Das Bundes­kar­tellamt und der § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV

Das Bundes­kar­tellamt (BKartA) kann nicht nur per Sektor­un­ter­su­chung die Preise von Fernwär­me­ver­sorgern checken. Es darf auch Fernwä­re­preis­klauseln prüfen. Die diese Woche eröff­neten sechs Missbrauchs­ver­fahren gegenüber Fernwär­me­ver­sorgern machen deutlich: Außer den Kunden kann auch die Behörde direkt auf Preis­gleit­klauseln zugreifen.

Maßstab der Prüfung ist § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV. Diese Regelung bestimmt, dass Preis­er­hö­hungen sich an der Kosten­ent­wicklung und am Wärme­markt orien­tieren müssen. Außerdem müssen sie trans­parent sein. Es ist damit nicht erlaubt, den Preis etwa parallel zum Erdgas­preis steigen zu lassen, wenn die Kosten des Versorgers real nur teilweise oder gar nicht am Gaspreis hängen, sondern etwa an Strom, landwirt­schaft­lichen Produkten oder Kohle. Außerdem dürfen Versorger nicht auf ein Markt­element verzichten, das die Entwicklung am Wärme­markt insgesamt – also nicht nur Fernwärme – abbildet. Hinzu kommt: Wenn der Kunde nicht selbst ausrechnen kann, wie sich der Preis entwi­ckelt, ist er ebenfalls fehlerhaft.

Das BKartA hat per Presse­mit­teilung nun verlaut­baren lassen, direkt gegen solche Unter­nehmen vorzu­gehen, die andere Indizes verwenden als es ihrer Wärme­er­zeugng entspricht. Also etwa Erdgas im Rekord­preisjahr 2022, wenn tatsächlich seit Jahren vorwiegend Abfall einge­setzt wird. Solche Klauseln haben auch wir schon gesehen; nicht ganz selten gehen sie darauf zurück, dass Unter­nehmen zwar ihre Erzeu­gungs­struktur, nicht aber ihre Verträge geändert haben. Das ist aber verpflichtend.

Die praktische Reich­weite des Verfahrens geht über die sechs Betrof­fenen weit hinaus: Die gestie­genen Preise der letzten zwei Jahre und die Auferk­samkeit für Raumwärme generell führen schon aktuell zu mehr Kunden­be­schwerden und ‑anfragen. Wir empfehlen deswegen generell allen Wärme­ver­sorgern, im Rahmen regel­mä­ßiger Prozesse – und nicht nur, wenn sich Leute beschweren – zu überprüfen, ob ihre Klauseln noch recht­mäßig sind, denn wenn eine Klausel unwirksam ist, können sich Kunden für die drei Jahre vor dem Preis­wi­der­spruch wegen Unwirk­samkeit der Klauseln überzahlte Beträge zurück­holen. Im Massen­ge­schäft ist das regel­mäßig eine ganze Menge (Miriam Vollmer).

2023-11-17T22:28:44+01:0017. November 2023|Wärme|

Verlängert, aber nicht für alle

Nun denn: Der Bundestag hat die Verän­gerung der Preis­bremsen abgesegnet. Sie sollen nun zwar nicht wie geplant bis zum 30.04.2024 verlängert werden. Aber immerhin bis zum 31.03.2024. Wie genau mit den vielen offenen Fragen rund um die Höchst­grenzen, den Zeitraum, für den die maximale Entlastung gilt und viele weitere Frage mehr umzugehen ist, wird das BMWK die betrof­fenen Unter­nehmen hoffentlich kurzfristig wissen lassen. Mit ein bisschen Glück hat sich bis in die Scharn­horst­straße herum­ge­sprochen, dass das Regieren by FAQ von der Branche gelinde gesagt nicht als Gewinn empfunden wurde.

Außer der Verlän­gerung hat es nun doch noch eine kleine inhalt­liche Änderung in die Verordnung geschafft: Die Strom­preis­bremse wird nicht für weiter­ge­lei­teten Strom verlängert. Hier geht es um Unter­nehmen, die Strom beziehen, und dann nicht über ein Netz, sondern über eine Kunden­anlage weiter­ver­kaufen. Das betrifft zB kleinere Indus­trie­parks, aber auch größere Wohnan­lagen. Wenn hier hinter dem Netz, also in die Kunden­anlage hinein, verkauft wird, galt die Preis­bremse im Verhältnis zum Kunden – also etwa dem Unter­nehmen  im Indus­triepark – schon in der Vergan­genheit nicht, weil das StromPBG die Lieferung über ein Netz voraus­setzt. In aller Regel wurde die vom Betreiber der Kunden­anlage verein­nahmte Vorteil aber weiter­ge­währt. Nun erhält dieser keine Entlastung mehr, kann also auch keine mehr wälzen (Miriam Vollmer).

 

2023-11-17T20:50:56+01:0017. November 2023|Energiepolitik|

Landge­richt Düsseldorf erlässt Einst­weilige Verfü­gungen gegen Stromio und gas.de

Wir haben für einen Mandanten Einst­weilige Verfü­gungen gegen die Stromio GmbH und die gas.de Versor­gungs­ge­sell­schaft mbH erwirkt.

Das Landge­richt Düsseldorf hat mit Beschluss vom 09.11.2023 zum Az. 14c O 154/23 der gas.de Versor­gungs­ge­sell­schaft mbH und mit Beschluss vom 13.11.2023 zum Az. 14c O 156/23 der Stromio GmbH  vorläufig untersagt:

1.  Kunden der Antrag­stel­lerin, welche die Antrag­stel­lerin beauf­tragt haben, als Rechts­dienst­leis­terin Schaden­er­satz­for­de­rungen der Kunden gegen die Antrags­geg­nerin gerichtlich durch­zu­setzen, zu kontak­tieren und diese Kunden unter Angebot einer Geldzahlung aufzu­fordern, das zwischen dem Kunden und der Antrag­stel­lerin bestehende Auftrags­ver­hältnis zu kündigen. 

2. Gegenüber Kunden der Antrag­stel­lerin, welche die Antrag­stel­lerin beauf­tragt haben, als Rechts­dienst­leis­terin Schaden­er­satz­for­de­rungen gegen die Antrags­geg­nerin gerichtlich durch­zu­setzen, hinsichtlich einer von der Antrags­geg­nerin angebo­tenen Vergleichs­zahlung zu behaupten:

Der von uns angebotene Betrag liegt über dem Betrag, den Sie seitens der (Antrag­stel­lerin)*– nach Abzug der Provi­sionen der (Antrag­stel­lerin)* – mögli­cher­weise von dieser erstattet bekommen würden.“ 

*Anony­mi­sierung durch uns

wenn der von der Antrags­geg­nerin angebotene Betrag dabei tatsächlich unterhalb der von der Antrag­stel­lerin für den Kunden gegenüber der Antrags­geg­nerin geltend gemachten Schaden­er­satz­for­derung liegt.

Zum Hinter­grund:

Unsere Mandantin macht als Rechts­dienst­leis­terin derzeit in diversen Klagen gebün­delte Schaden­er­satz­for­de­rungen von (ehema­ligen) Kunden der Versorger Stromio und gas.de gegen diese geltend. Zu diesem Zweck hat unsere Mandantin sich die Forde­rungen der einzelnen Kunden abtreten lassen.

Stromio und gas.de haben daraufhin betroffene Kunden unserer Mandantin kontak­tiert und Ihnen eine Geldzahlung zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche angeboten, unter der Bedingung, dass die Kunden vorher die Rechts­be­ziehung zu unserer Mandantin beenden müssten. Ein vorfor­mu­liertes Kündi­gungs­schreiben war dem Angebot gleich beigefügt. Dieses Vorgehen werteten wir als unlautere geschäft­liche Handlung i.S.d. § 3 UWG.

Weiterhin beinhaltete das Angebot von Stromio und gas.de an die Kunden nach unserer Rechts­auf­fassung eine unzulässige Täuschung i.S.d. § 5 UWG, da die dort den Kunden angebotene Zahlung geringer ausfiel, als die Summe die der Kunde bei erfolg­reicher Forde­rungs­durch­setzung seitens unserer Mandantin bekommen würde – während die Gegen­seite das Gegenteil behauptete.

Das Landge­richt Düsseldorf ist unserer Rechts­auf­fassung gefolgt.

(Christian Dümke)

2023-11-17T14:21:10+01:0017. November 2023|Allgemein|