Haftung der Kommune für Astbruch

Dass die Eröffnung eines Verkehrs, z.B. durch Einrichtung von Wegen oder Straßen, immer auch Verkehrs­si­che­rungs­pflichten mit sich bringt, ist allgemein bekannt. Eine Gemeinde in Rheinland-Pfalz hat nun feststellen müssen, dass die Einrichtung eines Waldpark­platzes mit beson­deren Risiken verbunden ist, denen durch regel­mäßige Kontrollen auch nur bedingt begegnet werden kann.

Auf dem Parkplatz des Kletter­gartens im Stadtwald war im Juni ein ca. vier Meter langer Ast abgebrochen und hatte an einem darunter parkenden Kfz einen Schaden von über 7.000 Euro verur­sacht. Die Stadt hatte im Januar die Bäume von einem Baumgut­achter prüfen lassen, der ihren Zustand für unbedenklich erklärt hatte. Der Kfz-Halter machte gegenüber der Stadt den Schaden mit der Begründung geltend, dass die Kontrolle im Januar nicht ausge­reicht hätte.

Die Stadt war der Auffassung, dass bei einem Waldpark­platz eine mehr als halbjähr­liche Kontrolle nicht erwartet werden können, außerdem sei nach Forst­recht im Wald die Forst­ver­waltung und damit das Land zuständig. Das Landge­richt (LG) Koblenz hat dem Kläger nach der bisher veröf­fent­lichten Presse­mit­teilung Recht gegeben und den Schadens­ersatz zugesprochen (Urteil vom 15. Februar 2022 – 1 O 72/20). Nach Auffassung eines Gutachters sei vorher zu erkennen gewesen, dass eine Gefährdung durch Astbruch bestehen würde. Nach dem neuen rheinland-pfälzi­schen Forst­gesetz sei die Gemeinde als Waldbe­sitzer und nicht etwa das Land für den Revier­dienst und damit für die Sicherheit verantwortlich.

Das Urteil zeigt, dass von Waldpark­plätzen unkal­ku­lierbare Risiken für die Gemeinde ausgehen können. Dies insbe­sondere deshalb, weil Sturm­war­nungen Menschen von Waldspa­zier­gängen abhalten mögen, aber dass parkende Autos vorsorglich vom Waldpark­platz entfernt werden, ist weniger wahrscheinlich. Ob diese Entscheidung des Landge­richts Koblenz, nach der eine regel­mäßige (halb-)jährliche Begut­achten der Bäume nicht ausreicht, tatsächlich in der Rechts­spre­chung Schule macht, bleibt abzuwarten (Olaf Dilling).

2022-07-19T14:51:44+02:0019. Juli 2022|Rechtsprechung, Verkehr|

Haftungs­recht: Prozesse über Bäume

Wenn jetzt die Winter­stürme über Land ziehen, schauen manche Hausei­gen­tümer recht sorgenvoll in ihre Gärten und die ihrer Nachbarn. Denn so schön große Bäume sind, so groß ist auch ihr Schadens­po­tential. Die Gespräche über Bäume, die ja meist einen fried­vollen, wenn auch etwas weltfremden Beiklang haben: Vor Gericht kommen sie dann doch noch ziemlich zur Sache. Oft stellt sich nämlich die Frage, wer eigentlich haftet, wenn ein großer Ast auf ein Nachbar­ge­bäude, ein Auto oder gar einen Menschen gefallen ist.

Im Wald, darüber hatten wir kürzlich schon mal gebloggt, greift eine Haftungs­be­schränkung des Waldei­gen­tümers gegenüber Erholungs­su­chenden. Jeden­falls sind waldty­pische Gefahren wie Astbruch nach § 14 Abs. 1 Satz 4 Bundes­wald­gesetz regel­mäßig kein Haftungs­grund. Wenn ein Eigen­tümer durch eine Baumschutz­ver­ordnung oder ‑satzung am Fällen oder an der Pflege eines Baumes gehindert ist, dann wird er dadurch zwar nicht vollkommen von Verkehrs­si­che­rungs­pflichten frei. Mit anderen Worten muss er weiterhin darauf achten, wie der Zustand des Baumes ist und sollte regel­mäßige Kontrollen durch­führen lassen, um heraus­zu­finden, ob mögli­cher­weise Pflege­maß­nahmen nötig sind. Aber immerhin haftet er nicht für Fäll- und Pflege­maß­nahmen, die ihm nicht genehmigt wurden. Eventuell kann dann die Natur­schutz­be­hörde aus Amtshaftung heran­ge­zogen werden.

Aber auch sonst haftet der Eigen­tümer nicht in jedem Fall. So gilt bei gesunden Bäumen oder Bäumen, denen die Schäden von außen nicht anzusehen waren, dass Geschä­digte auf ihrem Schaden sitzen bleiben. Selbst bei gesunden Bäumen, die wie Pappeln aus Weichholz bestehen, so dass das Bruch­risiko erhöht ist, hat der Bundes­ge­richtshof entschieden, dass die Gemeinde zwar regel­mäßig sorgfältig kontrol­lieren, aber nicht präventiv sägen muss, um Schadens­fälle zu verhindern. Das mag der Betroffene ungerecht finden, es sorgt aber dafür, dass gesunde Bäume nicht aus Furcht vor dem Haftungs­risiko gefällt werden. Zugleich sorgen die Verkehrs­si­che­rungs­pflichten dafür, dass vermeidbare Schadens­fälle verhindert werden. Um mit dem Bundes­ge­richtshof in einer klassi­schen Entscheidung zum Problem von unerkennbar kranken Stadt­bäumen und Haftung zu sprechen:

Das recht­fertigt aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen, denn der Verkehr muss gewisse Gefahren, die nicht durch mensch­liches Handeln entstehen, sondern auf Gegeben­heiten oder Gewalten der Natur beruhen, als unver­meidbar hinnehmen. Eine schuld­hafte Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht liegt in solchen Fällen nur vor, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen“

Mit anderen Worten, wer seine Bäume regel­mäßig kontrol­lieren lässt, kann relativ guten Mutes in die Winter­saison gehen. Denn wenn Schädi­gungen nach bestem Wissen und Gewissen ausge­schlossen sind, dann ist auch das Haftungs­risiko minimiert (Olaf Dilling).

2019-12-12T20:49:48+01:0012. Dezember 2019|Allgemein, Umwelt|