Achtung, die AVBFern­wärmeV wird (ein bisschen) abweichungsfest

Für die Versorgung mit Fernwärme gilt mit der AVBFern­wärmeV ein gerade für das schnel­lebige Energie­recht erstaunlich beständige Norm: Seit Inkraft­treten im Jahre 1980 hat sie sich im Wesent­lichen so erhalten wie ursprünglich erlassen. Erst 2021 kam es zu mehr als nur kosme­ti­schen Änderungen. Nun aber will das Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium tiefer in die Verordnung eingreifen. Zu den Änderungen, die nun neu in die AVB implan­tiert werden sollen, gehört auch erstmals eine Diffe­ren­zierung nach Kunden­gruppen. Bisher kennt die AVBFern­wärme nämlich nur nicht erfasste Indus­trie­kunden und alle anderen, für die sie unter­schiedslos gilt, wenn die sonstigen Bedin­gungen vorliegen. Das ist künftig anders, auch im Zusam­menhang mit der wichtigen Abwei­chungs­re­gelung in § 1 Abs. 3 AVBFern­wärmeV.

Bislang ist es hier so: Man darf von den Regelungen der AVBFern­wärmeV in den §§ 2 bis 34 abweichen, wenn der Versorger neben dem Vertrag, mit dem abgewichen werden soll, auch einen AVBFern­wärmeV-konformen Vertrag vorlegt. Künftig soll das in dieser Form nur noch bei Kunden möglich sein, die keine Verbraucher sind, also vor allem Gewer­be­kunden. Gegenüber Verbrau­chern ist unter diesen Bedin­gungen die Abwei­chung vom AVBFern­wärmeV-Standard nur noch möglich, wenn die Abwei­chung nicht zum Nachteil des Kunden ausschlägt, was den heute üblichen Verträgen entge­gen­stehen würde, die oft einen günsti­geren Preis einräumen gegen Übernahme von mehr oder anderen Pflichten als in der AVBFern­wärmeV vorgesehen.

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Sofern diese Regelung also in dieser Form in Kraft tritt, müssen Versorger ihr Vertrags­ma­nagement anpassen. Dies gilt auch und insbe­sondere für Contrac­ting­ver­träge, die der AVBFern­wärmeV unter­fallen. Zwar sind und bleiben Indivi­du­al­ver­träge weiterhin möglich, wenn Klauseln eben nicht für eine Vielzahl von Verträgen vorfor­mu­liert sind, wie § 1 Abs. 1 AVBFern­wärmeV dies verlangt. Doch wie aus dem Kontext des rechts Allge­meiner Geschäfts­be­din­gungen bekannt ist: Das sind seltene Fälle. (Miriam Vollmer)

 

2022-10-14T20:09:39+02:0014. Oktober 2022|Vertrieb, Wärme|

Die Fernwärme wird schnelllebiger

Im Windschatten dieses fordernden Jahres wird auch die AVBFern­wärmeV geändert. Neben der viel disku­tierten Änderung des Rechts auf Reduzierung der Anschluss­leistung (bereits hier) ist eine andere Änderung im Vorschlag des BMWK inter­essant: Die Änderung der Laufzeiten.

Bisher sieht es folgen­der­maßen aus: Der aktuelle § 32 AVBFern­wärmeV erlaubt zehnjährige Laufzeiten, die sich, kündigt niemand, jeweils um fünf Jahre verlängern.

In Zukunft soll das anders aussehen: Die zehnjäh­rigen Vertrags­lauf­zeiten soll es nur noch nach Herstellung von Hausanschlüssen oder bei wesent­licher Erhöhung der verein­barten Fernwärmeleistung geben. Später dürfen nur noch fünfjährige Verträge abgeschlossen werden. Bei der fünfjäh­rigen Verlän­gerung soll es jeweils nur noch bleiben, wenn kein Verbraucher Vertrags­partner ist, dieser soll jeweils nur zwei Jahre gebunden werden. 

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Für den Verbraucher ist das auf den ersten Blick recht günstig. Möchte er umsteigen, muss er nicht so lange warten. Doch es ist absehbar, dass Fernwär­me­be­treiber bundesweit in den nächsten Jahren ihre Netze und Erzeu­gungs­an­lagen erheblich umbauen müssen. Hohe Inves­ti­tionen sind zu refinan­zieren. Insofern steht hier der berech­tigte Belang nach Verbrau­cher­schutz gegen den ebenfalls berech­tigten Belang einer schnellen klima­freund­lichen Umrüstung der Wärme­wirt­schaft. Ob es in dieser Lage besser gewesen wäre, verkürzte Laufzeiten an quali­tative Kriterien zu knüpfen, ist eine letztlich politische Frage. Klar ist aber: Künftig wird auch das Fernwär­me­ge­schäft schnell­le­biger, wenn der Entwurf so kommt (Miriam Vollmer).

2022-08-26T23:58:26+02:0026. August 2022|Energiepolitik, Wärme|

Die Anschluss­leistung im Entwurf der AVBFernwärmeV

Oft, wenn auch nicht immer, besteht die Vergütung des Fernwär­me­ver­sorgers aus zwei selbstän­digen Preis­be­stand­teilen: Dem Arbeits­preis, der die bezogene Wärme vergütet. Und dem Leistungs­preis, der sich auf die Anschluss­leistung bezieht, also das Maß an Wärme­ka­pa­zität, die der Versorger für den Kunden bereitstellt.

Bis zur Neufassung der AVBFern­wärmeV im Oktober 2021 blieb es nach dem damaligen § 3 AVBFern­wärmeV während der gesamte Laufzeit eines Fernwär­me­lie­fer­ver­trags bei der verein­barten Anschluss­leistung. Ausnahmen gab es, wenn ein Kunde den Fernwär­me­bedarf reduzieren wollte, weil er auf regene­rative Energie­träger umsteigen wollte. Ansonsten galt: Vertrag ist Vertrag.

Seit 2021 ist die Anschluss­leistung variabel. Sie kann einmal pro Jahr bis zu 50% verringert werden. Eine Begründung ist dafür nicht erfor­derlich. Für Versorger ist dies natürlich ein Problem: Wie viel Leistung insgesamt abgesi­chert werden muss, steht so nicht fest, was angesichts der hohen und langfris­tigen Inves­ti­tionen riskant sein kann.

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Mit einem neuen Regelungs­vor­schlag im aktuellen Entwurf der AVBFern­wärmeV versucht das Minis­terium nun einen Spagat. Nach Gutdünken soll der Kunde die Anschluss­leistung nicht ändern können. Aber er soll auch nicht für hohe Anschluss­leis­tungen zahlen, wenn er diese wegen energe­ti­scher Sanie­rungen längst nicht mehr braucht. Gegenüber der Fassung bis 2021 ebenfalls neu aufge­nommen werden soll auch ein Anpas­sungs­recht im Anschluss- und Benut­zungs­zwang bei überdi­men­sio­nierten Anschluss­leis­tungen (Miriam Vollmer).

2022-07-28T01:38:33+02:0028. Juli 2022|Energiepolitik, Wärme|