Im nächsten Winter wird Wärme teuer. Denn dann kommen die Preis­stei­ge­rungen für Gas, aber auch Heizöl, vermittelt über Preis­gleit­klauseln, die auf den Kosten­stei­ge­rungen des Versorgers fußen, beim Kunden an. Um so aufmerk­samer verfolgen Versorger, aber auch die Immobi­li­en­wirt­schaft, die Recht­spre­chung zur Frage, welchen Gesetz­mä­ßig­keiten Preis­an­pas­sungen für Fernwäme gelten. Hierzu hat sich nun erneut am 6. April 2022 der Bundes­ge­richtshof geäußert (VIII ZR 295/20).

Was war passiert?

Ein Wärme­ver­sorger belie­ferte einen Kunden auf der Basis von Allge­meinen Versor­gungs­be­din­gungen, die einen festen, nicht verbrauchs­ab­hän­gigen Bereit­stel­lungs­preis und einen verbrauchs­ab­hän­gigen Arbeits­preis pro kWh vorsahen.

2019 verlor der Versorger einen Rechts­streit vorm Berliner Kammer­ge­richt (so heißt in Berlin das Oberlan­des­ge­richt), in dem es um die Preis­gleit­klausel für den vebrauchs­ab­hän­gigen Arbeits­preis ging. Die Klausel sei nicht trans­parent, wie § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV es aber verlangt.

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Unwirksame Preis­gleit­klauseln können nicht nur keine zukünf­tigen Preis­an­pas­sungen legiti­mieren. Ist eine Preis­gleit­klausel unwirksam, wurden auch alle Gelder, die aufgrund früherer Preis­glei­tungen gezahlt worden, rechts­grundlos entrichtet. Zwar muss der Versorger nur um die letzten drei Jahren vor der Beanstandung zittern. Aber es gibt genug Unter­nehmen und sogar Privat­per­sonen, die in den letzten drei Jahren gezahlte Erhöhungs­be­träge zurück­fordern. So war es auch hier: Der Kläger des nun entschie­denen BGH-Verfahrens zog vors Landge­richt und dann vors KG, um die in den Jahren 2015 bis 2018 mögli­cher­weise zu viel gezahlten Erhöhungs­be­träge zurück­zu­be­kommen. Diese umfassten Erhöhungen beider Preis­kom­po­nenten, also der, die das KG für unwirksam erklärt hatte, als auch den, auf den das nicht zutraf. Außerdem wollte der Kläger feststellen lassen, dass der Versorger nicht berechtigt gewesen wäre, die damals rechts­widrige Preis­gleit­klausel auf die Entscheidung des KG hin einseitig zu ändern.

Zur Unwirk­samkeit der Preis­gleitung beider Preiskomponenten

Die entschei­dende Frage in diesem Fall war: Handelt es sich bei den Formeln für Bereit­stel­lungs­preis und Arbeits­preis um einen Preis im Sinne des § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV oder mehrere? Der BGH sah im Ergebnis die beiden Formeln als jeweils von einander trennbare Klauseln an, ging also von zwei Regelungen aus, die unabhängig vonein­ander unwirksam oder wirksam sein können. Da nach § 306 Abs. 1 BGB einzelne unwirksame AGB nicht dazu führen, dass der Vertrag im Ganzen unwirksam würde, wurde in dem vom BGH entschie­denen Fall also zwar der Arbeits­preis unwirksam, ein Rückzah­lungs­an­spruch war also in Hinblick auf diese Teilbe­träge gegeben. Aber in Hinblick auf den Bereit­stel­lungs­preis stellte sich der BGH gegen die Position des Klägers: Wenn eine von mehreren Preis­be­stand­teilen § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV entspricht, so kann diese entlang der Preis­formel geändert werden, auch wenn andere Kompo­nenten sich als unwirksam erweisen.

Zur einsei­tigen Anpassung unwirk­samer Klauseln

Weiter bestä­tigte der BGH noch einmal seine Entscheidung vom 26. Januar 2022, nach der der Versorger unwirksame Klauseln auch einseitig anpassen kann. Das Verbot, ohne die Zustimmung des Kunden an die Preis­be­stim­mungen zu gehen, betrifft damit zwar Änderungen wie eine Umstellung der Syste­matik o. ä., aber wenn der Versorger erkennen muss, dass seine alte Klausel nichts taugt, so kann er an dieser nicht für die Zukunft festge­halten werden.

Was bedeutet das?

Im Ergebnis ist die Entscheidung zu begrüßen. Sie schafft ein Plus an Sicherheit für Versorger und Versorgte, wie mit unwirk­samen einzelnen Preis­be­stim­mungen umzugehen ist. Gleich­zeitig bestätigt der Senat, dass ein Versorger an rechts­widrige Klauseln nicht gebunden ist (Miriam Vollmer).