OVG Münster erklärt planerische Grundlage für Neubau in Niederaußem für unwirksam
Was für eine Ohrfeige. Die RWE Power AG wollte das bestehende Braunkohlekraftwerk Niederaußem in Bergheim ausbauen. Der vorhandene Bestand ist genehmigungsrechtlich den Anforderungen der ab 2021 geltenden Grenzwerte nicht mehr gewachsen. Deswegen sollten vier ältere Kraftwerksblöcke ersetzt werden.
Doch nicht nur politisch weht dem Plan eine Erweiterung des Kraftwerks der eiskalte Wind ins Gesicht. Mit Datum vom 15.11.2018 hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster auch die planungsrechtlichen Grundlage für unwirksam erklärt.
Bereits 2011 war die erforderliche Änderung des Regionalplans bei der Bezirksregierung Köln beantragt und von dessen Regionalrat beschlossen worden. 2014 beschloss die Stadt Bergheim einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan und eine Änderung des Flächennutzungsplans. Die auf diesen Grundlagen fußenden Antragsunterlagen für das immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren liegen seit 2016 der Bezirksregierung Köln vor.
Das gegen den Bebauungsplan „Anschlussfläche Braunkohlekraftwerk Niederaußem“ flugs geklagt wurde, ist schon fast nicht mehr der Rede wert. Schließlich wurde in den letzten Jahren quasi jedes Kraftwerk Gegenstand von Verwaltungsprozessen. In diesem Fall strengten zwei Anwohner ein Normenkontrollverfahren beim zuständigen OVG Münster an.
Noch liegen die Gründe nicht vor. Das Gericht teilt jedoch bereits jetzt mit, dass das Urteil auf einem ganzen Strauß von Gründen beruht. Der Bebauungsplan sei schon formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen, weil die Öffentlichkeit nur unzureichend darauf hingewiesen worden sei, welche umweltbezogenen Informationen der Stadt vorgelegt hätten. Außerdem sei der Bebauungsplan wegen eines Verstoßes gegen den Regionalplan fehlerhaft. Dieser war zwar gerade deswegen geändert worden, um das, was nicht passte, passend zu machen. Das Gericht stellte allerdings fest, dass diese Änderung des Regionalplans ihrerseits unwirksam war. Im Regionalplan stand nämlich, dass für die Feuerungswärmeleistung am Kraftwerksstandort eine Obergrenze von 9.300 MW festgelegt worden sei. Klimaschutzbezogene Festlegung seien jedoch in Regionalplänen rechtswidrig. Dies begründet das Gericht mit einem Vorrang von BImSchG und TEHG. Damit lebt die Vorgängerfassung des Regionalplans wieder auf. Nach dieser sollte dort, wo RWE die Kraftwerkserweiterung errichten wollte, Ackerland sein. Auf für die Landwirtschaft bestimmten Flächen kann man ein Braunkohlekraftwerk natürlich nicht errichten.
Wie der Hergang ganz genau war und was in den Unterlagen steht, ist uns nicht bekannt. Wir können deswegen nicht abschließend beurteilen, ob die Öffentlichkeitsbeteiligung wirklich viel zu lax gehandhabt wurde. Wenn dem so war, so ist dies sicherlich ein grober Schnitzer. Durchaus nicht selbstverständlich ist allerdings die Position, dass Klimaschutzbelange in Regionalplänen nichts zu suchen hätten. Wir sind also ausgesprochen gespannt auf die Gründe und auf das sich wahrscheinlich anschließende Revisionsverfahren. Den Weg zum Bundesverwaltungsgericht hat – das ist nicht selbstverständlich – das OVG Münster wegen grundsätzlicher Bedeutung immerhin zugelassen.
Aber möglicherweise zieht RWE ja auch gar nicht nach Leipzig zum BVerwG. Dass das Kraftwerk jemals gebaut wird, ist ja angesichts des wohl bevorstehenden Kohleausstiegs nicht so besonders wahrscheinlich.