Ein straßenverkehrsrechtliches Thema, das uns immer wieder beschäftigt, auch in diesem Jahr, sind Nutzungskonkurrenzen und Vollzugsdefizite im urbanen öffentlichen Raum. Was genau ist damit gemeint? Nun, schlicht gesagt, wird egal, was irgendwann von den Bezirksämtern im Straßenraum angeordnet wird, am Ende jeder Zentimeter ziemlich rücksichtslos zugeparkt. Das betrifft Flächen, die eigentlich für den Lieferverkehr vorgesehen sind, genauso wie Straßen, in denen auch Kinderspiel auf der Verkehrsfläche erlaubt ist.
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat daher, wie wir schon früher einmal berichteten, unter anderem im Wrangelkiez in Kreuzberg, temporäre Spielstraßen eingerichtet. Oft waren diese Spielstraßen in verkehrsberuhigten Zonen, in denen an sich ohnehin auf der Straße gespielt werden dürfte. Allerdings ist dies in den verkehrsberuhigten Zonen keine gelebte Realität, da auch hier – oft illegal parkende – Kraftfahrzeuge dominieren. Insofern war es nachvollziehbar, dass das Bezirksamt, um das Spielen tatsächlich zu ermöglichen, für bestimmte Zeiten in der Woche in den betreffenden Straße ein Verbot für Fahrzeuge aller Art (Zeichen 250 laut Anhang 2 der StVO) ausgesprochen hat. Nun gab es aber auch da das Problem, dass zu den Zeiten mit Sperrung für Fahrzeuge weiterhin viele parkende Fahrzeuge die Spielfläche blockierten unter anderem mit entsprechenden Haftungsrisiken.
Das Bezirksamt wollte nun wissen, was zu tun sei, um die Straße für spielende Kinder frei zu bekommen. Wir stellten in einer gutachterlichen Stellungnahme klar, dass mit dem Verbot für Fahrzeuge aller Art neben dem Einfahrverbot zugleich auch ein Wegfahrgebot für parkende Autos eingeschlossen ist. Zur Klarstellung ist es jedoch in diesen Fällen ausnahmsweise auch möglich, zusätzlich ein temporäres Halteverbot anzuordnen, auch wenn solche Doppelbeschilderungen grundsätzlich vermieden werden sollten. Dies gilt dann, wenn das Halteverbot ansonsten nicht nur ausnahmsweise missachtet würde. Als wir neulich an einem Nachmittag in der Wrangelstraße vorbeikamen, war wieder einmal Spielbetrieb und offensichtlich hat sich das Problem mit den parkenden Autos inzwischen gelöst. Im Übrigen scheint das Ordnungsamt nun nach Auskunft des Bezirksamts einzugreifen, wenn trotz des Verbotes geparkt wird.
Eine weitere gutachterliche Stellungnahme haben wir dieses Jahr ebenfalls zum Wrangelkiez zu Parkverboten und Anordnung von Ladeflächen verfasst. Auch hier ging es im Wesentlichen um Fragen der Doppelbeschilderung sowie um die zusätzliche Anordnung von Ge- und Verboten in verkehrsberuhigten Zonen.
Das Mandat betreut Rechtsanwalt Dr. Olaf Dilling.
Geht es um VZ 250? Gemäß Anlage 2 lfd. Nr. 28 Nr. 1 Satz 1 spricht dies ein Verbot für Fahrzeuge aller Art aus, somit auch ein Parkverbot. Anders hingegen spricht VZ 600 gemäß Anlage 4 zu 1 bis 7 Satz 1 StVO allein ein Fahrverbot aus, somit macht es einen Unterschied, ob VZ 600 oder VZ 600 und 250 angeordnet werden. Wenn es den Unterschied nicht gäbe, würden die RSA 21 in den Regelplänen die Missachtung von § 45 IX 1 StVO in verschiedenen Regelplänen vorschlagen. Z. B. bei Laufveranstaltungen kann es ja durchaus ausreichend sein, den Fahrverkehr zu verbieten, das Parken in Parkstreifen aber weiter zuzulassen und ein Haltverbot nur für die Fahrbahn anzuordnen. VZ 250 stellt somit ein Aufenthaltsverbot für Fahrzeuge (inkl. Fahrräder) dar, dass man in Einfahr‑, Park‑, Innen-Drinnen-Fahr- und Wegfahrfahrverbot unterteilen kann.
VZ 283 (Anlage 2 lfd. Nr. 62 StVO) bezieht sich allein auf Fahrbahnen, ist in einem VB also somit wirkungslos, solange Änderungsinitiativen von Länderseite nicht erfolgreich sind. Worauf stützen Sie Ihre davon abweichende Auffassung?
Genau, es geht um Zeichen 250 (also weißer Kreis mit rotem Rand). Danke, guter Hinweis auf die Unterschiede. Dass Zeichen 283 gilt grundsätzlich auf „normalen“ Straßen tatsächlich nur für die Fahrbahn. Es kann aber auch durch Zusatzzeichen auf andere Parkmöglichkeiten, z.B. auf den Gehweg oder Seitenstreifen, bezogen werden. Zudem gibt es in verkehrsberuhigten Zonen keine Fahrbahn im eigentlichen Sinne, so dass hier der Bezug ein anderer ist.
Auch die Modifizierbarkeit durch ZZ setzt eine Fahrbahn voraus, für die es aber keine Legaldefinition gibt, soweit ich weiß, aber es sollte trotzdem hinreichend klar sein, was gemeint ist. Jedoch gibt es in der Praxis durchaus Zweifelsfälle, wenn z. B. Kommunen meinen, aus Belag und einer Regenrinne ergäbe sich eine Abgrenzung eines Gehweges.
Gemäß Anlage 2 lfd. Nr. 62.1 kann man das Haltverbot auch auf Seitenstreifen erweitern (Parkstreifen sind ein Unterfall der Seitenstreifen § 12 Absatz 4 Satz 1 StVO). Eine Erweiterung auf Gehwege macht keinen Sinn und ist nicht vorgesehen, da man ja auf Gehweg anders als auf Fahrbahnen und Seitenstreifen eben nicht grundsätzlich parken darf sondern vielmehr nur, wenn dies explizit zugelassen ist. Ob es einen Ländererlass gibt, der „auch auf dem Gehweg“ als ZZ einführt, weiß ich nicht. Das man keinen Tag durch eine Stadt gegen kann ohne auf gebastelte ZZ in die Richtung zu stoßen, weißt nur darauf hin, dass die Straßenverkehrs- und ‑baubehörden ihren Pflichten flächendeckend nicht ausreichend nachkommen.
Die wörtliche Auslegung ist eindeutig, wenn auch nicht praktisch, sodass eine teleologische Auslegung unzulässig sein dürfte. Ich sehe hier Anpassungsbedarf in der StVO.
So würde ich als Behörde vor Gericht argumentieren, auch wenn die StVO dafür keinen Anhaltspunkt bietet. Genauso kann man keine Haltverbote auf Parkplätzen anordnen. Als abgeschleppter Bürger würde ich genau darauf verweisen, dass VZ 283 dem Wortlaut nach im Verkehrsberuhigten Bereich und auf PA