Lieferkettengesetz EU-weit
Deutsche Unternehmen sind nun gerade mal ein halbes Jahr mit den Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes („kurz“: Lieferkettengesetzes) konfrontiert, da sind bereits Neuerungen in Sicht. Das EU-Parlament hat diese Woche über einen Entwurf beschlossen, der die Anforderungen auf Europäische Ebene hochzonen soll.
Grundsätzlich hat das für deutsche Unternehmen zwei entscheidende Vorteile: Zum einen wird der internationale Wettbewerb zumindest im Europäischen Binnenmarkt dadurch entschärft, dass an Unternehmen aller Mitgliedsstaaten einheitliche Anforderungen gelten. Zum anderen führt eine einheitliche europäische Regelung auch im Verhältnis zu den Zulieferern außerhalb der EU zu einer besseren Position. Denn diese werden dann mit einheitlichen Anforderungen aller europäischen Kunden konfrontiert, so dass sich der Aufwand eher lohnt.
Trotzdem gibt es innerhalb der deutschen Wirtschaft kritische Stimmen: Denn die geplante EU-Richtlinie soll in verschiedener Hinsicht anspruchsvoller sein. Auch der Anwendungsbereich wird gegenüber der deutschen Regelung ausgeweitet: Die Richtlinie betrifft nach aktuellem Stand auch kleinere europäische Unternehmen (ab 250 Beschäftigten / 40 Mio Jahresumsatz weltweit, gegenüber aktuell 3.000 bzw ab 2024 1.000 Beschäftigten im Inland). Auch sollen die Pflichten gegenüber indirekten Zulieferern in der Wertschöpfungskette ausgeweitet werden.
Befürchtet wird, dass als Konsequenz von hohen Menschenrechts- und Umweltstandards außereuropäische Märkte verloren gehen könnten oder gar europäische Unternehmen abwandern könnten. Ob sich diese Befürchtungen bewahrheiten würden, ist fraglich. Auch schon bei früheren Projekten der Umwelt- und Sozialgesetzgebung waren solche Effekte behauptet worden, haben sich aber selten bewahrheitet. Außerdem sollten auch positive Effekte für Unternehmen berücksichtigt werden, die sich bereits jetzt im In- und Ausland Anstrengungen unternehmen, um Sozial- und Umweltstandards zu beachten, bisher aber Wettbewerbsnachteile durch Unternehmen befürchten müssen, die dies nicht tun. (Olaf Dilling)