Der geschenkte Erdaushub

Zugegeben gehören Juristen nicht zu den belieb­testen Berufs­gruppen. Jeden­falls rangierten Juris­ten­parties im Studium an Beliebtheit eher in den hinteren Rängen, so irgendwo zusammen mit BWL und jeden­falls weit hinter Kunst­ge­schichte, Philo­sophie oder Naturwissenschaften.

In manchen Fällen wird auch direkt deutlich, woran das liegt. Bei einem abfall­recht­lichen Lehrgang für Betriebs­be­auf­tragte hat uns neulich ein Teilnehmer sein Leid geklagt. Tätig in der Entsor­gungs­branche habe er immer mal wieder Ärger mit der Umwelt­be­hörde. Das sei auch der Grund, warum er nun diesen Lehrgang besuchen müsse. Das sei auf Anordnung erfolgt. Natürlich gäbe es so gut wie nie einen stich­hal­tigen Grund für den Ärger. Es handele sich oft schlicht um Lappalien.

Zum Beispiel war da die Sache mit dem Erdaushub. Ein Kunde hatten einen Container bestellt, weil er im Garten Erdar­beiten zum Bau eines Funda­ments durch­ge­führt hatte. Dabei war ein großer Haufen besten Mutter­bodens übrig geblieben. Nun traf es sich, dass ein anderer Hausei­gen­tümer in der Nachbar­schaft das gegen­teilige Problem hatte. Er brauchte Erde, um ein Beet anzulegen. Was lag näher als zwischen den beiden Kunden zu „makeln“ und den Erdboden nicht auf die Deponie, sondern nur zwei Straßen weiter zu bringen. Nicht gerechnet hatte der Entsor­gungs­un­ter­nehmer mit einem wachsamen Nachbarn.

Der meldete den ganzen Vorgang der Behörde, die wiederum Auskunft über die Herkunft des Bodens und Aufschluss über den Zuord­nungwert der Länder­ar­beit­ge­mein­schaft Abfall (LAGA) verlangte. Denn da der Boden aus einem urban geprägten Gebiet stamme, in dem Altlasten grund­sätzlich nicht ausge­schlossen werden können, sei nur bei einem LAGA Zuord­nungswert von Z0 eine Einbringung in einen anderen Garten unbedenklich. Schweren Herzens musste der Entsor­gungs­un­ter­nehmer den Boden wieder in den Container schaufeln und zur nächsten Deponie fahren. Denn eine Beprobung wäre in diesem Fall zu aufwendig gewesen.

So geht es manchmal. Man will nur nett sein, einem Garten­be­sitzer helfen und die Deponie von wertvollem Boden entlasten und hat dabei doch das Nachsehen. Die Behörde wird sagen, dass das in diesem Fall ja so sein mag, aber schließlich auch Eigen­tümer von Grund­stücken mit Altlasten auf die Idee kommen könnten, die Deckschicht ihre Grund­stückes großzügig an andere zu verschenken. Und dass die poten­ti­ellen Empfänger derar­tiger Zuwen­dungen mit Pferdefuß den Umwelt­ju­risten in deutschen Ämtern dankbar sein sollten. Denkbar ist das natürlich. Ob dieses Argument den Teilnehmer des Lehrgangs überzeugt hat, ist eine andere Frage (Olaf Dilling).

2022-06-30T23:41:12+02:0030. Juni 2022|Umwelt|

Große Fettberge und kleine Partikel

Zum Jahres­beginn machte neben den inzwi­schen fast normalen politi­schen Hiobs­bot­schaften eine etwas unappe­tit­liche Nachricht aus England die Runde: In einem Abwas­ser­kanal nahe der Stadt Sidmouth sei ein Fettberg in ziemlich exakt den Ausmaßen sechs hinter­ein­ander parkender Doppel­de­cker­busse entdeckt worden. Neben diversen Hygie­ne­ar­tikeln bestand das Gebirge vor allem wohl aus erkal­tetem Fett der an der südeng­li­schen Küste weit verbrei­teten Fish&Chips-Imbisse. In einer spontanen Stellung­nahme verneinte eine deutsche Abwas­ser­ex­pertin entspre­chend die Frage, ob es so etwas auch in Deutschland geben könne. Sie machte aller­dings zugleich auf das Problem mit den Feucht­tü­chern aufmerksam, die kaum abbaubar sind und hierzu­lande häufig die Kanali­sation verstopfen.

Auch was die Produkte deutscher Kosme­tik­her­steller angeht, gibt es keinen Grund für Überheb­lichkeit. Denn in Shampoos, Peelings und Cremes sind häufig Dinge, die eigentlich nicht in den Abfluss gehören: Kleine Polymer­par­tikel, die mit bloßem Auge oft kaum sichtbar sind, aber in der Umwelt schäd­liche Wirkungen entfalten können. Obwohl sich Kosme­tik­her­steller in den deutsch­pra­chigen Ländern verpflichtet haben, ab 2014 auf Mikro­plastik in ihren Produkten zu verzichten, wurde dies bisher nur für Peeling­par­tikel aus Polyethylen umgesetzt. Auch als Trübungs­mittel und zur Farbgebung sind Polymere weiterhin im Einsatz. Das Umwelt­bun­desamt fordert daher nach schwe­di­schem Vorbild ein Verbot von Mikro­plastik in Kosme­tik­ar­tikeln, was aber bislang von der großen Koalition abgelehnt wurde.

Auch wenn zur Zeit viel über Mikro­plastik in den Weltmeeren geredet wird, landen viele dieser Partikel, zusammen mit synthe­ti­schen Fasern aus der Wasch­ma­schine, Reifen­abrieb und anderen Schad­stoffen im Klärschlamm. Dies verlagert das Problem aber nur: Nach einer Berechnung der Univer­sität Bern endet ein größerer Teil des Mikro­plastik in Böden. Daran würde auch eine zum Teil gefor­derte 4. Klärstufe zur Reinigung des Abwassers von Mikro­plastik nichts ändern. Aller­dings ist nach einer Verschärfung der Grenz­werte  in der Klärschlamm­ver­ordnung von 2017, die bislang nicht Mikro­plastik betreffen, zu erwarten, dass noch mehr Klärschlamm verbrannt wird. Das bringt aber andere Probleme mit sich: beispiels­weise gehen wertvolle Nährstoffe, insbe­sondere Phosphate, verloren oder müssen aufwendig aus der Klärschlamm­asche extra­hiert werden. Über die Kosten, die zukünftig über die geplante Einbe­ziehung der Klärschlamm­ver­brennung in den Emissi­ons­handel entstehen könnten, hatten wir im letzten Jahr schon berichtet. Alles in allem zeigt sich einmal mehr, dass der Gemein­platz „Vorsorge geht vor Nachsorge“ seine Berech­tigung hat. Es ist besser, Stoffe gar nicht erst in die Kanali­sation geraten zu lassen, die nur mit großem Aufwand wieder aus dem Wasser zu entfernen sind.

 

2019-01-17T10:15:09+01:0017. Januar 2019|Umwelt, Wasser|