Auf der Zielge­raden: Die Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchs­er­fas­sungs- und ‑Abrech­nungs­ver­ordnung (FFVAV)

Nächste Woche, am 10. Juni 2021, soll der Wirtschafts­aus­schuss des Bundes­rates die neue Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchs­er­fas­sungs- und Abrech­nungs­ver­ordnung (FFAV) beraten, so dass der Bundesrat am 25. Juni 2021 über die neue FFAV entscheiden könnte. Damit wäre die Bundes­re­publik ihrer Verpflichtung nachge­kommen, die Energie­ef­fi­zi­enz­richt­linie (EED) und die Erneu­erbare-Energien-Richt­linie (RED II) auch endlich im wichtigen Bereich Fernwärme umzusetzen.

Die wohl wichtigste Neuerung: Neue Messein­rich­tungen für Fernwärme müssen ab Erlass fernaus­lesbar sein. Bestehende Messvor­rich­tungen müssen bis zum 31. Dezember 2026 ausge­tauscht oder nachge­rüstet werden. Wo schon fernab­lesbare Geräte instal­liert sind, müssen ab Inkraft­treten der neuen Verordnung zweimal jährlich, ab 2022 monatlich Abrech­nungen oder Verbrauchs­mit­tei­lungen kommu­ni­ziert werden. Weiter müssen die Rechnungen für Fernwärme nach dem Entwurf ähnlich wie bei Strom viel mehr Infor­ma­tionen enthalten. Diese umfassen zB den Energie­träger und die einge­setzten Wärme- oder Kälte­ge­win­nungs­tech­no­logien, die damit verbun­denen Treibhausgasemissionen

Zu bedauern ist, dass der Entwurf sich nicht auf diese notwen­digen und sinnvollen Umset­zungen von EU-Recht beschränkt. Unnötig erscheint die Kodifi­zierung der Begriffe der Fernwärme und Fernkälte, zudem in von der von der Recht­spre­chung deutlich abwei­chenden Form und nicht in der AVBFern­wärmeV, wo der logische Ort für eine solche Definition wäre. Bedau­erlich auch die Strei­chung der § 18 Abs. 1 Satz 3 und 4 AVBFern­wärmeV, da damit keine Mieter­di­rekt­ver­sor­gungen mit Fernwärme mehr möglich sind ohne extrem aufwändige Umrüs­tungen der Messin­fra­struktur in Mietshäusern.

Heizung, Thermostat, Temparaturanzeige, Uhr

Ob die neue Verordnung so durchgeht oder der Bundesrat das Verfahren nun doch noch aufhält? Wir rechnen aktuell zumindest mit einer Umsetzung des nötigen Minimal­in­halts, denn die Richt­linien drängen (Miriam Vollmer).

Wenn Sie mehr wissen wollen:

Dr. Miriam Vollmer und Dr. Christian Dümke infor­mieren am 30. Juni 2021 von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr online. Kosten­beitrag 150 EUR, Anmeldung hier.

 

2021-06-01T22:32:58+02:001. Juni 2021|Energiepolitik, Wärme|

Agora-Energie­wende stellt Modell der Warmmiete vor

Die Agora-Energie­wende plädiert für ein neues Modell zur Reform der Wärme­ver­sorgung in Mietwoh­nungen. Die Konzeption erfolgte gemeinsam mit der Univer­sität Kassel. Kern des Modells ist die Umstellung des Mietkos­ten­kon­zeptes vom bishe­rigen Prinzip der Kaltmiete, bei der die Wärme­ver­sorgung über die Neben­kosten abgerechnet werden, auf ein Warmmie­ten­modell. Ziel ist es dabei, dem Vermieter einen wirtschaft­lichen Anreiz zur effek­tiven Senkung der Heizkosten zu schaffen. Beim bishe­rigen Modell der Kaltmiete sei das nicht der Fall.
Im Rahmen des präfe­rierten Warmmiet­mo­dells würden Vermieter und Mieter für die Zeit der Heizpe­riode eine vom Vermieter zu gewähr­leis­tende Raumtem­pe­ratur (Referenz­tem­pe­ratur) verein­baren, die vom Mieter mit der Warmmiete abgegolten würde. Maßnahmen zur Effizi­enz­stei­gerung und Verrin­gerung des Heizener­gie­be­darfs würden dann bei gleich­blei­bender Warmmiete dem Vermieter wirtschaftlich zu Gute kommen.
Messtech­nisch wäre dafür eine kalibrierte Messung der Raumtem­pe­ratur erfor­derlich, auf deren Basis bei normalem Heizver­halten ein Referenz­ver­brauch ermittelt wird. Überschrei­tungen des Referenz­ver­brauches würden dann zu einer Nachzahlung des Mieters führen und Unter­schrei­tungen zu einer Rückzahlung vom Vermieter. Das Interesse des Vermieters würde dann darin bestehen, die geschuldete Referenz­tem­pe­ratur möglichst wirtschaftlich, durch kosten­spa­rende Erzeugung oder passende Dämmung zu gewähr­leisten. Durch die Möglichkeit der Rückzahlung bei Unter­schreitung des Referenz­ver­brauches ist aber auch der Mieter daran inter­es­siert den Wärme­bedarf nicht durch verschwen­de­ri­sches Heizen zu erhöhen. Es handelt sich damit bei dem Modell der Warmmiete nicht um eine Art von „Wärme­flatrate“ für den Mieter.
Die Analyse der Agora Energie­wende verweist darauf, dass das Modell zum Teil an ein schwe­di­sches System der Tempe­ra­tur­messung angelehnt sei. In Schweden seien die Kosten für Wärme und Warmwasser üblicher­weise in der Miete enthalten, wodurch der Vermieter anders als beim bishe­rigen deutschen Modell stärker dazu motiviert werde, in Effizi­enz­maß­nahmen zu inves­tieren. (Christian Dümke)

2020-10-15T17:08:59+02:0013. Oktober 2020|Energiepolitik, Wärme|

Fernwärme: Wie ändert man einen Wärmeliefervertrag?

Manchmal schaffen es Gerichte auch, dass am Ende eines langen Rechts­streits keiner zufrieden ist. So etwa in Hinblick auf einen Rechts­streit, über den der Bundes­ge­richtshof (BGH) gestern entschieden hat. Kern des Verfahrens war die Frage, ob die beklagten Fernwär­me­ver­sorger die Preis­gleit­klauseln in ihren Fernwär­me­ver­sor­gungs­ver­trägen einseitig durch Veröf­fent­li­chung ändern durften (ausführlich hier). Sie stützten diese – verbreitete – Praxis auf § 4 Abs. 2 AVBFern­wärmeV, der lautet:

Änderungen der allge­meinen Versor­gungs­be­din­gungen werden erst nach öffent­licher Bekanntgabe wirksam.“

Die Verbrau­cher­zen­tralen meinen, dass diese Regelung kein einsei­tiges Änderungs­recht hergibt. Wenn Versor­gungs­be­din­gungen sich ändern, wäre stets eine beidseitige Änderung des Vertrags notwendig. Aller­dings ist dies im Massen­ge­schäft mit Fernwärme ausge­sprochen aufwändig und schwierig. Gleichwohl: Der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­verband (vzbv) mahnte zwei hessische Versorger ab. Diese wehrten sich, unter­lagen aber erst vorm Landge­richt Darmstadt und sodann beim Oberlan­des­ge­richt Frankfurt.

Der BGH hat nun auf die mündliche Verhandlung vom 23.04.2020 die im Streit stehende Rechts­frage nicht beant­wortet. Er hat aber – damit hat der vzbv verloren – entschieden, dass der angeb­liche Verstoß nicht abgemahnt werden konnte, weil er wohl nicht als irreführend anzusehen ist. Die Rechts­frage ist schlicht zu komplex für eine solche Einordnung. Details der Entscheidung werden sicherlich aus den noch nicht vorlie­genden Urteils­gründen hervorgehen.

Was folgt daraus nun für die Praxis? Eine abschlie­ßende Klärung, wie Fernwär­me­lie­fer­ver­träge nach der AVBFern­wärmeV geändert werden, steht weiter aus. Aller­dings gibt es mit den Entschei­dungen aus Frankfurt und Hamburg eine klare Tendenz der Recht­spre­chung gegen einseitige Änderungen von Allge­meinen Versor­gungs­be­din­gungen. Wer als Versorger Rechts­si­cherheit will, muss also den steinigen Weg gehen, an jeden einzelnen Kunden heran­zu­treten (Miriam Vollmer).

 

 

2020-04-24T13:06:08+02:0024. April 2020|Verkehr, Wärme|