Informationsfreiheit: Auskunft über vertrauliche Ministergespräche
„Ja, Sackra! Jetzt darf ein Minister noch nicht einmal vertrauliche Gespräche führen“, wird manch einer jetzt vielleicht denken. Und tatsächlich hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg einen entsprechende Beschluss gefällt. Demnach hat ein ZDF-Journalist gegen das Bundesverkehrsministerium (BMVI) einen presserechtlichen Auskunftsanspruch über Gespräche des Ministers. Die Sache dreht sich um ein Treffen des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer mit Daimler-Chef Dieter Zetsche Ende Mai 2018.
Hintergrund war die drohende Verhängung von Ordnungsgeldern in Milliardenhöhe wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen. Der Journalist hatte im BMVI einen mehrseitigen Katalog mit Fragen vorgelegt. Diese Fragen beziehen sich zum einen auf die Inhalte des „vertraulichen“ Gesprächs mit Zetsche selbst, zum anderen auf die Prüfungen im BMVI und im Kraftfahrbundesamt. Insbesondere interessiert den Journalisten, ob sich als Ergebnis der Prüfung ergeben hätte, dass die Verhängung der Ordnungsgelder rechtlich alternativlos sei: Hat es, im Jargon der Verwaltung formuliert, nämlich eine „Ermessensreduzierung auf Null“ gegeben? In der Tat ist dies eine Frage von erheblicher politischer Brisanz. Denn letztendlich wurden nie Ordnungsgelder verhängt.
Nun hat sich die Regierung auf den Schutz ihres „Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung“ berufen. Gemeint ist ein Bereich, in dem die Freiheit und Offenheit der Willensbildung geschützt wird. So dass ein Beamter (oder in diesem Fall eben ein Minister) auch mal etwas sagen darf, was nachher nicht öffentlich auf die Goldwaage gelegt werden sollte. Allerdings hat das OVG dieses Argument verworfen. Denn die Bundesregierung habe dies nicht nachvollziehbar anhand konkreter Umstände des Einzelfalls begründet. Ohnehin ging es letztlich eher um einen Fall, in dem die Willensbildung bereits abgeschlossen gewesen sei.
Umgekehrt musste der Antragsteller, also der Journalist, begründen, warum er bereits im Eilverfahren und nicht erst im Hauptsacheverfahren Auskunft erhalten wolle. Denn grundsätzlich soll die Entscheidung der Klage in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Und Informationen die einmal in der Öffentlichkeit sind, lassen sich nicht mehr verschweigen. Dass das OVG Berlin-Brandenburg dennoch zugunsten des Antragsstellers entschieden hat, ist wegweisend für die Effektivität der Durchsetzung von Informationsansprüchen. Begründet hat das OVG die ausnahmsweise Vorwegnahme der Hauptsache damit, dass bei weiterem Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache der Neuigkeitswert der Informationen nicht mehr gegeben sei. Das finden wir einen sehr plausiblen Grund: Auskunftsansprüche würden in den meisten Fällen in der Tat leer laufen, wenn gewartet werden müsste, bis die Informationen nicht mehr aktuell sind (Olaf Dilling).