Gehweg­parken – Dritter Akt

Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig hat nun auch über das Gehweg­parken in Bremen entscheiden. Wir verfolgen den Fall schon länger und hatten darüber berichtet, dass die Kläger, Anwohner von drei Bremer Straßen vor dem Verwal­tungs­ge­richt und dem Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Bremen jeweils recht bekommen hatten. Aller­dings war die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts am weitrei­chendsten gewesen, die Berufung und jetzt die Revision haben das an sich überwiegend von den Klägern gewonnene Urteil wieder etwas zurückgenommen.

In drei wesent­lichen Punkten sind sich die Gerichte jedoch einig. Die Sache, die für Juristen am wenigsten überra­schend ist: Das in Deutschland in vielen Städten übliche und „geduldete“ Parken auf Gehwegen ist überall dort verboten, wo es nicht ausdrücklich durch Verkehrs­schilder oder ‑markie­rungen erlaubt ist. Zweitens wird durch den Verstoß gegen das Verbot auch in die Rechte von Anwohnern einge­griffen, die zu Fuß in ihrer Straße unterwegs sind. Schließlich darf die Verwaltung bei dem massen­haften Rechts­ver­stößen nicht einfach auf Dauer tatenlos zusehen, sondern die Straßen­ver­kehrs­be­hörden sind – neben dem Ordnungsamt und der Polizei – zuständig, geeignete Maßnahmen zur Wieder­her­stellung eines recht­mä­ßigen Zustands und der Funkti­ons­fä­higkeit der Gehwege zu ergreifen.

Trotz dieser Gemein­sam­keiten hat jedes Gericht etwas andere Nuancen gesetzt. Während das Verwal­tungs­ge­richt noch davon ausging, dass die Behörden in den Straßen, in denen der Streit ausge­tragen wird, eingreifen müsse (sog. Ermes­sens­re­duktion auf Null), hat das OVG den Behörden die Priori­sierung und Erarbeitung eines Konzepts überlassen. Das BVerwG hat nun in seiner Entscheidung  die sogenannte Dritt­wirkung des Gehweg­park­verbots einge­schränkt: Im Prinzip sind die Anwohner demnach nur vor ihren Häusern heraus­ge­hoben betroffen (also mehr als die Allge­meinheit). Das BVerwG will diese Dritt­wirkung sogar auf die Straßen­seite vor der Wohnung einschränkt wissen und jeweils nur bis zur nächsten Querstraße.

Richtig überzeugend ist das aus Fußgän­ger­sicht nicht. Denn Menschen, die kein eigenes Auto zur Verfügung haben, sollten mindestens bis zur nächsten Halte­stelle des ÖPNV, zur Carsha­ring­station oder ansonsten zu Einrich­tungen des täglichen Bedarfs, z.B. ein Kiosk, ein Bäcker oder ein Super­markt, laufen können, ohne dass die Funkti­ons­fä­higkeit des Gehweges stark durch parkende Autos beein­trächtigt ist. Nun haben die beiden Seiten des Rechts­streits zwar bisher nicht locker gelassen, aber wir haben noch nicht gehört, dass wegen der falsch parkenden Autos der Weg nach Karlsruhe zum Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt geplant ist. (Olaf Dilling)

2024-06-07T15:31:55+02:007. Juni 2024|Verkehr|

Geldau­tomat als Sondernutzung

Das Verwal­tungs­ge­richt Berlin hatte laut einer aktuellen Presse­mit­teilung über einen Geldau­to­maten im Stadtteil Prenz­lauer Berg zu befinden. Die Entscheidung ist spannend, weil sie einmal mehr einen Nutzungs­kon­flikt im umkämpften urbanen öffent­lichen Raum betrifft und dabei auch für vergleichbare Fälle beispielhaft ist.

Der Automat war auf einer belebten Straße vor Mehrfa­mi­li­en­häusern auf einem eigenen Fundament aufge­stellt worden. Die offenbar einzige recht­liche Grundlage dafür war ein Mietvertrag mit dem Eigen­tümer des Mehrfa­mi­li­en­hauses. Auch wenn es sich um ein Privat­grund­stück handelt, heißt das nicht unbedingt, dass es sich nicht um einen Teil der öffent­lichen Straße handelt.

Insofern wäre aus Sicht des zustän­digen Bezirksamts Pankow eine Sonder­nut­zungs­ge­neh­migung nach § 11 BerlStrG erfor­derlich gewesen. Dies wurde dann auch vom Gericht bestätigt. Denn der Geldau­tomat diene nicht verkehr­lichen, sondern rein gewerb­lichen Zwecken. Er steht auf einer belebten Straße, auf der weitere Nutzungen poten­tiell zu Einschrän­kungen der Funkti­onfä­higkeit des Gehweg führen. Zudem habe der Geldau­tomat die Zugäng­lichkeit bestehender Leitungen verhindert.

Die Entscheidung – und inbesondere deren amtliche Begründung – dürfte nicht nur Geldau­to­ma­ten­auf­steller inter­es­sieren, sondern z.B. auch Aufsteller von E‑Ladesäulen, die ebenfalls zum Teil als straßen­rechtlich geneh­mi­gungs­be­dürftig einge­stuft werden. (Olaf Dilling)

2023-08-23T19:01:42+02:0023. August 2023|Verkehr|

AG Frankfurt: Behin­dernd abgestellter E‑Scooter

Man sollte meinen, dass es Möglich­keiten gibt, gegen behin­dernd auf Gehwegen abgestellte E‑Roller vorzu­gehen. Aller­dings gibt es vom letzten Jahr eine Entscheidung des Amtsge­richts (AG) Frankfurt am Main, die skeptisch stimmt. Ein Betrie­ban­ge­stellter des Straßen­ver­kehrsamts hatte einen elektri­schen Tret-/Stehroller, sog. eScooter, eines der Aufsteller auf dem Gehweg so abgestellt vorge­funden, dass er andere behinderte.

Von zwei unterschiedlichen Aufstellern auf einem öffentlichen Platz behindernd aufgestellte E-Roller.

Die Halterin des eScooters, eine der Aufsteller dieser Fahrzeuge, hatte sich trotz wieder­holter Anhörung nicht zur Identität des Fahrers geäußert. Daher sollten ihr nun die Kosten des Verfahrens nach § 25a Straßen­ver­kehrs­gesetz (StVG) auferlegt werden. Dagegen erhob sie beim AG Frankfurt Einspruch. Das AG entschied, dass es an einem vorwerf­baren Halt- oder Parkverstoß mangele und damit an einer ahndungs­fä­higen Ordnungswidrigkeit.

Begründet wurde dies vom Gericht damit, dass gemäß § 11 Abs. 5 Elektro­kleinst­fahr­zeu­ge­ver­ordnung (eKFV) für das Abstellen von Elektro­kleinst­fahr­zeugen die für Fahrräder geltenden Parkvor­schriften entspre­chend gelten würden. Nun ist von der Rechts­spre­chung anerkannt, dass Fahrräder grund­sätzlich auch auf Gehwegen abgestellt werden dürfen (vgl. VG Braun­schweig, Urteil vom 25.01.2005 – 5 A 216/03).

Das AG Frankfurt stellt in Überein­stimmung mit dieser Rechts­spre­chung klar, dass die Regeln der § 12 Abs. 4 f. StVO nicht für Fahrräder gelten würden. Womit sich das AG in seinem Beschluss jedoch nicht ausein­an­der­setzt ist die Frage, ob nicht zumindest § 1 Abs. 2 StVO auch für Fahrräder und eScooter gelten müsste: Wenn diese Fahrzeuge auf Gehwegen behin­dernd geparkt werden, müsste ein Bußgeld fällig werden. (Olaf Dilling)

2023-02-23T19:02:07+01:0023. Februar 2023|Allgemein, Verkehr|