Die Konstellation ist eigentlich simpel: Ein Unternehmen kauft Strom bei einem anderen, verkauft diesen an ein drittes Unternehmen, und zwar mit Erfüllungsort an der Netzentnahmestelle des Dritten. Im Anwendungsbereich des EnWG ist damit auch alles tutti: Der Zwischenhändler ist Lieferant, sein Kunde Letztverbraucher. Nur im StromPBG gibt es Zweifel, wie die Rechtslage zu beurteilen ist, denn die Definitionen im StromPBG sind nicht ganz deckungsgleich mit der im EnWG: Der Letztverbraucher kann im StromPBG auch für den fremden Verbrauch entnehmen, der Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens ist mit der Lieferung „über ein Netz“ verbunden.
Doch was heißt das nun für die beschriebene Konstellation der Versorgung über einen Zwischenhändler, der nicht selbst einen Netznutzungsvertrag unterhält, sondern durch seinen Vorlieferanten liefern lässt? Das Wirtschaftsministerium und mit ihm auch die Übertragungsnetzbetreiber meinen, dass der Zwischenhändler der Letztverbraucher sei. Er sollte also die Entlstung bekommen, die Erstattung stünde dem Vorlieferanten zu.
Für die betroffenen Unternehmen ist das keine rein technische Frage. Denn wenn es auf das Vertragsverhältnis zwischen Vorlieferant und Lieferant ankommt, ist Ausgangspunkt der Entlastung nicht der Strompreis des Kunden, der den Strom am Ende physikalisch verwendet. Selbst wenn er die Entlastung vom Zwischenhändler durchgereicht bekommt, fällt seine Entlastung geringer aus als in „klassischen“ Versorgerverhältnissen. Und zu alledem sind BMWK und ÜNB auch noch davon überzeugt, dass der Kunde am Ende der Kette eigentlich gar keinen Entlastungsanspruch hat. Sein Zwischenhändler bekäme also die Entlastung, ohne sie weitergeben zu müssen.
Nicht nur deswegen ist diese Rechtsansicht umstritten. Kann das wirklich sein? Wird „über ein Netz“ wirklich nur dann geliefert, wenn der Lieferant selbst einen Netznutzungsvertrag abgeschlossen hat? Schließlich steht davon gar nichts im Gesetz. Entsprechend ist es nicht überraschend, dass ein erstes Urteil in dieser Sache die Lage nun anders beurteilt: Das LG Bayreuth hat mit Urt. v. 30.11.2023, 1 HK O 30/23, entschieden, dass das StromPBG nur Netze gegen Kundenanlagen abgrenzt, den Netzbegriff also voraussetzt und keinen eigenen kreiert. Letztverbraucher sei das Unternehmen am Ende der Lieferkette, das auch im EnWG Letztverbraucher ist. Sein Lieferant entlastungsverpflichtet und erstattungsberechtigt.
Wir finden: Das LG Bayreuth liegt richtig. Es geht auch aus der amtlichen Begründung hervor, dass der Gesetzgeber keineswegs Kunden, die nichts von der Rollenverteilung zwischen ihrem Versorger und dessen Vorlieferanten wissen, den Entlastungsanspruch vorenthalten wollte. Auch systematisch spricht alles dafür, dass das StromPBG auf die Strukturen und Begrifflichkeiten des EnWG aufsetzt. Wir sind gespannt, wie andere Gerichte und der Instanzenzug entscheidet (Miriam Vollmer).
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