Landge­richt Düsseldorf verur­teilt Stromio und gas.de zu Schadenersatzzahlungen

Das Landge­richt Düsseldorf hat in zwei Klage­ver­fahren den Energie­ver­sorger gas.de Versor­gungs­ge­sell­schaft mbH (Urteil vom 30.05.2025, 14d O 12/23 und Urteil vom 26.06.2025, 14d O 9/23) und in einem weiteren Klage­ver­fahren den Versorger Stromio (Urteil vom 30.05.2025, 14d O 13/23 ) zu Schaden­er­satz­zah­lungen in Höhe von 9.804,46 EUR und 45.020,29 EUR (gas.de) sowie  4.891,26 EUR (Stromio) an ehemalige Kunden verur­teilt. Geklagt hatte ein Rechts­dienst­leister, der sich die Schaden­er­satz­for­de­rungen der betrof­fenen Kunde hatte abtreten lassen, um diese gebündelt geltend zu machen.

Hinter­grund der Klagen war der Umstand, dass beide Versorger im Jahr 2021 den jeweils betrof­fenen Kunden fristlos die bestehenden Energie­ver­sor­gungs­ver­träge gekündigt hatten, so dass diese gezwungen waren, sich kurzfristig und zu erheblich höheren Preisen von anderen Versorgern beliefern zu lassen. Die Versorger begrün­deten dieses Vorgehen mit den im Rahmen der Energie­krise aufgrund des Ukrai­ne­krieges kurzfristig stark gestie­genen Beschaf­fungs­preisen, die ein Festhalten an den Verträgen unzumutbar gemacht hätten.

Zu Unrecht, wie das Landge­richt Düsseldorf nun entschied:

Mit der Einstellung der Strom­lie­fe­rungen zum 22.12.2021 hat die Beklagte ihre vertrag­liche Haupt­leis­tungs­pflicht verletzt. Sie war hierzu auch nicht durch ihre gegenüber den Zeugen ausge­spro­chenen Kündi­gungs­er­klä­rungen berechtigt. 

Die jewei­ligen Energie­lie­fe­rungs­ver­träge sind von der Beklagten durch ihre Kündi­gungs­schreiben nicht fristlos, sondern nur ordentlich zum jeweils nächst-möglichen Zeitpunkt beendet worden. Der Beklagten stand kein Recht zur außer­or­dent­lichen frist­losen Kündigung zu. Ein solches Kündi­gungs­recht ergibt sich auch unter Berück­sich­tigung der Ausfüh­rungen der Beklagten zur Entwicklung auf den Beschaf­fungs­märkten weder aus § 314 Abs. 1 BGB, noch aus § 313 Abs. 3 S. 2 BGB i.V.m. § 314 Abs. 1 BGB.“

(LG Düsseldorf, 30.05.2025 14d O 13/23)

Der Argumen­tation der Versorger, dass die aufgrund der Energie­krise stark gstie­ge­nenen Beschaf­fungs­kosten ein außer­or­dent­liches Kündi­gungs­recht recht­fer­tigten, erteilte das Landge­richt eine Absage:

Die Abgrenzung der Risiko­be­reiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertrags­zweck und den anzuwen­denden gesetz­lichen Bestim­mungen. Mit den streit­ge­gen­ständ­lichen Versor­gungs­ver­trägen haben die Parteien eine bindende Preis­ver­ein­barung getroffen. Dabei ist es Sache der Beklagten als Verkäu­ferin, wie sie den Preis kalku­liert. Sie trägt dabei das Risiko einer auskömm­lichen Kalku­lation und auch das Risiko, dass sich die verwendete Berech­nungs­grundlage als unzutreffend erweist. 

Die Beklagte kann die frist­losen Kündi­gungen daher nicht auf die „histo­risch einmalige Preis­ent­wicklung im Strom­markt“ stützen. Die Entwicklung der Strom­preise und das damit verbundene Risiko der auskömm­lichen Kalku­lation ihrer Tarife gehörte zum allei­nigen Vertrags­risiko der Beklagten (so bereits Urteil der Kammer vom 01.03.2023, Az. 14d O 3/22, Rn. 74 – juris). 

Dass u.a. die Beschaf­fungs­kosten gemäß § 4 Abs. 2 lit. a) Preis­be­standteil und damit Kalku­la­ti­ons­grundlage des Endpreises waren, steht einer Zuordnung des Risikos, dass sich diese Kalku­la­ti­ons­grundlage während der Vertrags­laufzeit ändert, nicht entgegen.“

(LG Düsseldorf, 30.05.2025 14d O 13/23)

Die Entschei­dungen sind noch nicht rechts­kräftig, da Stromio und gas.de Berufung eingelegt haben. Zudem sind am Landge­richt Düsseldorf zahlreiche weitere gleich­artige Schaden­er­satz­klagen anhängig.

(Christian Dümke)

2025-08-15T18:50:55+02:0015. August 2025|Allgemein|

Verkehrs­recht: Unbestimmte Bewohnerparkgebiete

Das OVG Hamburg hat sich vor einiger Zeit mit den Regeln für das Bewoh­ner­parken ausein­an­der­ge­setzt. Zwar bestrifft der Fall eine Anordnung noch auf Grundlage des alten Rechts, also zur Anordnung bei bestehendem erheb­lichen Parkdruck gemäß § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2a StVO. Dies ist aber weiterhin eine geltende Rechts­grundlage. Zudem betreffen die zentralen Probleme des Falls allge­meine Aspekte wie Bestimmtheit und Zuschnitt der Bewoh­ner­park­ge­biete. Diese sind für alle Anord­nungs­gründe relevant, also auch die neuen des Umwelt­schutzes und der geord­neten städte­bau­lichen Entwicklung.

Aber worum geht es? Im Bereich Hamburg-Rotherbaum wurde nach einer Parkraum­un­ter­su­chung, bei der erheb­licher Parkraum­mangel festge­stellt wurde, eine neue Bewoh­ner­parkzone „Grindelhof“ einge­richtet. Ein Bewohner der Zone hat dagegen geklagt. Im Wesent­lichen aus drei Gründen: Zum Einen war die Zone aus seiner Sicht zu groß, da sie die maximale Ausdehnung von 1.000 m überschreiten würde. Zum Anderen sei die Beschil­derung zu unbestimmt. Schließlich sei der erfor­der­liche Parkmangel nicht ausrei­chend nachgewiesen.

Sowohl das Verwal­tungs­ge­richt als auch, nach der Berufung der Beklagten, das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Hamburg (Urteil vom 28.11.2024 – Az 4 Bf 129/24) gaben dem Kläger recht: Inter­essant ist dabei, dass sie bei der Berechnung der Größe des Bewoh­ner­park­ge­biets nicht nur auf die Parkmög­lich­keiten an sich, sondern auch auf den Wohnort der privi­le­gierten Bewohner abstellen. Beides müsste bei der Anordnung berück­sichtigt und definiert werden. 

Was die Bestimmtheit angeht, wurde auf die Beschil­derung, im Internet veröf­fent­lichte Karten des Bewoh­ner­park­ge­bietes und auf Hinweise auf den Parkschein­au­to­maten abgestellt. Das OVG zeigt an einem Beispiel, dass gerade für externe Verkehrs­teil­nehmer Stell­plätze nicht eindeutig einem von zwei Bewoh­ner­park­ge­bieten mit unter­schied­lichen zeitlichen Geltungs­be­reichen zugeordnet werden konnten.

Insgesamt ist die Entscheidung sehr instruktiv, was die recht­lichen Rahmen­be­din­gungen des Bewoh­ner­parkens angeht. Außerdem werden einige allge­meine verwal­tungs­recht­liche Fragen geklärt. Neben den genannten Aspekten der Bestimmtheit von Verwal­tungs­akten geht es auch um prozes­suale Fragen bezüglich des Zugangs und der Schriftform von Verwalt­ung­akten. Denn der Prozess­be­voll­mäch­tigte des Klägers hatte den Wider­spruch ursprünglich per E‑Mail mit einge­scannter Unter­schrift an die Behörde gesandt. Dies reicht nach Auffassung des Gerichts nicht. Es ist weiterhin ein Zugang per Post (der aufgrund der Aussage des Anwalts unstellt wurde), Fax oder eletro­ni­scher Gerichts- und Verwal­tungspost erfor­derlich. (Olaf Dilling)

2025-08-15T14:38:22+02:0014. August 2025|Allgemein, Rechtsprechung, Verkehr|

Technik und Kultur vs. Natur – Bayreuth recht energisch

Es ist vielerorts Urlaubszeit und auch wir sind bisweilen unterwegs. Auch in diesem Jahr führte mich mein Weg im Sommer jedoch nach Bayreuth zu den Richard-Wagner-Festspielen. Bei der Wieder­auf­nahme der „Lohengrin“ in der Insze­nierung von Yuval Sharon und dem meist in Blau gehal­tenen Bühnenbild von Rosa Loy und Neo Rauch sind sie dann wieder da: Strom­masten, Leitungen, Trafo­häuschen. Wenn das nicht mal passend zum beruf­lichen Rahmen ist… Auch Bayreuth kann also „recht energisch“. Und es war ein absolut elektri­sie­render Abend: Christian Tielemann verzau­berte mit seinem Dirigat, baute Spannungs­bögen auf und entlud die geballte Ladung dessen, was man sich bei Wagner wünscht. Absolut zutreffend daher auch die die Kritik in BR Klassik: „Denn: er ist wieder da. Christian Thielemann. Und mit ihm alles, was Bayreuth an seinem Dirigat immer so geliebt hat: Gänsehaut, Schauer, Überwäl­tigung und fast schon willenlose Hingabe an die Musik. Kaum geht es mit dem Vorspiel los, fühlt es sich an, als wolle er sagen: „Du denkst, du kennst das, aber hast du das hier schon mal gehört? Oder das?“ Er arbeitet Details heraus, die neugierig machen und erzeugt schon damit eine einzig­artige Spannung, die Aufmerk­samkeit fast erzwingt – und der man willig folgt.

Gesanglich war der Abend ebenso eine Glanz­leistung. Piotr Beczała in der Titel­partie berührte und verführte mit seiner Stimme und gefiel besonders in den leisen Passagen. In der perfekten Grals­er­zählung war es dann auch im Publikum endlich mal so ruhig, dass man eine Steck­nadel hätte fallen hören können. Elza van den Heever war bei ihrem Bayreuth Debüt als Elsa ebenso eine Offen­barung. Gerade das Zusam­men­spiel der beiden überzeugte. Der Jubel war beiden gewiss. Zum Nachlesen und Nachhören übrigens hier. (Dirk Buchsteiner)

2025-08-08T18:05:21+02:008. August 2025|Allgemein, Energiepolitik, Grundkurs Energie, re unterwegs|