glichen und nachge­zahlt werden wird.

Doch aktuell fragen sich (und uns) viele Unter­nehmen, wie mit der Frist zum 31. Juli 2023 umzugehen ist. Denn nach § 37 Abs. 2 StromPBG bzw. § 29 Abs. 2 EWPBG müssen Unter­nehmen, die insgesamt (!) mehr als 2 Mio. EUR Entlas­tungen erhalten, bis zum 31. Juli 2023 der Prüfbe­hörde Erklä­rungen über die Arbeits­platz­erhaltung bis zum 30. April 2023 vorlegen, entweder per Tarif­vertrag, Betriebs­ver­ein­barung oder als Erklärung des Letzt­ver­brau­chers selbst.

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Der Haken an der Sache: Es gibt noch keine Prüfbe­hörde. Nachträglich wurde geregelt, dass Teile der vielen Aufgaben, die diese Prüfbe­hörde rund um die Energie­preis­bremsen erfüllen soll, von Privaten übernommen werden kann. Das Minis­terium hat auch ausge­schrieben. Doch bislang gibt es keine Infor­ma­tionen, wann und wer bestellt wird. Viele Unter­nehmen machen sich deswegen Sorgen, weil es im Gesetz heißt, dass ohne die frist­ge­rechte Vorlage bei der Prüfbe­hörde nur ein Anspruch auf Gesamt­ent­lastung von bis zu 2 Mio. EUR besteht. Doch hier gilt wohl der alte Grundsatz: Ultra posse nemo obligatur. Eine Verpflichtung, die nicht erfüllt werden kann, besteht auch nicht. Sollte also auch Ende Juli noch keine Prüfbe­hörde im Amt sein, so verdampfen also nicht die Ansprüche der Unter­nehmen auf Entlastung (Miriam Vollmer).

2023-06-23T19:51:09+02:0023. Juni 2023|Energiepolitik, Gas, Strom, Wärme|

Energie kostenlos? Rechts­folgen des Wider­rufes von Energielieferverträgen

Wenn Verbraucher Verträge mit Unter­nehmen abschließen, steht Ihnen regel­mäßig ein Wider­rufs­recht zu, wenn der Vertrags­schluss als sog. Fernab­satz­vertrag zustande gekommen ist oder wenn er außerhalb von Geschäfts­räumen geschlossen wurde. Wir haben das hier kürzlich bereits einmal dargestellt.

Fehlt es an der ordnungs­ge­mäßen Wider­rufs­be­lehrung, dann verlängert sich das Wider­rufs­recht auf über 1 Jahr (§ 356 Abs. 3 BGB). Aber was passiert eigentlich beim Widerruf eines Strom- oder Gaslie­fer­ver­trages, wenn dieser erfolgt, nachdem bereits Energie geliefert und verbraucht wurde?

Nun grund­sätzlich löst ein Widerruf ein sog. Rückge­währ­schuld­ver­hältnis aus, bei der jede Seite die bisher erlangten Leistungen der anderen Vertrags­partei zurück­geben muss (§ 357 Abs. 3 BGB). Bei vom Kunden bezogener und verbrauchter Energie ist die Rückgabe nicht mehr möglich, daher muss der Kunde hierfür Wertersatz an den Versorger leisten. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt.

Nach § 357a Abs. 2 BGB  hat der Verbraucher hat Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Dienst­leis­tungen, für die bis zum Widerruf erfolgte Lieferung von Wasser, Gas oder Strom in nicht bestimmten Mengen oder nicht begrenztem Volumen oder von Fernwärme zu leisten, wenn:

1. der Verbraucher von dem Unter­nehmer ausdrücklich verlangt hat, dass mit der Leistung vor Ablauf der Wider­rufs­frist begonnen werden soll,

2. bei einem außerhalb von Geschäfts­räumen geschlos­senen Vertrag der Verbraucher das Verlangen nach Nummer 1 auf einem dauer­haften Daten­träger übermittelt hat und

3. der Unter­nehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einfüh­rungs­ge­setzes zum Bürger­lichen Gesetz­buche ordnungs­gemäß infor­miert hat.

Fehlt es an diesen Voraus­set­zungen, besteht auch keine Pflicht des Verbrau­chers zum Wertersatz der aus dem wider­ru­fenen Vertrag bezogenen Energie­mengen. Das kann insbe­sondere in den Fällen für den Versorger proble­ma­tisch sein, bei denen die Wider­rufs­be­lehrung unter­blieben ist und der Verbraucher den Vertrag nicht bereits innerhalb von 14 Tagen sondern eventuell erst nach 1 Jahr widerruft. Wertersatz ist dann nach § 357a Abs. 2 BGB nicht zuleisten.

(Christian Dümke)

2023-06-16T15:13:06+02:0016. Juni 2023|Gas, Grundkurs Energie, Strom, Vertrieb|

Nachteile bei der Gas- und Wärme­preis­bremse beim Umzug des Kunden

Das Erdgas-Wärme-Preis­brem­sen­gesetz (EWPBG) kommt gerade vielen Verbrau­chern zu Gute und schützt sie vor hohen Kosten für Erdgas oder Wärme. Im Detail beinhaltet die Regelungs­sys­te­matik des Gesetzes jedoch gelegentlich Beson­der­heiten, die Nachteilig und ungerecht erscheinen.

So beruht das Entlas­tungs­kon­tingent, also die Menge, für die ein Verbraucher in den Genuss des gedeckelten Liefer­preises kommt auf der Verbrauchs­pro­gnose des Netzbe­treibers im Vorjahr (§ 10 EWPBG). Diese Prognose ist jedoch nicht verbrau­cher­be­zogen sondern entnah­me­stel­len­be­zogen. Bedeutet, das Entlas­tungs­kon­tingent ist nicht einem bestimmten Verbraucher zugeordnet, sondern seiner Entnah­me­stelle. Das führt dazu, dass bei einem Umzug des Kunden dieser Kunde „sein“ Entlas­tungs­kon­tingent nicht mitnehmen kann, sondern dieses an der Entnah­me­stelle verbleibt. Für die weitere Entlastung nach dem Umzug kommt es dann auf das Entlas­tungs­kon­tingent an, dass der neuen Entnah­me­stelle zugeordnet wurde – ebenfalls basierend auf dem Verbrauch an dieser Entnah­me­stelle im Vorjahr und der darauf beruhenden Prognose für das Jahr 2023.

Das hat zur Folge, dass das Entlas­tungs­kon­tin­gents eines Kunden bei einem Umzug an eine neue Entnah­me­stelle vom Verbrauchs­ver­halten seines Vorgängers an dieser Entnah­me­stelle abhängt, ohne dass er dies noch beein­flussen könnte. Zieht ein Kunde mit einem höheren Energie­ver­brauch an eine Entnah­me­stelle, an der bisher ein gerin­gerer Energie­ver­brauch stattfand, dann erhält der Kunde nur das geringere Entlas­tungs­kon­tingent seines sparsamen Vorgängers. Besonders schwierig wird es, wenn an der Entnah­me­stelle im Jahr 2022 Leerstand geherrscht hat und daher die Prognose des Netzbe­treibers besonders gering ausge­fallen ist.

(Christian Dümke)

2023-06-02T16:48:50+02:002. Juni 2023|Gas, Wärme|