Parkdruck­nachweis in der Bewohnerparkzone

Gerade gestern Abend hatte ein Vertreter der Städte und Gemeinden bei einer verkehrs­po­li­ti­schen Diskus­si­ons­ver­an­staltung das Thema angesprochen: Die Kommunen haben bei der Regelung des Verkehrs kaum Spiel­räume und ihre Bemühungen werden oft genug von Verwal­tungs­ge­richten durch­kreuzt. Daher sei es jetzt dringend nötig, die Straßen­ver­kehrs­ordnung zu refor­mieren und Kommunen mehr Gestal­tungs­spiel­räume einzuräumen.

Heute, wie zum Beweis, kommt eine Entscheidung vom Verwal­tungs­ge­richt Köln, bei dem die Stadt eine Niederlage bei der Ausweisung einer Bewoh­ner­parkzone erhalten hat. Das Gericht hat Pendlern im Eilver­fahren Recht gegeben, die geltend machten, dass der erheb­liche Parkraum­mangel in dem Stadt­viertel, in dem die Parkzone ausge­wiesen worden war, nicht ausrei­chend nachge­wiesen worden sei. Und das ist nach § 45 Abs. 1b Nr. 2a StVO nötig.

Es würde demnach nicht reichen, an einem Tag eine Zählung des ruhenden Verkehrs vorzu­nehmen, sondern das müsse wiederholt geschehen, um einen Mittelwert bilden zu können. Zudem müssen erhoben werden, wie viele private Stell­plätze vorhanden seien. Und es sei auch relevant, wie die Parkplatz­si­tuation am Wochenende aussähe. Das heißt, die Bedarfs­prüfung für die Ausweisung einer Bewoh­ner­parkzone entspricht vom Aufwand schon einer kleinen Doktor­arbeit. Kein Wunder dass viele Städte davor zurück­schrecken. Um so wichtiger wäre es, die Straßen­ver­kehrs­ordnung insofern etwas zu entbü­ro­kra­ti­sieren und auch andere Gründe aufzu­nehmen, die Bewoh­ner­park­zonen und Parkraum­be­wirt­schaftung recht­fer­tigen. (Olaf Dilling)

2022-11-09T23:53:49+01:009. November 2022|Kommentar, Rechtsprechung, Verkehr, Verwaltungsrecht|

Fried­rich­straße: Vorüber­gehend nicht autofrei

Die Fried­rich­straße ist aktuell wieder im Zentrum des öffent­lichen Inter­esses, nachdem das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Berlin ihre aktuelle Teilsperrung für Kfz für rechts­widrig befunden hat. Das führt dazu, dass ein Teil des politi­schen Berlin frohlockt und es schon immer gewusst habe, dass man die Kfz nicht so einfach aus Herzen des Berlins sperren könne. Ein anderer Teil schwankt zwischen Resignation und Empörung, dass im deutschem Verkehrs­recht das Auto einen so hohen Stellenwert hat und die urbane Lebens­qua­lität einen so geringen.

Fußgänger auf einem Gehweg

Beide haben bei genauerer Lektüre dessen, was das Gericht da eigentlich entschieden hat, unrecht: Denn das Gericht hat weder gesagt, dass der Verkehrs­versuch von Anfang an unzulässig gewesen sei, noch dass eine Sperrung rechtlich nicht möglich ist. Rechtlich unzulässig ist lediglich die Sperrung per straßen­ver­kehrs­recht­licher Anordnung über das offizielle Ende des Verkehrs­ver­suchs hinaus. Per straßen­recht­licher Einziehung wäre eine Widmung als Fußgän­gerzone (mit oder ohne Zuläs­sigkeit von Fahrrad­verkehr) durchaus möglich. Denn das deutsche Verkehrs­recht unter­scheidet zwischen der straßen­recht­lichen Widmung von öffent­lichem Raum für den Verkehr (oder andere Zwecke) und der straßen­ver­kehrs­recht­lichen Regelung dieses Verkehrs. Für das Straßen­recht gibt es eine viel breitere Palette an Gründen, auch die städte­bau­liche Entwicklung oder Aspekte wie Aufent­halts­qua­lität können hier eine Rolle spielen. Das Straßen­ver­kehrs­recht ist dagegen weitgehend auf die Bewäl­tigung konkreter Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränkt.

Bis das Verfahren dafür durch ist, dauert es noch eine Weile. Schließlich muss ein Verkehrs­versuch nach seiner Beendigung erst evaluiert werden, bevor er dann auf Dauer gestellt wird. Dass für diese Zeit wieder alle bereits erreichten Verän­de­rungen auf „Null“ zurück­ge­setzt werden, ist eine bedau­er­liche Konse­quenz eines Verkehrs­rechts, das sehr restriktiv gegenüber jeder Verän­derung des Status Quo ist, die nicht mit „verkehrs­be­zo­genen“ Gründen unter­füttert ist.

Eigentlich müsste der Gesetz- und Verord­nungs­geber die StVO nachbessern – der ja in den Koali­ti­ons­ver­hand­lungen bereits mehr Spiel­räume für Länder und Kommunen versprochen hat. Wann das endlich auf den Weg gebracht wird? Wir wissen es auch nicht. (Olaf Dilling)

2022-10-27T11:45:48+02:0026. Oktober 2022|Verkehr|

Tempo 30 aus Lärmschutzgründen?

Lärmge­plagte Anwohner beantragen manchmal eine Tempo-30-Zone aus Lärmschutz­gründen. Dann ist aus Sicht der Kommune die Frage, ob sie zur Einrichtung verpflichtet sein kann. Wenn die Kommune hinsichtlich der Einrichtung offen ist, dann ist außerdem zu klären, ob die Anordnung gerichtsfest begründet werden kann.

Typischer­weise besteht bei hohen Lärmwerten in der Straße nur ein Anspruch auf fehler­freies Ermessen über den Antrag bezüglich der Einrichtung einer Tempo-30-Zone. Zum einen ist dies deshalb der Fall, weil die Einrichtung nur eine von mehreren alter­na­tiven Maßnahmen sein kann, um der Belastung abzuhelfen. Darüber hinaus geht die Recht­spre­chung in der Regel davon aus, dass auf einzelnen Messungen, aus denen Grenz­wert­über­schrei­tungen hervor­gehen, kein Anspruch auf Reduzierung des Straßen­lärms begründet werden kann. Bestätigt wird diese Recht­spre­chung durch ein aktuelles Urteil aus Nordrhein-Westfalen (VG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2022 – 14 K 5164/21).

Schon länger gehen die Verwal­tungs­ge­richte davon aus, dass die Entscheidung über Lärmre­du­zierung eine umfas­sende Abwägung in Einzelfall voraus­setzt, die sich nicht an bestimmten Grenz­werten orien­tiert (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.04.2019 – 7 A 11622/18). Dabei muss die Kommune eine Geschwin­dig­keits­re­du­zierung gut begründen, insbe­sondere die Lärmbe­lastung begut­achten und dokumentieren.

In dem kürzlich vom VG Düsseldorf entschie­denen Fall geht hervor, dass dort, wo bereits Lärmak­ti­ons­planung durch­ge­führt wird, die Belange einzelner Anwohner primär in diese Planung einfließen sollen. Sie können daneben nur sehr einge­schränkt im Wege von Indivi­du­al­an­trägen verfolgt werden. Diese Grund­sätze stärken die Kommunen bei der Lärmak­ti­ons­planung. Das ist sinnvoll, weil ein übergrei­fendes Konzept wegen des Risikos der Verla­gerung von Verkehr durch punktuell geltend gemachte, subjektive Rechte konter­ka­riert werden kann (Olaf Dilling).

2022-04-07T23:36:56+02:007. April 2022|Allgemein, Umwelt, Verkehr|