Das Arztbewertungsportal Jameda sei mit Urteil vom 20.02.2018 vorm Bundesgerichtshof (BGH) unterlegen, geht durch die Presse. Die klagende Ärztin hätte sich mit datenschutzrechtlichen Argumenten durchgesetzt. Schaut man genauer hin, bietet sich jedoch durchaus ein differenzierteres Bild:
Die klagende Ärztin war unzufrieden, weil auf der Seite von Jameda auch ihre Daten auftauchten und Patienten sie bewerten konnten. Ihre Klage richtete sich also auf Unterlassung. Sie wollte ihre Daten löschen lassen, ebenso die sie betreffenden Bewertungen und auf Jameda gar nicht mehr auftauchen.
Bei diesen Bewertungen verhielt Jameda sich neutral. Ärzte konnten sich also keine guten Bewertungen kaufen. Aber im zweiten Schritt unterschied Jameda dann doch zwischen zahlenden und nicht zahlenden Ärzten: Neben den Profilen von Nichtzahlern wurden Profile zahlender Ärztinnen und Ärzte aus der Umgebung mit Bewertungen und der Angabe, wie weit deren Praxen von der angezeigten Praxis entfernt ist. Überspitzt gesagt: Wenn eine Ärztin oder ein Arzt nicht zahlt, wurden potentielle Patientinnen und Patienten von seiner Praxis weggelockt. So empfand es wohl jedenfalls die Klägerin.
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte im vergangenen Jahr mit Urteil vom 05.01.2017 im Berufungsverfahren die Klage als unbegründet angesehen und sich dabei auf eine Rechtsprechung des BGH aus 2014 berufen (VI ZR 358/13). Danach stellt die Speicherung der personenbezogenen Daten der erfassten Ärzte keine unzulässige Datenspeicherung dar. Ärzte konnten also nicht die Löschung verlangen, weil der BGH gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) kein schutzwürdiges Interesse bejahte. Für Jameda spreche Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Ärzte seien unfairen Bewertungen gegenüber nicht schutzlos, sowieso nur die Sozialsphäre betroffen und ihre Daten ohnehin frei verfügbar.
Diese Rechtsprechung gibt der BGH nunmehr keineswegs auf. Er modifiziert sie lediglich in in Hinblick auf das „Weglocken“ von den Profilen nicht zahlender Ärzte. Dieser Aspekt war im 2014 entschiedenen Fall zwar angesprochen worden, aber erst in der Revision vorm BGH, und damit zu spät, vorgetragen. Hier hat der BGH nunmehr klargestellt, dass Jameda hier gerade nicht neutral Informationen vermittelt. Sondern ihr Werbeangebot betreibt. Werbung zu machen, ist aber nicht genauso schutzwürdig wie die von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Kommunikationsfreiheit. Deswegen tritt bei der Abwägung der Interessen der Klägerin als nicht zahlender Ärztin und dem Portal Jameda deren Interesse zurück. Wenn damit aber kein schutzwürdiges Interesse von Jameda besteht, hat die Ärztin einen Anspruch auf Löschung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG.
In der Praxis wird aber wohl umgekehrt ein Schuh daraus: Ärzte können sich gegen das Bewertungsportal Jameda nach wie vor nur dann wehren, wenn Jameda nicht als neutrale Bewertungsplattform auftritt. Wenn die Patienten von den nicht zahlenden Ärzten also nicht mehr oder weniger weggelockt werden als von den zahlenden Medizinern, müssen diese weiter damit leben, dass ihre personenbezogenen Daten und die Bewertungen im Netz bleiben.
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