Falsch betreiben ist wie nicht betreiben: Zu VG Trier, 9 K 3913/19.TR

Der Zahn der Zeit setzt auch Geneh­mi­gungen zu: Wer seine geneh­migte Anlage drei Jahre nicht betreibt, verliert die Anlagen­ge­neh­migung. So steht es in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG.

Doch wie sieht es aus, wenn eine Anlage zwar genehmigt ist, aber der tatsäch­liche Betrieb nicht der Geneh­migung entspricht? Diese Frage hatte das VG Trier am 4. März 2020 (9 K 3913/19.TR) zu entscheiden.

In der Entscheidung geht es um eine erstmals 1975 mit Planfest­stel­lungs­be­schluss als Abfall­be­hand­lungs­anlage geneh­migte Anlage. Hier durfte Schlamm in fünf Erdbecken zwischen­ge­lagert werden. Aller­dings stellte die Behörde 2018 bei einem Ortstermin fest, dass von Zwischen­la­gerung keine Rede sein kann: Die Schlämme erwiesen sich als dauerhaft deponiert, es war sogar Schilf auf den Ablage­rungen gewachsen.

Das ließ die Behörde sich nicht bieten. Sie erließ eine Still­le­gungs­ver­fügung. Der Betreiber sollte die Anlage räumen. Der berief sich auf die Planfest­stel­lungs­ge­neh­migung, die ihm die Zwischen­la­gerung erlaube und zog vor Gericht.

Das Gericht wies die Klage ab und gab der Behörde recht: Die Anlage sei geneh­mi­gungs­be­dürftig. Der Planfest­stel­lungs­be­schluss ersetze die Immis­si­ons­schutz­ge­neh­migung. Er sei auch weder nichtig, noch zu unbestimmt. Aber er schirme die Anlage der Betrei­berin nicht vor der Still­le­gungs­ver­fügung ab, weil er seit spätestens 2015 erloschen sei: Die Betrei­berin habe die Anlage eben nicht „betrieben“, weil nur der geneh­migte Betrieb als Betreiben im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG gelte. Mit anderen Worten: Betrieb ist nur das, was genehmigt wurde.

Was bedeutet das für die Praxis? Betreiber müssen ihr Geneh­mi­gungs­ma­nagement ernst nehmen. Dass es Anlagen schon lange gibt und dass irgendeine Geneh­migung existiert, reicht nicht. Es muss regel­mäßig geprüft werden, ob sich mögli­cher­weise Änderungen gegenüber dem geneh­migten Betrieb ergeben haben. Liegt dies auch nur annähe­rungs­weise nahe, muss auf die Behörde zugegangen werden, ansonsten droht das Erlöschen der Geneh­migung. Die Anlage müsste dann umfassend neu genehmigt werden (Miriam Vollmer)

2020-11-13T20:07:07+01:0013. November 2020|Immissionsschutzrecht, Umwelt, Verwaltungsrecht|

Die Regis­trie­rungs­pflicht nach der 44. BImSchV

Bislang kannte das Immis­si­ons­schutz­recht in Hinblick auf die verwal­tungs­tech­nische Handhabung nur die Unter­scheidung zwischen geneh­mi­gungs­be­dürf­tigen und nicht geneh­mi­gungs­be­dürf­tigen Anlagen. Neben diese Diffe­ren­zierung tritt künftig eine weitere Kategorie. Denn die neue, im Sommer in Kraft getretene 44. Bundes-Immis­si­ons­schutz­ver­ordnung (44. BImSchV, hierzu schon hier) ordnet in § 6 der 44. BImSchV eine Pflicht zur Regis­trierung unabhängig von der Geneh­mi­gungs­be­dürf­tigkeit an.

Welche Anlagen regis­triert werden müssen, ergibt sich insbe­sondere aus § 1 der 44. BImSchV. Hiernach sind insbe­sondere Anlagen mit einer Feuerungs­wär­me­leistung zwischen 1 und 50 MW Feuerungs­wär­me­leistung erfasst, zudem auch kleinere Anlagen, sofern sie geneh­mi­gungs­be­dürftig sind. Nach § 1 Abs. 2 der 44. BImSchV sind eine ganze Reihe wichtiger Anlagen­typen ausge­nommen, hier lohnt sich deswegen eine sorgfältige Prüfung, ob eine Anlage überhaupt erfasst ist.

Schwierig stellt sich im Einzelfall die Prüfung in kleineren, zersplit­terten Anlagen­si­tua­tionen dar. Hier ergibt sich aus § 4 der 44. BImSchV, dass Anlagen mit mindestens 1 MW Feuerungs­wär­me­leistung zusam­men­ge­fasst werden, wenn sie ihre Abgase über einen gemein­samen Schorn­stein ableiten oder dies zumindest tun könnten. Dies entspricht einer paral­lelen Regelung in der Großfeuerungsanlagenverordnung.

Für neue Anlagen gilt die Regis­trie­rungs­pflicht schon jetzt. Ein Beispiel findet sich etwa für Nordrhein-Westfalen auf der Homepage der zustän­digen Behörde. Betreiber von Bestands­an­lagen müssen bis zum 01.12.2023 ihrer Regis­trie­rungs­pflicht nachkommen. Dies heisst aber nicht, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt untätig bleiben könnten. Gerade dort, wo die Anlagen­si­tuation nicht ganz klar ist, sollte recht­zeitig eine Klärung herbei­ge­führt werden, ob die Anlage der 44. BImSchV unter­fällt, und aus welchen Anlagen­teilen sie sich zusammensetzt.

Dass aus den Daten der Anlagen­be­treiber aggre­gierte Anlagen­re­gister wird online öffentlich sein. Dies muss Betreibern bewusst sein. Doch nicht nur die Präsen­tation der Anlage im Register gegenüber der Öffent­lichkeit wie Nachbarn oder Verbänden zwingt zu einer sorgfäl­tigen Handhabung der neuen Pflichten. Auch die Bußgeld­an­drohung nach § 35 Abs. 2 Nr. 1 der 44. BImSchV ist ernst zu nehmen: Bei vorsätz­licher oder fahrläs­siger Verletzung der Regis­trie­rungs­pflicht droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 EUR.

Dr. Miriam Vollmer hat die 44. BImSchV in knapper Form für den Praktiker für den energate messenger darge­stellt. Einen ausführ­li­cheren Aufsatz von Dilling/Vollmer, der sich insbe­sondere an Juristen richtet, ist in der Immission + Emission 1/2019 erschienen. Wenn Sie prüfen lassen möchten, ob und in welcher Anlagen­kon­stel­lation Ihre Anlagen der 44. BImSchV unter­fallen, melden Sie sich bitte per E‑Mail oder telefo­nisch unter 030 403 643 62 0.

2019-10-21T08:42:12+02:0021. Oktober 2019|Immissionsschutzrecht, Umwelt, Verwaltungsrecht|