Vertrieb: Gekaufte Hotel­be­wer­tungen auf Bewertungsportalen

Würden Sie ein Hotel buchen, das im Internet mit 2,5 von 6 möglichen Sternen in einem verbrei­teten Bewer­tungs­portal ausge­zeichnet wird? Wir würden da auch etwas nachdenklich. Insofern: Gute Bewer­tungen sind viel Geld wert, schlechte Bewer­tungen können ein Hotel ruinieren.

Was liegt da näher als dem Glück etwas nachzu­helfen? Mögli­cher­weise hat schon mancher Anbieter Freunde und Verwandte zu Hymnen über perfekte Matratzen, lukul­lische Frühstücke oder die unüber­troffene Eleganz der Innen­ein­richtung animiert. Aber dort, wie das Landge­richt (LG) München I mit Urteil vom 14.11.2019 – 17 HK O 1734/19, festge­stellt hat, Leute gegen Geld Bewer­tungen schreiben, die das betroffene Hotel nie von Innen gesehen haben, ist rechtlich Schluss.

Das Urteil geht auf eine Klage des Portal­an­bieters zurück. Beklagt war ein Unter­nehmen in Belize. Bei diesem Unter­nehmen konnten Unter­nehmen Bewer­tungen bestellen, die dann entspre­chend vorteilhaft ausfielen. Eine Bewertung kostete 14,90 EUR und wurde von freien Mitar­beitern erstellt.

Dass solche Bewer­tungen irreführend nach § 5 UWG sind, weil sie einen falschen Eindruck erwecken und den Leser zu einer geschäft­lichen Handlung – nämlich der Buchung – motivieren können, die er ohne die Bewertung nicht vollzogen hätte, liegt hier auf der Hand. Entspre­chend wurde das Unter­nehmen verur­teilt, die gekauften Bewer­tungen zu löschen. Weiter wurde es verur­teilt, es künftig zu unter­lassen, für Bewer­tungen zu bezahlen, die von Personen stammen, die nicht in dem Hotel oder dem Ferienhaus genächtigt hatten. Dies immerhin ist bemer­kenswert: Dass Geld fließt und damit vermutlich eine inhalt­liche Verzerrung verbunden ist, scheint entweder das Gericht nicht überzeugt zu haben, oder es war so nie beantragt worden. Außerdem soll das Unter­nehmen der Plattform mitteilen, wer die bezahlten Postings geschrieben hat.

Die diesem Urteil zugrunde liegenden Grund­sätze sind auch in anderen Branchen anwendbar. Das bedeutet nicht nur, dass es verboten ist, Dritte dafür zu bezahlen, sich als Kunden auszu­geben und zum Beispiel den eigenen Kunden­dienst zu preisen. Sondern auch, dass Unter­nehmen, die sichere Anzeichen dafür haben, dass ihre Wettbe­werber sich solcher Praktiken bedienen, dies unter­binden lassen können (Miriam Vollmer).

2019-11-17T23:20:37+01:0017. November 2019|Vertrieb|

KG Berlin: Werbe­kenn­zeichnung bei unbezahlten Links zu Marken

Wann müssen Influencer ihre Posts als Werbung kennzeichnen? Mit dieser bisher höchst­rich­terlich noch ungeklärten Frage hatte sich das Kammer­ge­richt Berlin (KG) am 8. Januar 2019 zu beschäf­tigen. Die Influen­cerin Vreni Frost, eine junge Frau, die auf Instagram Bilder von sich und ihrem Lebensstil publi­ziert, hatte nämlich Berufung gegen die erstin­stanz­liche Entscheidung des Landge­richt Berlins (52 O 101/18) vom 24. Mai 2018 erhoben. Damals hatten die Richter sie sehr weitgehend dazu verur­teilt, Verlin­kungen auf Inter­net­auf­tritte von Produkt­an­bietern als Werbung zu kennzeichnen. Denn es handele sich – so die Richter – um eine irrefüh­rende geschäft­liche Handlung, da der werbliche Charakter ihrer Postings ohne Kennzeichnung verbo­te­ner­weise verschwiegen würde. 

Das KG will nun mehr diffe­ren­zieren und hat die Verur­teilung von Frau Frost in eine von drei Fällen aufge­hoben. Im Grunde bewegt es sich dabei auf aus anderen Medien vertrauten Pfaden: Wenn ein Influencer sich redak­tionell äußert, unter­fällt das nicht den Verboten des UWG. Schließlich liegt dann schon keine Werbung vor. Dabei will das Kammer­ge­richt nicht danach diffe­ren­zieren, worauf sich die redak­tio­nelle Bericht­erstattung bezieht. Wir finden das richtig: Mode ist ebenso ein gesell­schaft­liches Thema wie die Tages­po­litik. Damit kommt es jeweils darauf an, was im Vorder­grund steht: Will jemand seine Follower infor­mieren, oder möchte er den Absatz der Waren eines verlinkten Unter­nehmens fördern?

Was bedeutet das nun für Akteure in sozialen Medien? Klar ist, dass dann, wenn Geld fließt, sich die Frage nach redak­tio­nellen Beitrag oder Werbung schon von vornherein nicht stellt. Es kommt aber (anders als viele glauben) auch nicht darauf an, was der Influencer selbst für subjektive Ziele verfolgt. Wichtig ist, wie sich das Bild für Dritte darstellt.

Das aller­dings hilft vielen Betrof­fenen nicht weiter. In vielen Fällen geht es ja durchaus um beides: Der Betrachter inter­es­siert sich durchaus auch ohne konkrete Kaufab­sichten dafür, was seine „Helden“ tragen. Aber natürlich erhöht der Umstand, dass jemand, den man bewundert, bestimmte Kleider trägt, die Wahrschein­lichkeit, diese auch zu erwerben.

Wir warnen aller­dings davor, sicher­heits­halber nun alles, in dem es überhaupt um verlinkte Marken geht, als Werbung zu kennzeichnen. Denn auch darin kann ja eine Irreführung liegen: Durch die Kennzeichnung erweckt der jeweilige Influencer den Eindruck, er stünde in Geschäfts­be­zie­hungen zu den verlinkten Marken. Das wiederum könnte als Werbung um weitere Auftrag­geber für sein eigenes Online­an­gebot bewertet werden. 

Ein sicheres Patent­rezept gibt es schon wegen dieser Zwick­mühle nicht. Zum einen, weil es bisher keine Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs (BGH) in dieser Sache gibt. Zum anderen, weil die Einschätzung, was ein Durch­schnitts­ver­braucher beim Anblick eines Postings denkt, natur­gemäß von Richter zu Richter deutlich diffe­riert. Mit dieser Einschränkung meinen wir, dass größt­mög­liche Trans­parenz der sicherste Weg sein dürfte: Im Zweifelsfall sollte gekenn­zeichnet werden, dass es sich um Werbung handelt, gleich­zeitig aber auch, dass kein Geld geflossen ist. 

2019-01-28T13:40:07+01:0028. Januar 2019|Wettbewerbsrecht|

Irreführung durch Unternehmensbezeichnung?

Die „DEG Deutsche Energie GmbH“ ist, wie man liest, insolvent, weil der Netzbe­treiber Tennet den Bilanz­kreis­vertrag mit dem Unter­nehmen gekündigt hat, weil wohl seit längerem die EEG-Umlage nicht mehr gezahlt worden sei. Leidtra­gende sind unter anderem die Stadt Erfurt und der Deutsche Bundestag. Zumindest die Haushalts­kunden fallen nun in die Ersatz­ver­sorgung zu Grund­ver­sor­gungs­ta­rifen, alle anderen Kunden müssen sich schleu­nigst um einen anderen Versorger kümmern, weil die Begrenzung des Ersatz­ver­sor­gungs­tarifs auf die Höhe des Grund­ver­sor­gungs­tarifs nach § 38 Abs. 1 S. 3 EnWG nur für Haushalts­kunden gilt.

Uns erinnert diese unerfreu­liche Geschichte an einen Anruf aus dem letzten Jahr. Damals ging es nicht um unbezahlte Rechnungen. Vielmehr wollte ein alter Bekannter von uns wissen, ob ein Unter­nehmen sich eigentlich einfach so „Deutsche Energie“ nennen darf. Um den Anrufer direkt zu zitieren: „Die nehmen den Mund ja ganz schön voll“.

Wir waren damals eher skeptisch. Eine kurze Recherche im Netz ergab, dass das Unter­nehmen damals nur rund 50.000 Kunden versorgte. Auch die Umsätze waren zum damaligen Zeitpunkt überschaubar. Zwar hatte das Unter­nehmen in einigen Ausschrei­bungen Kunden wie den Bundestag oder die Elbphil­har­monie gewinnen können, weil es ausge­sprochen günstige Preise geboten hatte. Aber denkt man bei „Deutsche Energie“ nicht an ein deutlich größeres Unter­nehmen? Vielleicht nicht gerade an ein Unter­nehmen, das Markt­führer ist, aber doch an ein Unter­nehmen, das sich nicht ganz unberech­tigte Hoffnung auf eine solche Position macht?

Auf der anderen Seite: Werbung ist per se selbst­be­wusst. Wann eine Werbung mit einem Unter­neh­mens­namen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG irreführend und deswegen unzulässig ist, ist deswegen nicht immer ganz leicht von den noch erlaubten Fällen abzugrenzen. Der BGH äußert sich zu dieser Frage mit den folgenden Worten (Urt. v. 13.6.2012 – I ZR 228/10 -):

Der Gebrauch einer geschäft­lichen Bezeichnung kann danach irreführend sein, wenn ein Bestandteil der Firmierung geeignet ist, beim Verkehr unzutref­fende Vorstel­lungen über Eigen­schaften des Unter­nehmens hervorzurufen“

Bei uns immerhin hat die Bezeichnung „DEG Deutsche Energie“ unzutref­fende Vorstel­lungen über Eigen­schaften des Unter­nehmens hervor­ge­rufen. Wir gestehen nämlich, wir waren schon etwas überrascht über den tatsäch­liche Unter­neh­mens­zu­schnitt. Gut möglich, dass auch die Kunden, die tatsächlich unter­schrieben haben, von einem Vertrags­schluss abgesehen hätten, wenn der Name des Unter­nehmens nicht eine Bedeutung nahelegen würde, die über ein für die Verhält­nisse des Energie­markts kleines Unter­nehmen deutlich hinausgeht. Auf der anderen Seite ist der Fall wiederum nicht so klar wie bei den in der Energie­wirt­schaft üblichen Fällen der Irreführung, in denen Lügen über Koope­ra­tionen bestehender Unter­nehmen oder gleich über die Person des werbenden Energie­ver­sorgers verbreitet werden. Uns hätte es deswegen durchaus inter­es­siert, wie sich wohl ein Gericht positio­niert hätte, hätte in Wettbe­werber die DEG Deutsche Energie GmbH wegen Irreführung über eine Unter­neh­mens­ei­gen­schaft abgemahnt. Dazu wird es jetzt wohl nicht mehr kommen.

2019-01-04T00:44:27+01:004. Januar 2019|Strom, Wettbewerbsrecht|