Solar­dächer im B‑Plan

Angesichts steigernder Energie­preise und drohender Gasknappheit fragen sich manche Menschen, ob sie weiterhin mit Gas heizen sollen. So auch eine verwitwete Verwandte, deren Heizung „fällig“ ist. Eine Energie­be­ra­terin hat ihr eine Wärme­pumpe in Kombi­nation mit einer Solar­anlage auf dem Dach empfohlen. Das bietet sich aufgrund der relativ großen Dachfläche an, die nach Süden ausge­richtet ist. Nachdem ein alter, morscher Eschenbaum weichen musste, gibt es auch keine Verschat­tungs­problem mehr.

Dach mit Solarzellen im Sonnenuntergang

Leider hat das Bauamt einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn der Bebau­ungsplan in diesem Teil der Klein­stadt verbietet Solar­dächer, wenn sie von der Erschlie­ßungs­straße sichtbar wären. Grund­sätzlich kann so ein Verbot zwar legal sein. Das ist dann der Fall, wenn Belange zum Schutz des Landschafts- bzw. Ortsbilds im Spiel sind und die Inter­essen der Grund­stücks­ei­gen­tümer überwiegen. So richtig in die Zeit passt die Festlegung dennoch nicht. Denn wie sollen die Klima­ziele einge­halten werden, wenn erneu­erbare Energien aufgrund unter­schied­lichster Bedenken, seien sie ökolo­gi­scher oder ästhe­ti­scher Natur verboten werden?

An sich haben Gemeinden bei der klima­freund­lichen Gestaltung von B‑Plänen große Spiel­räume, wenn der politische Wille da ist. Sie können sogar für Neubau­ge­biete festsetzen, dass Solar­an­lagen auf den Dächern (z.B. auf 50 % der nutzbaren Dachfläche) einge­plant werden müssen. Dies ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 23 b) BauGB. Voraus­setzung dafür ist, dass die örtlichen Bedin­gungen, wie Ausrichtung der Dächer und Verschattung eine wirtschaft­liche Nutzung von Solar­energie ermög­lichen. Zudem muss sich die Festsetzung an den in § 1 Abs. 6 BauGB festge­legten Zielen der Bauleit­planung orien­tieren. In Frage kommt dafür mehrere der dort genannten Ziele, neben den offen­sicht­lichen wie Förderung erneu­er­barer Energien (Nr. 7 f) oder Klima­schutz (Nr. 7 a) aktuell auch die Sicher­stellung der Versor­gungs­si­cherheit (Nr. 8 e). Wichtig ist es jedoch, die Festsetzung im Bebau­ungsplan entspre­chend zu begründen (Olaf Dilling).

2022-04-21T22:44:40+02:0021. April 2022|Erneuerbare Energien|

Kohle braucht halt länger: LG Essen weist RWE-Klage zu Datteln ab

Ob ein riesiger Stein­kohle-Monoblock überhaupt noch in die Erzeu­gungs­land­schaft passt, war auch vor 15 Jahren schon sehr umstritten. Aller­dings – und das sprach unbestritten für den Bronto­saurier – sollte Datteln IV es E.ON (heute Uniper) ermög­lichen, ältere, noch emissi­ons­in­ten­sivere Kraft­werke abzuschalten. Irgendwo muss der Strom ja herkommen.

Doch von Anfang an stand das Kraftwerk unter keinem guten Stern. Statt wie geplant 2011 in Betrieb zu gehen, hob das OVG Münster mit Entscheidung aus 2009 (Az.: 10 D 121/07.NE)die plane­rische Grundlage der damals in Bau befind­lichen Anlage auf. Die Anlage stand weder an der richtigen Stelle, noch war sie mit den Vorgaben des Landes­ent­wick­lungs­plans (LEP) vereinbar, außerdem waren der Kühlturm wohl zu hoch und weder der Störfall noch die Belange des Natur- und Landschafts­schutzes ausrei­chend berück­sichtigt worden. Das OVG Münster eröffnete der E.ON noch nicht einmal die Revision, was das BVerwG auch noch bestä­tigte (BVerwG 4 BN 66.09).

Noch im selben Jahr stoppte das OVG Münster die Bauar­beiten, indem es die aufschie­bende Wirkung der Klagen gegen zwei (wenn auch nicht drei) Teilge­neh­mi­gungen feststellte (8 B 1342/09. AK, 8 B 1343/09.AK, 8 B 1344/09.AK). Im Sommer 2012 fiel – wieder vorm OVG Münster – der Vorbe­scheid (8 D 38/08.AK), und auch gegen diese Entscheidung gab es keine Revision. E.ON wollte ungefähr zeitgleich zumindest die Geneh­migung für die Vorgän­ger­anlage behalten und widerrief deswegen eine Verzichts­er­klärung hinsichtlich der Altge­neh­migung für die Vorgän­ger­anlage. Aber auch damit schei­terte das Unter­nehmen vorm OVG Münster (8 D 47/11.AK).

Doch schließlich kamen – vermeintlich – bessere Zeiten für das Kraftwerk in NRW. Mithilfe eines Zielab­wei­chungs­ver­fahrens konnte doch 2014 eine wirksame plane­rische und geneh­mi­gungs­recht­liche  Grundlage für das Kraftwerk geschaffen werden. Die Klage einer benach­barten Gemeinde gegen die Zielab­wei­chungs­ent­scheidung schei­terte 2016 vorm VG Gelsen­kirchen (9 K 4438/14).

Doch auch heute – sieben Jahre nach der geplanten Inbetrieb­nahme – fließt kein Strom. Erst kürzlich musste die Betrei­berin mitteilen, dass der Dampf­erzeuger schadhaft ist und die Inbetrieb­nahme wohl erst frühestens Ende 2018 statt­finden kann. Es könne nicht alles „auf Anhieb klappen“, ließ die Unter­neh­mens­spre­cherin verlaut­baren. Kein Wunder, dass angesichts der jahre­langen Verzö­ge­rungen auch der Strom­kunde RWE kein Interesse mehr an der Anlage hatte. RWE versuchte 2016, den Bezugs­vertrag über rund ein Drittel der Strom­pro­duktion der Anlage zu kündigen. Ein weiterer Grund war der gegenüber der Preis­ver­ein­ba­rungen im Vertrag deutlich nach unten abwei­chende heutige Strompreis.

Doch Uniper nahm die Kündigung nicht hin und zog per Feststel­lungs­klage vors LG Essen (3 O 28/2017). Dieses entschied nun : Mitge­fangen, mitge­gangen, mitge­hangen. Die Kündigung des RWE ist unwirksam, der Bezugs­vertrag bleibt. In diesem Zusam­menhang sind mündliche Äußerungen des Gerichts inter­essant: Die Verzö­ge­rungen seien zwar untypisch lang. Mit Blick auf Umwelt­aspekte sei aber auch eine solche Verzö­gerung noch einzu­rechnen. Jahre­lange Klagen mit wie hier sieben­jäh­rigen Verzö­ge­rungen sind also in der Energiewelt die neue Norma­lität, auf die sich Unter­nehmen einzu­stellen haben.

Nun liegt es nahe, dass das Liefer­ver­hältnis zwischen Uniper und RWE nach dem diese Woche verkün­deten Deal sich ohnehin ganz anders gestalten wird, als bei Vertrags­schluss absehbar. Ob es eine Klärung dieser neuen Norma­lität in einer neuen Instanz geben wird, wird deswegen erst die Zukunft zeigen.

2018-03-14T10:46:47+01:0014. März 2018|Allgemein, Strom|