Spätestens, wenn das eigene Auto bei Starkregen in Schlammfluten versinkt, wie dieser Tage in Landshut geschehen, stellt sich die Frage nach den Folgekosten des Klimawandels. Aber dann ist es schon fast zu spät. Ausgerechnet der Verkehrssektor hat bisher gar keinen substantiellen Beitrag zur Einsparung von Treibhausgasen geleistet. Während andere Sektoren nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) zwischen 24 % (Landwirtschaft) und 45 % (Energie) eingespart haben, liegt die Reduktion im Verkehr bis 2019 seit 1990 bei gerade mal zwei Promille. Mit anderen Worte es hat sich praktisch nichts verändert.
Insofern besteht bei Bund und Ländern in diesem Bereich dringender Nachholbedarf. Das wird vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Klimaschutz deutlich. Das BVerfG verlangt nämlich, dass die Lasten der CO2-Reduktion, die Deutschland im Zusammenhang mit dem Pariser Abkommen eingegangen ist, einigermaßen gleichmäßig zwischen den Generationen verteilt werden. Um in dieser Logik zu bleiben, haben die für den Verkehr in Deutschland Verantwortlichen in den letzten Jahrzehnten schlichtweg geprasst. Anstatt bereits jetzt CO2-Emissionen einzusparen, handelt die Verkehrspolitik in Deutschland weiterhin nach dem wenig rationalen und gerechten Motto „gespart wird später“. Denn die Reduktionsziele, im Bereich Verkehr 40 – 42 % bis 2030 werden für den Sektor ja weiterhin für verbindlich gehalten.
Das heißt konkret, dass in weniger als 10 Jahren geschafft werden müsste, was dreißig Jahre lang versäumt wurde. Darauf, dass das kein Selbstläufer ist, hatte das Umweltbundesamt (UBA) bereits im Dezember 2019 hingewiesen. Es bestehe eine Lücke bei den im Jahr zuvor beschlossenen Maßnahmen: Ohne weitere Anstrengungen sei das Klimaziel einer Reduktion auf 95 Mio t CO2-Äquivalente bis 2030 nicht zu erreichen. Zugleich hat das UBA jedoch auch auf Maßnahmen hingewiesen, mit denen die Ziele noch zu erreichen seien, u.a.:
- Vorgaben für mehr Effizienz bei Neufahrzeugen für CO2 für Pkw und Lkw sollen auf Basis realitätsnaher Testzyklen fortgeschrieben werden
- stärkere Förderung von Elektromobilität, etwa durch eine verpflichtende Zulassungsquote
- Ausbau einer nachhaltige Verkehrsinfrastruktur und Umverteilung von Verkehrsflächen (zugunsten ÖPNV, Rad- und Fußverkehr)
- Abbau umweltschädlicher Subventionen wie das Steuer-Privileg für Dieselkraftstoff
- Einführung einer fahrleistungsabhängigen Maut
Konsquent umgesetzt wurde von Seiten des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) bisher keine dieser Forderungen. Immerhin kommt aktuell von den Ländern Druck: So hat am Dienstag die Verkehrsministerkonferenz einstimmig beschlossen, dass für den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs die Regionalisierungsmittel von 2022 bis 2030 jährlich um jeweils zusätzlich 1,5 Milliarden Euro erhöht werden sollen.
Wie auch bereits bei den Vorstoß von Kommunen im Modellversuch Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Städten einzuführen, mauert auch hier Bundesverkehrsminister Scheuer (CSU). Eine Förderung dürfe nicht auf eine massive Verschuldung hinauslaufen, sonst sei sie unverantwortlich. Es wäre nun am BMVI aufzuzeigen, wie ohne die Förderung die Klimaziele eingehalten werden. Denn massive Schulden sind massive Schulden, egal ob die Währung Euro oder CO2-Äquivalente sind. Nur dass bei letzteren noch die Klimafolgekosten und mögliche Strafzahlungen wegen Vertragsverletzung mit einberechnet werden müssen (Olaf Dilling).
Hinterlasse einen Kommentar