Was ist eine kommunale Wärmeplanung?

Wie in einer Gemeinde gebaut werden soll, wird seit jeher durch die Gemeinde geplant. Wo soll sich Gewerbe ansiedeln, wie sollen die Fassaden in der Innen­stadt gestaltet werden, all das steht im Bebau­ungsplan. Für die Wärme­ver­sorgung gibt es bisher solche Planungs­in­stru­mente nur in einigen Bundes­ländern wie Baden-Württemberg oder Schleswig-Holstein.

Schon im Koali­ti­ons­vertrag hat die Bundes­re­gierung sich vorge­nommen, das zu ändern. Denn Öl- und Gashei­zungen müssen mittel­fristig durch neue Infra­struk­turen ersetzt werden. Die Bereit­stellung dieser Infra­struktur ist zumindest teilweise eine öffent­liche Aufgabe, sei es durch den Aufbau oder Ausbau von Wärme­netzen, die Ersetzung von Heizkraft­werken und ‑kesseln durch klima­neu­trale Wärme­er­zeu­gungs­an­lagen, den gezielten Ausbau der Strom­netze, aber eben auch vemeintlich weiche Faktoren wie die Fortbildung des örtlichen Handwerks, ein verbes­serter Zugang zu Energie­be­ra­tungen oder weitere Maßnahmen, die den Übergang zu einer dekar­bo­ni­sierten Wärme­ver­sorgung erleichtern. Eine kommunale Wärme­planung ist also nicht übergriffig oder ein Zeichen dafür, dass die Regierung mehr über Haushalte erfahren möchte, als sie angeht, sondern eine Voraus­setzung für eine erfolg­reiche Wärme­wende. Eine solche kommunale Wärme­planung besteht aus mehreren Teilen bzw. Phasen:

Zunächst wird der Bestand analy­siert, also der Bedarf und Verbrauch von Raumwärme, Warmwasser und evtl. Prozess­wärme. Viele dieser Daten sind vorhanden, aber bisher oft nicht zusam­men­ge­führt. Auf dieser Ebene geht es aber nicht nur um Verbräuche, sondern auch um bestehende und projek­tierte Bebau­ungs­pläne, Versor­gungs­struk­turen, demogra­fische Verän­de­rungen, Erzeu­gungs­an­lagen und mögliche (überrra­schend oft) bisher nicht erschlossene Wärme­quellen aus Abwärme. Wichtig nicht zuletzt: Welche Netze gibt es und welches Potential haben sie, nicht nur für die bestehenden Energie­träger, sondern auch für die Zukunft. Hier etwa relevant: Ist das bestehende Gasnetz imstande Wasser­stoff zu verteilen? Gibt es (z. B. indus­tri­ellen) Bedarf?

Stadt, Stadt, Dorf, Architektur, Häuser

Im zweiten Schritt wird aus dem Ist-Zustand und dem Bedarf eine Zukunfts­pro­jektion entwi­ckelt, also ein Szenario, wie die Wärme­ver­sorgung vor Ort künftig aussehen könnte. Hier wird etwa geprüft, wo sich Wärme­netze anbieten und wie diese dimen­sio­niert sein könnten. Was bietet sich dort an, wo ein Netz unwirt­schaftlich oder unmöglich wäre? Welche erneu­er­baren Energien kann man nutzen, welche Flächen braucht man dafür, wie kommt man an die vorhandene oder erschließbare Abwärme? Kann man das bestehende Gasnetz weiter­nutzen und wenn ja, wie? Nicht zuletzt: Wie lange würde das dauern?

Am Schluss der Planung steht die Definition und der Abgleich mit Zwischen­schritten auf  dem Weg zum Ziel einer klimneu­tralen Wärmver­sorgung. Diese Ziele müssen immer wieder neu betrachtet und natürlich auch mit anderen kommu­nalen Planungen wie etwa der Bauleit­planung abgeglichen werden. Die kommunale Wärme­planung ist also nicht eine einmalige Angele­genheit, sondern beschreibt einen Prozess, in dem immer wieder neu überprüft wird, ob der Plan der Realität standhält.

(Gut verständlich hier ein Praxis­leit­faden vom AGFW und der DVGW)

2023-05-26T22:00:12+02:0026. Mai 2023|Allgemein, Energiepolitik, Wärme|

Agora-Energie­wende stellt Modell der Warmmiete vor

Die Agora-Energie­wende plädiert für ein neues Modell zur Reform der Wärme­ver­sorgung in Mietwoh­nungen. Die Konzeption erfolgte gemeinsam mit der Univer­sität Kassel. Kern des Modells ist die Umstellung des Mietkos­ten­kon­zeptes vom bishe­rigen Prinzip der Kaltmiete, bei der die Wärme­ver­sorgung über die Neben­kosten abgerechnet werden, auf ein Warmmie­ten­modell. Ziel ist es dabei, dem Vermieter einen wirtschaft­lichen Anreiz zur effek­tiven Senkung der Heizkosten zu schaffen. Beim bishe­rigen Modell der Kaltmiete sei das nicht der Fall.
Im Rahmen des präfe­rierten Warmmiet­mo­dells würden Vermieter und Mieter für die Zeit der Heizpe­riode eine vom Vermieter zu gewähr­leis­tende Raumtem­pe­ratur (Referenz­tem­pe­ratur) verein­baren, die vom Mieter mit der Warmmiete abgegolten würde. Maßnahmen zur Effizi­enz­stei­gerung und Verrin­gerung des Heizener­gie­be­darfs würden dann bei gleich­blei­bender Warmmiete dem Vermieter wirtschaftlich zu Gute kommen.
Messtech­nisch wäre dafür eine kalibrierte Messung der Raumtem­pe­ratur erfor­derlich, auf deren Basis bei normalem Heizver­halten ein Referenz­ver­brauch ermittelt wird. Überschrei­tungen des Referenz­ver­brauches würden dann zu einer Nachzahlung des Mieters führen und Unter­schrei­tungen zu einer Rückzahlung vom Vermieter. Das Interesse des Vermieters würde dann darin bestehen, die geschuldete Referenz­tem­pe­ratur möglichst wirtschaftlich, durch kosten­spa­rende Erzeugung oder passende Dämmung zu gewähr­leisten. Durch die Möglichkeit der Rückzahlung bei Unter­schreitung des Referenz­ver­brauches ist aber auch der Mieter daran inter­es­siert den Wärme­bedarf nicht durch verschwen­de­ri­sches Heizen zu erhöhen. Es handelt sich damit bei dem Modell der Warmmiete nicht um eine Art von „Wärme­flatrate“ für den Mieter.
Die Analyse der Agora Energie­wende verweist darauf, dass das Modell zum Teil an ein schwe­di­sches System der Tempe­ra­tur­messung angelehnt sei. In Schweden seien die Kosten für Wärme und Warmwasser üblicher­weise in der Miete enthalten, wodurch der Vermieter anders als beim bishe­rigen deutschen Modell stärker dazu motiviert werde, in Effizi­enz­maß­nahmen zu inves­tieren. (Christian Dümke)

2020-10-15T17:08:59+02:0013. Oktober 2020|Energiepolitik, Wärme|

Fernwärme: Preis­an­passung und Emissionshandel

Die rechts­si­chere Gestaltung von Preis­an­pas­sungs­klauseln in Fernwär­me­ver­trägen wurde in den letzten Jahren zunehmend komplexer. Ausgehend von einer Reihe von Entschei­dungen des Bundes­ge­richtshofs in den Jahren 2011 und 2014 (einen Einblick gibt es hier)  haben viele Fernwär­me­ver­sorger ihre Verträge umgestaltet, müssen aber in den nächsten Jahren weiter am Ball bleiben, um Anpas­sungen der Preise an gestiegene oder auch nur struk­turell verän­derte Kosten wirksam weiter­geben zu können.

Aber warum kann nicht alles bleiben, wie es ist? Ursache des Verän­de­rungs­zwanges ist § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV. Diese Regelung gibt für Preis­an­pas­sungs­klauseln in der Fernwärme das Gebot der Kosten­ori­en­tierung vor. Das bedeutet praktisch: Die Preise müssen sich nicht centgenau, aber doch recht eng an der Kosten­ent­wicklung des konkreten Unter­nehmens halten. Hieraus resul­tiert: Wer Gas verfeuert, darf keinen Heizöl­index verwenden, es sei denn, dieser wäre für seine Kosten­ent­wicklung wegen einer Vorlie­fe­ran­ten­klausel maßgeblich. Wer 50% Kohle einsetzt, darf nicht zu 100% Gas in seine Klausel stellen. Und wessen Kosten in zunehmend wesent­lichem Maße vom Emissi­ons­handel abhängen, darf diese Lasten nicht losgelöst von der tatsäch­lichen Kosten­ent­wicklung weiter­reichen. Dies bedeutet für die spezielle Kosten­po­sition Emissionshandel:

=> Wer die Kosten des Emissi­ons­handels für seine TEHG-Anlage in Form von Zerti­fi­kat­kosten in seine Klausel einstellt, muss wegen der hohen Volati­lität dieses Postens besonders darauf achten, dass die in der Formel berück­sich­tigten Kurse sich nicht komplett von den Ausgaben entfernen, die das Unter­nehmen hat. Vor allem sollten die Zeitpunkte, zu denen gekauft wird, sich nicht völlig von den vertrag­lichen Bezugs­zeit­räumen entfernen.

=> Emissi­ons­handel verur­sacht nicht nur Kosten, sondern Fernwär­me­ver­sorger erhalten auch Zutei­lungen. Diese müssen in der Formel einen nachvoll­zieh­baren Nieder­schlag finden. Problem: Ein okkulter, nur dem Verwender bekannter Abzugs­posten für erhal­tenen Zutei­lungen dürfte dem ebenfalls in § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV hinter­legten Trans­pa­renz­gebot zuwider­laufen. Hier ist eine vernünftige Verweisung nötig!

=> Nicht alle Fernwär­me­mengen sind emissi­ons­han­dels­pflichtig erzeugt worden. Die meisten Versorger haben neben emissi­ons­han­dels­pflich­tigen Anlagen weitere Anlagen, die (bisher) nicht am Emissi­ons­handel teilnehmen, weil sie nicht im Anhang 1 zum TEHg aufge­führt sind. Dies betrifft kleine Anlagen <20 MW FWL oder Anlagen, die gefähr­liche Abfälle oder Siedlungs­ab­fälle verbrennen. Hier ist sorgfältig und begründet eine Aufteilung zu treffen und alle paar Jahre zu überprüfen, denn auch eine recht­mäßige Klausel wird rechts­widrig und damit unwirksam, wenn sich die Verhält­nisse ändern!

=> Ab 2021 erfasst der geplante nationale Emissi­ons­handel auf Grundlage des BEHG (wir erläu­terten) die Brenn­stoff­mengen, die nicht in den ohnehin schon emissi­ons­han­dels­pflich­tigen Anlagen verbrannt werden. Die entste­henden Kosten von 10 – 35 EUR pro t CO2 in den ersten Jahren müssen in die indivi­duelle Klausel sinnvoll einge­stellt werden. Achtung: Es soll wohl teilweise Kompen­sa­tionen geben, mögli­cher­weise gar Zutei­lungen. Wenn das Unter­nehmen weniger ausgibt, kann es natürlich auch nur weniger weiterreichen.

Insgesamt müssen Fernwär­me­er­zeuger heute mehr Vorlauf einplanen als früher. Denn ausgehend von einer Entscheidung des OLG Frankfurt dürfen Fernwär­me­ver­sorger Fernwär­me­lie­fer­ver­träge nicht über Veröf­fent­li­chungen ändern und damit auch Preis­an­pas­sungs­klauseln an neue Umstände anpassen. Sondern brauchen die Unter­schriften der Kunden, was natur­gemäß mehr Zeit in Anspruch nimmt als die schlichte Publi­kation der Neuerungen. (Miriam Vollmer)

Sie möchten sich über Grund­lagen und Neuerungen rund um das Recht der Fernwärme infor­mieren? Wir schulen am 12.11.2019 bei uns im Büro. Infor­ma­tionen, Programm und Anmel­de­for­mular finden Sie hier.

2019-11-04T10:43:42+01:004. November 2019|Emissionshandel, Wärme|