Zwischen­bilanz: Was wurde aus der Gaskrise?

Erinnern Sie sich noch an die Angst zu Beginn des Winters, dass Deutschland das Gas ausgehen könnte oder zumindest ratio­niert werden müsste, weil russische Gaslie­fe­rungen ausbleiben und Deutsch­lands Gasspeicher nicht ausrei­chend gefüllt? Was ist daraus geworden?

Am 08. Februar 2023 waren die Gasspeicher noch zu 74,71 Prozent gefüllt. n den Jahren 2021 und 2022 waren die Speicher Mitte Februar deutlich stärker geleert als derzeit. Mit der EnSikuMaV hat der Gesetz­geber einige Regelungen zur Einsparung von Energie erlassen, wie etwa das Verbot private Pools zu heizen oder Räume die nicht dem gewöhn­lichen Aufenthalt von Personen dienen, aber damit sind wir bisher doch sehr gut durch die Krise gekommen. Der Gasver­brauch liegt durch­schnittlich 17 % unter dem Verbrauch der Vorjahre.

Mit der Gaspreis­bremse und der Wärme­preis­bremse hat der Gesetz­geber Markt­ein­griffe vorge­nommen, die vor der Krise noch undenkbar schienen, schützt aber so Letzt­ver­braucher vor übermä­ßigen Preis­explo­sionen. Der bisher milde Winter tut sein Übriges.

Haupt­gas­ver­braucher ist weiterhin die Industrie, mit ungefähr 50 % Anteil am Gesamt­gas­ver­brauch. Das benötigte Erdgas stammt aus Norwegen, den Nieder­landen, Belgien und Frank­reich sowie auch über neue LNG-Terminals an den deutschen Küsten.
Rechtlich stehen die Versorger und die Immobi­li­en­wirt­schaft vor der Aufgabe in kurzer Zeit zahlreiche neue gesetz­liche Vorgaben erfüllen zu müssen, teilweise auf Basis gesetz­licher Regelungen, die doch die eine oder andere Frage offen lassen. Wir als Berater tun unser Bestes, die Branche in dieser Zeit zu unterstützen.

(Christian Dümke)

2023-02-17T02:00:52+01:0017. Februar 2023|Energiepolitik, Gas|

Energie­preise: Was plant die KOM?

Auch wenn diese Woche die Strom- und Gaspreise wieder etwas niedriger notieren: Seit Herbst 2021 haben die Energie­preise eine rapide Entwicklung genommen, die kaum jemand für möglich gehalten hätte. Die Verknapung der russi­schen Erdgas­lie­fe­rungen, der nur zur Hälfte verfügbare franzö­sische Kraft­werkspark und die wegen der Dürre vergleichs­weise geringe Strom­pro­duktion der Wasser­kraft treiben die Preise. Schon 2021 machte sich dies im Großhandel bemerkbar. Aber – vertrags­be­dingt – erst jetzt kommen diese Preise bei den gewerb­lichen und privaten Letzt­ver­brau­chern an.

Die meisten Mitglied­staaten, auch die Bundes­re­publik, haben hierauf bereits reagiert. Nun hat die europäische Ebene im Anschluss an die jährliche Rede zum State of the European Union einen Vorschlag über Notfall­maß­nahmen als Reaktion auf die hohen Energie­preise vorgelegt. Danach will die Kommission auf drei Wegen die Energie­preise in den Griff bekommen.

Abschöpfung von Strom­preisen > 180 EUR/MWh

Die Preis­bildung für Strom wurde in den letzten Wochen wieder viel disku­tiert: Nach dem Merit-Order-Modell beruhen die Großhan­dels­preise für Strom auf dem Kraftwerk, das als letztes angefahren wird, wenn die Strom­erzeuger in der aufstei­genden Reihen­folge ihrer Strom­ge­ste­hungs­kosten anfahren. Da das teuerste noch abgerufene Kraftwerk meistens ein Gaskraftwerk ist, sind die Strom­preise 2022 bedingt durch die Erdgas­preise um ein Vielfaches höher als in den Vorjahren. Was (nicht nur) die Kommission besonders verärgert: Diesen Preis erhält nicht nur das preis­set­zende Kraftwerk, sondern alle Kraft­werke, auch die, die deutlich günstiger erzeugen.

Hier will die Kommission nun Spitzen kappen: Die Erlöse aus dem Verkauf von „infram­ar­gi­nalem“ Strom,z. B. Windkraft, Solar­energie, Geothermie, Kernenergie, Biomasse, Erdöl und Erdöl­er­zeug­nisse, Wasser­kraft, müssen oberhalb einer Grenze von 180 EUR/MWh abgeführt werden. Es gilt also kein Höchst­preis, sondern es wird zu Markt­preisen verkauft und dann an den Staat abgeführt, also eine Art Steuer oberhalb von 180 EUR/MWh in Höhe von 100%. Da auch mit diesen 180 EUR angesichts von Preisen noch 2019 stabil unter 50 EUR/MWh niemand gerechnet haben dürfte, wähnt sich die Kommission auf der juris­tisch sicheren Seite. Das so einge­sam­melte Geld soll dann vom Staat verteilt werden: Letzt­ver­braucher können Kompen­sa­tionen oder Direkt­zah­lungen erhalten, Versorger, die unter Kosten liefern müssen, können unter­stützt werden, es kann auch in Dekar­bo­ni­sie­rungs­stra­tegien inves­tiert werden: Hier haben die Mitglied­staaten Spielräume.

Rettungsring, Lebensretter, Rettung

Abschöpfung von fossilen Übergewinnen

Unter­nehmen, die im Öl‑, Gas‑, Kohle- oder Raffi­ne­rie­be­reich aktiv sind, sollen im laufenden Jahr 33% der Gewinne abführen, die über ihren Durch­schnitts­gewinn in den Jahren 2019 bis 2021 zuzüglich eines Aufschlags von 20% hinaus­gehen. Auch diese neue Steuer soll der Abfederung von Härten dienen, die durch den Preis­an­stieg für Energie entstanden sind.

Senkung von Stromverbräuchen

Die KOM will nicht nur Preis­spitzen abschöpfen, sie will auch gemein­schaftsweit den Strom­ver­brauch besonders dann senken, wenn gerade besonders hohe Nachfrage besteht 5% sollen runter und zwar bevorzugt in den 10% der Stunden, in denen die Last am höchsten ist.

Die Mitglied­staaten haben auch hier Freiräume, wie sie dies erreichen wollen. Die KOM spricht Infor­ma­tionen für Verbraucher an, wie sie in Deutschland bereits in § 9 EnSiKuMaV vorge­schrieben sind. Aber auch markt­ba­sierte Maßnahmen wie Auktionen oder Ausgleichs­leis­tungen für Verbraucher, die bereit sind, ihre Last zu verschieben.

Verzichtet hat die KOM füs Erste auf langfristige und aufwändige Maßnahmen wie den Umbau des Strom­marktes an sich oder auch auf die viel disku­tierten Höchst­preise beim Gaseinkauf. Es soll schnell gehen mit den notwen­digen Entlas­tungen, denn die Heizpe­riode steht vor der Tür (Miriam Vollmer)

2022-09-16T22:34:48+02:0016. September 2022|Energiepolitik, Gas|

Gasmangel, Nordstream 1 und die fehlende Turbine

Der mögli­cher­weise im kommenden Winter drohende Gasmangel ist derzeit ein heiß disku­tiertes Thema in den sozialen Medien. Dort fällt es aller­dings oft schwer, den Überblick zu behalten. Wir haben daher für unsere Leser die aktuelle Nachrich­tenlage gesichtet:

Hat Russland die Gaslie­fe­rungen in Folge der Sanktionen unterbrochen?

Russland selbst behauptet, dass die Unter­bre­chung der Gaslie­fe­rungen nur eine Folge von Repara­tur­ar­beiten und der Wartung einer Gasturbine sei. Hierbei überlagern sich aller­dings zwei verschiedene Sachverhalte.

Einer­seits lag eine komplette Abschaltung der Gaslie­fe­rungen über Nordstream 1 für 10 Tage vor. Russland begründete dies mit langfristig geplanten Repara­tur­ar­beiten. Hier gab es die Befürchtung, dass Russland auch nach Abschluss dieser Arbeiten die Belie­ferung nicht wieder aufnehmen könnte. Diese haben sich jedoch zwischen­zeitlich als unbegründet erwiesen. Das Gas fließt wieder.

Aller­dings nicht in voller Kapazität. Die Pipeline wird derzeit nur zu 40 % ausge­lastet. Russland begründet dies mit der noch immer ausste­henden Lieferung einer Gasturbine aus der Kompres­sor­station Portowaja, die in Kanada gewartet wurde. Der Ausbau zu Wartungs­zwecken erfolgte bereits vor Beginn des Krieges. Ob diese Turbine wirklich ursächlich für die Reduzierung ist, wird jedoch bezweifelt.

Wo befindet sich die Turbine derzeit?

Erstaun­li­cher­weise ist diese Infor­mation über die Presse nicht zu bekommen. Der Streit über die Auslie­ferung zog sich jeden­falls wochenlang hin. Beim Handels­blatt meldete man bereits am 18.07.2022, die Turbine sei auf dem Weg nach Deutschland (von dort muss sie weiter nach Russland) .Beim Tages­spiegel war zu lesen, die Lieferung der Turbine erfolge „schneller als geplant“ aller­dings könne das Wirtschafts­mi­nis­terium über den genauen Aufenthalt der Turbine keine Auskünfte geben da „Sicher­heits­fragen berührt seien.“ Auch die verant­wort­liche Firma Siemens Energy möchte zur Frage, wo sich die Turbine derzeit befindet keine Auskunft erteilen.

Die russische Zeitung „Kommersant“ berichtet dagegen unter Berufung auf mit den Vorgängen vertraute Personen, dass die Turbine repariert und von Kanada am Sonntag per Flugzeug nach Deutschland geliefert worden sei.

Ist die Turbine nur ein Vorwand?

Das behauptet zumindest eine Sprecherin des Wirtschafts­mi­nis­te­riums gegenüber dem Tages­spiegel, denn es handele sich dabei nur um eine Ersatz­turbine. Generell gäbe es bei der vorhan­denen Technik immer Redun­danzen, so dass die Wartung einer Turbine nicht Grund für einen Leistungs­abfall der gesamten Pipeline sein könne. Gazprom hätte Reserv­etur­binen, auf die es zurück­greifen könne.

Entspannt sich jetzt die Lage?

Die Regierung ist weiterhin in Alarm­be­reit­schaft möchte die Energie­si­cherheit durch weitere gesetz­liche Maßnahmen absichern und die Gasspei­cher­stände weiter füllen. Dezeit­liegen diese bei 65 % und sollen bis November auf 95 % ansteigen.(

(Christian Dümke)

 

2022-07-22T00:21:54+02:0022. Juli 2022|Allgemein, Energiepolitik, Gas|