Hamburger Seege­richtshof entscheidet zur Klima­schutz­klage von Inselstaaten

Am 21. Mai 2024 hat der Inter­na­tionale Seege­richtshof (ITLOS) in Hamburg eine richtungs­wei­sende Entscheidung in einem Verfahren getroffen, das von neun Insel­staaten wegen des Klima­schutzes angestrengt wurde. Die Kläger­staaten, zu denen unter anderem die Marshall­inseln, Palau und die Solomon-Inseln gehören, argumen­tierten, dass Treib­haus­gas­emis­sionen eine erheb­liche Bedrohung für ihre Existenz darstellen und die Meeres­umwelt schädigen.

In seiner Entscheidung stellte der Gerichtshof fest, dass Treib­hausgase zur Versauerung und Erwärmung der Meere beitragen und somit eine Verschmutzung der Meeres­umwelt gemäß dem UNO-Seerechts­über­ein­kommen von 1982 (UNCLOS) darstellen. Diese Erkenntnis ist von großer Bedeutung, da sie erstmals die Verbindung zwischen Treib­haus­gas­emis­sionen und der Verschmutzung der Meeres­umwelt im recht­lichen Rahmen des UNCLOS ausdrücklich anerkennt.

Der Gerichtshof betonte, dass die Staaten, die das UNCLOS unter­zeichnet haben, verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen, um die Meeres­umwelt vor den schäd­lichen Auswir­kungen der Treib­hausgase zu schützen. Dies beinhaltet insbe­sondere die Reduktion von Emissionen, die zur Erder­wärmung und Versauerung der Ozeane beitragen. Die Richter unter­strichen, dass der Schutz der Meeres­umwelt eine inter­na­tionale Verant­wortung ist und dass die Staaten koope­rativ handeln müssen, um diese globalen Heraus­for­de­rungen anzugehen.

Für die Insel­staaten, die zu den am stärksten von den Auswir­kungen des Klima­wandels betrof­fenen Regionen gehören, stellt diese Entscheidung einen bedeu­tenden Schritt in Richtung mehr globaler Klima­ge­rech­tigkeit dar. Sie stärkt ihre Position in inter­na­tio­nalen Klima­ver­hand­lungen und erhöht den Druck auf große Emittenten, wirksame Maßnahmen zur Reduzierung ihrer Treib­haus­gas­emis­sionen zu ergreifen.

Die Entscheidung des Seege­richtshofs könnte weitrei­chende Konse­quenzen für zukünftige Klima­schutz­in­itia­tiven und ‑verhand­lungen haben. Sie setzt einen Präze­denzfall, der es ermög­licht, recht­liche Schritte gegen Staaten und Unter­nehmen einzu­leiten, die ihren Verpflich­tungen zum Schutz der Meeres­umwelt nicht nachkommen. Dies könnte die Umsetzung stren­gerer Maßnahmen zur Bekämpfung des Klima­wandels weltweit fördern.

DieEnt­scheidung des Inter­na­tio­nalen Seege­richtshofs in Hamburg stellt einen Meilen­stein in der inter­na­tio­nalen Klima­schutz­po­litik dar. Sie verdeut­licht die Notwen­digkeit eines umfas­senden Ansatzes zum Schutz der Meeres­umwelt und unter­streicht die Verant­wortung der inter­na­tio­nalen Gemein­schaft, entschlossen gegen die Ursachen des Klima­wandels vorzugehen.

(Christian Dümke)

2024-05-31T19:26:28+02:0031. Mai 2024|Energiepolitik, Energiewende weltweit, Rechtsprechung|

Wärme­planung: Schaut auch aufs Gas!

Die bis 2026 bzw. 2028 anste­hende Wärme­planung inter­es­siert Bürger wie Kommunen derzeit vor allem in Hinblick auf die Entwicklung der Fernwärme. Das ist erfreulich, denn ohne den Ausbau der Fernwärme wird die Dekar­bo­ni­sierung des Gebäu­de­sektors schwer. Was dagegen in den Hinter­grund rückt: Im Wärmeplan müssen Kommunen sich ehrlich machen, was mit ihrem Gasnetz passiert. Denn klar ist: Das Wärme­pla­nungs­gesetz (WPG) ist auf das Zieljahr 2045 ausge­richtet, in dem die Wärme­ver­sorgung zu 100% auf Erneu­er­baren und unver­meid­barer Abwärme beruhen muss, § 19 WPG.

Für fossiles Erdgas ist damit kein Platz mehr. Wenn eine Kommune also ein Erdgasnetz hat, muss sie im Wärmeplan eine Entscheidung treffen: Wird das Erdgasnetz umgestellt und soll künftig grüne Gase, mögli­cher­weise Wasser­stoff, trans­por­tieren? Wenn das nicht möglich oder nicht wirtschaftlich ist, muss das Erdgasnetz bis 2045 still­gelegt werden und in den nächsten Jahren ein Plan erarbeitet werden, wie das aussehen soll.

Nun wünschen sich viele Kommu­nal­po­li­tiker einen Weiter­be­trieb des Erdgas­netzes, dann eben mit Wasser­stoff. Doch der Wunsch allein recht­fertigt es nicht, den Wärmeplan daran auszu­richten. Ein Wärmeplan ist kein Wunsch­konzert. Wer per Wärmeplan sein Netz in ein Wasser­stoffnetz umstellen will, braucht bis 2028 einen verbind­lichen Fahrplan mit Zwischen­zielen und Inves­ti­ti­onsplan, den die Bundes­netz­agentur genehmigt, überprüft und für gescheitert erklären kann, wenn sich die Hoffnungen der Kommune nicht erfüllen. Im Ergebnis bedeutet das: Es dürfte ausge­schlossen sein, dass eine Kommune wie auch immer ihr Erdgasnetz in die Zukunft rettet, indem sie eine Umrüstung plant, die dann scheitert. Überdies wird ja auch das Fernlei­tungsnetz umgebaut, teilweise umgestellt und teilweise stillgelegt.

Nicht ganz wenigen Eigen­tümern ist dies noch gar nicht so klar. Hier ist es also Aufgabe der Gemeinde, auch über eine breite, niedrig­schwellige Öffent­lich­keits­arbeit zu verdeut­lichen, dass die vermeintlich sicher und günstige Gasheizung in vielen, wenn nicht den meisten Kommunen, nicht nur wegen der abseh­baren Kosten­stei­ge­rungen wegen der CO2-Bepreisung keine Lösung für die Ewigkeit ist (Miriam Vollmer).

2024-01-17T23:11:18+01:0017. Januar 2024|Energiewende weltweit, Gas|

Klima­klage vor dem EGMR

Wir hatten an dieser Stelle schon ein paar Mal über Klima­klagen berichtet. Aktuell wird in Straßburg vor dem Europäi­schen Gerichtshof für Menschen­rechte über eine weitere Klage (Duarte Agostinho and Others v. Portugal and Others – Appli­cation No. 39371/20) verhandelt. Einge­reicht wurde sie 2020 von sechs portu­gie­si­schen Kindern und Jugend­lichen aus Lissabon und Leiria. Gerichtet ist sie gegen 32 Staaten, die Mitglieds­staaten der EU, aber daneben auch Norwegen, Russland, die Schweiz, die Türkei und Großbri­tannien. Geltend gemacht werden Verstöße gegen mehrere Artikel der Europäi­schen Menschen­rechts­kon­vention (EMRK), u.a. die Verletzung ihrer Rechte auf Leben aus Art. 2 EMRK und auf Achtung des Privat- und Famili­en­lebens aus Art. 8 EMRK. Da sie als Kinder, Jugend­liche und junge Erwachsene von einer bevor­ste­henden Klima­ka­ta­strope besonders betroffen seien, machen sie auch die Verletzung des Diskri­mi­nie­rungs­verbots in Art. 14 EMRK geltend.

Anlass der Klage waren unter anderem verhee­rende Waldbrände in Leiria, die 2017 über hundert Menschen­leben gefordert hatten. Die Kläger- und Kläge­rinnen habe dabei bereits gesund­heit­liche Probleme erlitten, etwa Atemwegs­be­schwerden, Allergien und Schlaf­stö­rungen. Was wohl noch schwerer wiegt, sind die Zukunfts­ängste angesichts eines immer heißer werdenden Klimas und der steigenden Gefahr von Bränden dieser Art.

Von den Beklagten Staaten wird die Klage zum Teil an unzulässig angesehen. Den Klägern macht jedoch die Tatsache Mut, dass der Gerichtshof die Klage offen­sichtlich ernst nimmt. Denn anders als üblicher­weise offen­sichtlich unzulässige Klagen wurde sie nicht einem Einzel­richter vorgelegt, der sie nach Art. 27 Abs. 1 EMRK für unzulässig erklären könnte. Sie wurde vielmehr prioritär behandelt und der Großen Kammer vorgelegt.

Verlangt wird von den Kläge­rinnen und Klägern, dass die Staaten effektive Maßnahmen ergreifen, um sich an die Emissi­ons­re­duk­ti­ons­ziele zu halten. Denn nur dann könne die globale Erwärmung unter 1,5° Celsius gehalten werden, so wie dies im Abkommen von Paris vereinbart ist. (Olaf Dilling)

 

2023-09-27T18:21:09+02:0027. September 2023|Energiewende weltweit, Rechtsprechung, Umwelt|