REPowerEU: Was hat die EU mit dem Strom­markt vor?

Man ist nicht glücklich mit dem Strom­markt, weder in Deutschland noch in der EU insgesamt. Zum einen hat das Jahr 2022 überdeutlich die Schwächen der Preis­bildung entlang des Merit-Order-Modells aufge­zeigt. Zum anderen hält die Kommission den Strom­markt nicht für geeignet, die Trans­for­mation der Energie­märkte in eine von CO2-freier Energie geprägte Zukunft zu begleiten. Das betrifft sowohl den Großhandel wie auch die Belie­ferung von Verbrau­chern. Mit einem Geset­zes­vor­schlag aus dem März (COM(2023)0148) zur Änderung der Elektri­zi­täts­bin­nen­markt­richt­linie will die Kommission die Märkte nun neu aufstellen. In seiner letzten Sitzung vor der Sommer­pause hat sich letzte Woche der Ausschuss des Parlamens für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) mit der Sache beschäftigt und für den Entwurf votiert. Doch was steht drin? Ein paar markante Punkte:

PPA, also Strom­lie­fer­ver­träge zwischen Betreiber von EE-Anlagen wie etwa Windparks, und Letzt­ver­brau­chern sollen weiter gefördert werden, um stabilere Preise und den Ausbau der Erneu­er­baren gleicher­maßen zu fördern. Auch CCfD, also Diffe­renz­ver­träge mit Unter- aber auch Obergrenzen, sollen die Preise vergleich­mä­ßigen, um Preis­spitzen zu glätten. Für Betreiber neuer Anlagen ist das natürlich nicht nur eine gute Nachricht, wenn auch eine erwartete: Die Regelung ähnelt der Erlös­ab­schöpfung im StromPBG, das vielfach als Vorbote einer solchen Neufassung empfunden wurde.

Auch Termin­ge­schäfte sollen gefördert werden, um die Preis­aus­schläge zu dämpfen. Die Möglich­keiten der Regulie­rungs­be­hörden will die EU noch weiter stärken. Lastma­nagement und Speicher sollen bei den Netzent­gelten mehr berück­sichtigt werden.

Free European Parliament Strasbourg photo and picture

Inter­essant für den Vertrieb: Für Verbraucher soll sich Einiges ändern: Der Entwurf sieht ein Weiter­ga­be­recht für Verbraucher, KMU und öffent­liche Einrich­tungen für selbst erzeugten EE-Strom vor („Peer to Peer“), und zwar auch bilan­ziell mit weit entfernten Personen. Verbraucher sollen auch mehrere Strom­ver­sorger auswählen dürfen. Der Entwurf sieht offenbar sogar vor, dass es einen Anspruch auf einen Strom­ver­sorger außer dem Grund­ver­sorger geben soll, wenn dieser mehr als 200.000 Endkunden hat.

Es bleibt abzuwarten, was der Rat zu den neuen Regeln sagt. Generell geht der Trend weiter zu mehr Verbrau­cher­schutz, und dem Aspekt stabiler Preise wird mehr Bedeutung beigemessen als in der Vergan­genheit (Miriam Vollmer).

 

2023-07-21T23:48:16+02:0021. Juli 2023|Energiepolitik, Vertrieb|

Letzt­ver­braucher“ oder „Haushalts­kunde“? LG Köln zum Streit über die Auslegung  des § 41 Abs. 3 EnWG a.F.

Der § 41 EnWG regelt die Belie­ferung von Kunden mit Energie, ausserhalb der gesetz­lichen Grund­ver­sorgung. Genau­ge­nommen die Belie­ferung von „Letzt­ver­brau­chern“ mit Energie. Das war jedoch nicht immer so. Vor dem 21. Juli 2021 lautete die Überschrift des § 41 EnWG noch „Energie­lie­fer­ver­träge mit Haushaltskunden“.

Die Änderung ist bedeutsam, denn das EnWG unter­scheidet zwischen „Letzt­ver­brau­chern“ und „Haushalts­kunden“. Als Letzt­ver­braucher gilt gem. § 3 Nr. 25 EnWG jede natür­liche oder juris­tische Person, die Energie für den eigenen Verbrauch kauft. Der Begriff des Haushalts­kunden dagegen ist viel enger gefasst, denn hierunter fallen gem. § 3 Nr. 22 EnWG Letzt­ver­braucher, die Energie überwiegend für den Eigen­ver­brauch im Haushalt oder für den einen Jahres­ver­brauch von 10 000 Kilowatt­stunden nicht überstei­genden Eigen­ver­brauch für beruf­liche, landwirt­schaft­liche oder gewerb­liche Zwecke kaufen.

Der Anwen­dungs­be­reich des § 41 EnWG hat sich somit erweitert. Aller­dings war auch schon in der alten Fassung des § 41 EnWG zumindest im Absatz 3 die Rede vom „Letzt­ver­braucher“ und nicht vom Haushalts­kunden. Der § 41 Abs. 3 EnWG alte Fassung enthielt die Pflicht des Versorgers „Letzt­ver­brau­chern“ Preis­an­pas­sungen frist­ge­recht und trans­parent vor ihrem Inkraft­treten mitzuteilen.

Und genau hierüber besteht unter Juristen Uneinigkeit. Es gibt Stimmen die sind der Meinung, der Gesetz­geber habe hier einen redak­tio­nellen Fehler begangen und auch in § 41 Abs. 3 EnWG alte Fassung eigentlich nur „Haushalts­kunden“ gemeint, denn aus der Überschrift der gesamten Norm sei ersichtlich, dass diese sich nur an Haushalts­kunden wenden wollte und in allen anderen Absätzen des Paragraphen ginge es auch nur um Haushalts­kunden. Die Gegen­po­sition meint, dass der Wortlaut des Gesetzes eindeutig sei und wenn der Gesetz­geber dort den fest definierten Begriff des Letzt­ver­brau­chers verwendet könne die Norm nicht entgegen ihres Wortlautes einfach so ausgelegt werden, dass sie nur für Haushalts­kunden gelten soll. Dieser zweiten Meinung hat sich nun das Landge­richt Köln mit Hinweis vom 30.06.2023 in einem von uns geführten Verfahren (Az.88 O 03/23) angeschlossen.

Nach vorläu­figer Ansicht des Landge­richts Köln hatten auch Unter­nehmen und andere Letzt­ver­braucher vor 2022 Anspruch über Preis­an­pas­sungen recht­zeitig und trans­parent vom Versorger infor­miert zu werden.

(Christian Dümke)

2023-07-21T15:35:46+02:0021. Juli 2023|Rechtsprechung|