Das neue TEHG: Der Referentenentwurf

Die Organe der EU haben Änderungen der Emissi­ons­han­dels­richt­linie beschlossen, nun stehen noch die konkreten Zutei­lungs­regeln aus, und um die erst im Entwurf vorlie­gende Liste der abwan­de­rungs­be­drohten Branchen (CL-Liste) gibt es ein Hauen und Stechen der Verbände. Gleich­zeitig scharren alle Betei­ligten ungeduldig mit den metapho­ri­schen Füßen, denn das Antrags­ver­fahren für die nächste Handel­s­pe­riode des Emissi­ons­handels steht schon bald vor der Tür.

Oh, aber Moment: Haben Sie auch gerade ein Déjà-vu? Ganz genau ist die Lage aber dann doch nicht wie 2011. Denn der Referen­ten­entwurf des Treib­hausgas-Emissi­ons­han­dels­gesetz (TEHG) für die bevor­ste­hende vierte Handel­s­pe­riode weist einige markante Änderungen gegenüber dem aktuellen Rechts­zu­stand auf:

Es gibt keine Zutei­lungs­ver­ordnung mehr. Während es in der ersten und zweiten Handel­s­pe­riode noch richtige deutsche Zutei­lungs­ge­setze gab, reichte in der laufenden Handel­s­pe­riode ja schon eine schnöde Verordnung. Und in Zukunft gibt es nicht mal die mehr: Die Zuteilung richtet sich direkt nach Gemein­schafts­recht. Das neue TEHG sieht deswegen nur noch eine Verord­nungs­er­mäch­tigung als Auffan­ger­mäch­tigung für europa­rechtlich ungere­gelte Punkte vor.

Es gibt keine Härte­fall­klausel mehr. Wer kein Geld hat, um sich Emissi­ons­be­rech­ti­gungen zu kaufen, erhält auch dann keine Extra­portion, wenn ganz besondere Umstände für sein Problem ursächlich sind. Damit reagiert der deutsche Gesetz­geber auf die Recht­spre­chung des EuGH, der in der laufenden Handel­s­pe­riode der Kommission recht gab, die den Deutschen die im derzeit noch geltenden TEHG eigentlich noch angeord­neten Härte­fall­zu­tei­lungen verbot.

Bisher mussten Zerti­fikate einer Handel­s­pe­riode in solche der nächsten Handel­s­pe­riode umgetauscht werden. In Zukunft gilt das nicht mehr, sie gelten einfach weiter. Es steht zu hoffen, dass sich damit auch die Recht­spre­chung erledigt, nach der unerfüllte Zutei­lungs­an­sprüche ersatzlos erlöschen, wenn im laufenden Prozess die Handel­s­pe­riode endet.

Die Konto­füh­rungs­ge­bühren für Emissi­ons­be­rech­ti­gungen steigen.

Für den bisher nicht ausdrücklich geregelten Insol­venzfall werden die Rechte und Pflichten des Insol­venz­ver­walters festgeschrieben.

Für die Kleine­mit­tenten gibt es noch keine abschlie­ßende Regelung, hier enthält der Entwurf einen Platz­halter. Sinnvoll wäre eine Anhebung des Schwel­len­werts für kleine, oft kaum emittie­rende Anlagen gewesen, leider bleiben diese Anlagen weiter im Emissionshandelssystem.

Das neue TEHG enthält zudem Regelungs­brücken ins Gemein­schafts­recht für den Luftverkehr, nachdem die EU sich 2016 mit der Inter­na­tio­nalen Zivil­luft­fahrt­or­ga­ni­sation (ICAO) auf einen Mecha­nismus geeinigt hat, bei dem im Wesent­lichen ein Ausgleich bei Emissionen statt­finden soll, die über den Status 2020 hinausgehen.

Diese durchaus überschau­baren Regelungen sollen nun schnell ins Bundes­ge­setz­blatt. Doch wirklich aufregend ist all das nicht. Die wirkliche Musik spielt in Brüssel. Die Branchen warten also gespannt auf die Zutei­lungs­regeln, vor allem auf die konkreten Bench­marks, und die endgültige CL-Liste. Erst dann ist es für die Unter­nehmen abschließend absehbar, wie ihre Zuteilung aussehen wird.

2018-07-15T21:59:20+02:0015. Juli 2018|Allgemein, Emissionshandel|

Emissi­ons­handel: Die nächsten Schritte auf dem Weg in die 4. HP

2021 beginnt die nächste Handel­s­pe­riode des Emissi­ons­handels. Inzwi­schen gibt es Neure­ge­lungen der Emissi­ons­han­dels­richt­linie (EHRL), die verhindern sollen, dass in der nächsten Handel­s­pe­riode erneut so viele Zerti­fikate im Umlauf sind, dass die Anlagen­be­treiber wenig Anreiz haben, ihre Anlagen auf emissi­ons­ärmere Brenn­stoffe umzustellen oder effizi­enter zu werden. Da es künftig mit der Markt­sta­bi­li­täts­re­serve und den Regelungen zur Löschung von Zerti­fi­katen begleitend zu Klima­schutz­maß­nahmen Mecha­nismen geben wird, um Überschüsse abschöpfen zu können, ist man derzeit optimis­tisch, dass der Emissi­ons­handel doch noch eine Erfolgs­story wird.

Die vorläufige CL-Liste

Doch wie geht es nun konkret weiter? Seit einigen Tagen ist immerhin eine vorläufige CL-Liste auf dem Tisch. Diese Liste enthält die Branchen, die eine zu 100% kostenlose Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen erhalten sollen, um ihnen im inter­na­tio­nalen Wettbewerb nicht zu schaden. Entgegen eines verbrei­teten Vorur­teils bedeutet das nicht, dass diese Unter­nehmen gar keine Lasten und entspre­chend auch keine Emissi­ons­min­de­rungs­an­reize haben. Denn die 100% kostenlose Zuteilung bezieht sich nicht etwa auf den Bedarf der jeweils konkreten Anlage. Sondern auf den fiktiven Bedarf einer ganz besonders modernen Anlage. Mit anderen Worten: Wer nicht so modern ist, wie es möglich wäre, muss trotzdem kaufen.

Ursprünglich wollte die Europäische Kommission den Kreis der privi­le­gierten Unter­nehmen deutlich verkleinern. In der laufenden Handel­s­pe­riode sind 153 Branchen als abwan­de­rungs­be­droht und deswegen privi­le­giert anerkannt. Künftig sollen nur noch 44 auf diese Weise privi­le­giert werden. Eine Reihe weiterer Branchen hat nun drei Monate Zeit darzu­legen, dass sie ebenfalls als abwan­de­rungs­be­droht anerkannt werden können.

Doch auf den zweiten Blick erscheint die vorläufige CL-Liste deutlich weniger ambitio­niert als geplant. Die großen Branchen scheinen alle vollzählig versammelt zu sein. Einige haben es sogar nun neu auf die Liste geschafft, zB die früher nur teilweise erfassten Indus­triegase. Entspre­chend ist anzunehmen, dass auch künftig die meisten Indus­trie­un­ter­nehmen als abwan­de­rungs­be­droht gelten werden. Damit aber stellt sich die Frage, ob der Puffer von 3%, der im Budget verhindern soll, dass es wieder zu einem umstrit­tenen sektor­über­grei­fenden Korrek­tur­faktor (CSCF) kommt, ausreichen wird. Mögli­cher­weise gilt auch hier das alte Sprichwort vom langen Leben der Totge­sagten, und auch künftig unter­liegen Zutei­lungen einer Kürzung, damit die Anwendung der Zutei­lungs­regeln nicht dazu führt, dass das Budget gesprengt wird.

Zum Zeitplan

Bisher war der Gesetz­geber immer spät dran. Auch in Zukunft wird sich daran wohl nichts ändern. Zwar sollen noch im Sommer die Zutei­lungs­regeln im Entwurf veröf­fent­licht werden und sich eine Konsul­tation anschließen. Parallel tragen, wie erwähnt, einige Branchen noch einmal vor, um aufgrund quali­ta­tiver Kriterien doch noch auf die CL-Liste zu gelangen. Für den Oktober ist ein Kommis­si­ons­be­schluss über die Zutei­lungs­regeln und die dann endgültige CL-Liste auf EU-Ebene geplant. Im Dezember sollen dann nach einer Prüfung durch Rat und Parlament die Spiel­regeln der Zuteilung stehen.

Die Daten­er­hebung für das Antrags­ver­fahren soll dann im Frühling 2019 statt­finden. Die Entscheidung über die Bench­marks, für die ein Minde­rungspfad zwischen 0,2% und 1,6% jährlich vorge­sehen ist, soll erst 2020 fallen. Im Jahre 2021 wird es dann erst Entschei­dungen über die NIMs-Liste geben, ohne die die Mitglied­staaten nicht zuteilen können. Das bedeutet: Schon jetzt scheint festzu­stehen, dass auch zu Beginn der  nächsten Handel­s­pe­riode noch keine Bescheide und erst recht keine Ausschüt­tungen vorge­nommen werden können. Es wird also selbst dann alles recht knapp, wenn es von heute an keine Pannen gibt, niemand noch einmal grund­sätz­liche Fragen stellt und vor allem die Bench­mark­fest­setzung und die Endfassung der CL-Liste reibungslos verläuft. Wie realis­tisch das ist, mag jeder selbst beurteilen.

2018-05-14T23:56:25+02:0015. Mai 2018|Emissionshandel|