Das 11. Türchen: Nutzungs­kon­kur­renzen im Wrangelkiez

Ein straßen­ver­kehrs­recht­liches Thema, das uns immer wieder beschäftigt, auch in diesem Jahr, sind Nutzungs­kon­kur­renzen und Vollzugs­de­fizite im urbanen öffent­lichen Raum. Was genau ist damit gemeint? Nun, schlicht gesagt, wird egal, was irgendwann von den Bezirks­ämtern im Straßenraum angeordnet wird, am Ende jeder Zenti­meter ziemlich rücksichtslos zugeparkt. Das betrifft Flächen, die eigentlich für den Liefer­verkehr vorge­sehen sind, genauso wie Straßen, in denen auch Kinder­spiel auf der Verkehrs­fläche erlaubt ist.

Das Bezirksamt Fried­richshain-Kreuzberg hat daher, wie wir schon früher einmal berich­teten, unter anderem im Wrangelkiez in Kreuzberg, temporäre Spiel­straßen einge­richtet. Oft waren diese Spiel­straßen in verkehrs­be­ru­higten Zonen, in denen an sich ohnehin auf der Straße gespielt werden dürfte. Aller­dings ist dies in den verkehrs­be­ru­higten Zonen keine gelebte Realität, da auch hier – oft illegal parkende – Kraft­fahr­zeuge dominieren. Insofern war es nachvoll­ziehbar, dass das Bezirksamt, um das Spielen tatsächlich zu ermög­lichen, für bestimmte Zeiten in der Woche in den betref­fenden Straße ein Verbot für Fahrzeuge aller Art (Zeichen 250 laut Anhang 2 der StVO) ausge­sprochen hat. Nun gab es aber auch da das Problem, dass zu den Zeiten mit Sperrung für Fahrzeuge weiterhin viele parkende Fahrzeuge die Spiel­fläche blockierten unter anderem mit entspre­chenden Haftungsrisiken. 

Kinder beim Hüpfspiel

Das Bezirksamt wollte nun wissen, was zu tun sei, um die Straße für spielende Kinder frei zu bekommen. Wir stellten in einer gutach­ter­lichen Stellung­nahme klar, dass mit dem Verbot für Fahrzeuge aller Art neben dem Einfahr­verbot zugleich auch ein Wegfahr­gebot für parkende Autos einge­schlossen ist. Zur Klarstellung ist es jedoch in diesen Fällen ausnahms­weise auch möglich, zusätzlich ein tempo­räres Halte­verbot anzuordnen, auch wenn solche Doppel­be­schil­de­rungen grund­sätzlich vermieden werden sollten. Dies gilt dann, wenn das Halte­verbot ansonsten nicht nur ausnahms­weise missachtet würde. Als wir neulich an einem Nachmittag in der Wrangel­straße vorbei­kamen, war wieder einmal Spiel­be­trieb und offen­sichtlich hat sich das Problem mit den parkenden Autos inzwi­schen gelöst. Im Übrigen scheint das Ordnungsamt nun nach Auskunft des Bezirksamts einzu­greifen, wenn trotz des Verbotes geparkt wird.

Eine weitere gutach­ter­liche Stellung­nahme haben wir dieses Jahr ebenfalls zum Wrangelkiez zu Parkver­boten und Anordnung von Ladeflächen verfasst. Auch hier ging es im Wesent­lichen um Fragen der Doppel­be­schil­derung sowie um die zusätz­liche Anordnung von Ge- und Verboten in verkehrs­be­ru­higten Zonen.

Das Mandat betreut Rechts­anwalt Dr. Olaf Dilling.

2022-12-15T23:58:09+01:0015. Dezember 2022|Verkehr|

Wirtschafts­verkehr im Berliner Mobilitätsgesetz

Berlin hat vor nunmehr gut vier Jahren das Mobili­täts­gesetz auf den Weg gebracht, durch das Mobilität gesamt­hafter in den Blick genommen werden soll, als das bisher oft im Verkehrs­recht der Fall war. Natürlich kann ein Bundesland mit einem solchen Gesetz nicht die StVO aushebeln, denn das Straßen­ver­kehrs­recht fällt gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG in den Bereich der konkur­rie­renden Gesetz­gebung. Und da der Bund davon Gebrauch gemacht hat, hat er den Hut auf.

Frau in holländischer Geschäftsstraße auf Lastenfahrrad

Aller­dings geht im Verkehrs­recht nicht nur die Regelung des Verkehrs (und das ist Sache des Straßen­ver­kehrs­recht des Bundes), sondern auch um die Gewähr­leistung der Infra­struktur, der Straßen. Das dafür relevante Straßen­recht ist im Wesent­lichen Länder­sache. Hier gibt es auch einige Spiel­räume für die Gestaltung der Verkehrs­po­litik und das Mobili­täts­gesetz hat sich insofern schon für die Förderung des Umwelt­ver­bundes, also des ÖPNV, des Fuß- und Radver­kehrs segens­reich ausge­wirkt, sei es durch Priori­sierung des Ausbaus vom ÖPNV-Streckennetz, von Rad- und Fußwegen als auch durch Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit.

Nun ist es in einem Indus­trieland schwierig, die Wirtschaft ausschließlich durch ÖPNV und nicht­mo­to­ri­sierten Verkehr am Laufen zu halten. Daher sollte als weitere Teil des Mobili­täts­ge­setzes der zum Wirtschafts­verkehr kommen, der auch schon seit mehr als einem Jahr als Referen­ten­entwurf vorliegt. Leider lässt die Verab­schiedung dieses wichtigen Teils auf sich warten. Das ist misslich, da hier große Poten­tiale liegen für eine nachhal­tigere Verkehrs­po­litik. Dazu zählen unter anderem:

#Förderung emissi­ons­armer Fahrzeuge

#Erhaltung und Reakti­vierung von Schienen- und Wasserstraßen

#Vorrang für Liefer- und Ladezonen gegenüber Pkw-Parkplätzen

#Einrichtung lokaler Umschlagplätze.

Mit der pande­mie­be­dingten Zunahme des Versand­handels und dem immer größeren Parkdruck wird es immer schwie­riger den Liefer- und Ladeverkehr flüssig abzuwi­ckeln. Hier könnte das Mobili­täts­gesetz Abhilfe schaffen (Olaf Dilling).

 

2022-10-24T19:02:34+02:0024. Oktober 2022|Verkehr|