Der deutsche Atomaus­stieg – Ein weltweiter Sonderweg?

Die ganze Welt setzt auf Atomkraft, nur Deutschland nicht“ oder „Alle unsere Nachbarn setzten auf Atomkraft, Deutschland geht einen Sonderweg“ – das sind Sätze die man in Diskus­sionen über den Deutschen Atomaus­stieg regel­mäßig so oder so ähnlich zu hören bekommt. Aber stimmt das eigentlich?

Betrachtet man die weltweite Situation, dann ist festzu­stellen, dass weltweit 32 Staaten Atomkraft­werke betreiben. Bei insgesamt 195 Staaten ist das eine Quote von 16,41 Prozent. Eine Mehrheit ist das nicht. Und auch in den Ländern die auf Atomkraft setzten, spielt diese Art der Strom­erzeugung nicht in jedem Fall die Haupt­rolle. In China werden nur zum Beispiel 5 % des Stroms aus Atomkraft erzeugt. Betrachtet man die weltweite Strom­menge, dann hat Kernkraft daran einen Anteil von rund 10 %.  Die meisten AKW stehen in den USA.

Und unsere Nachbarn? Hier muss man zuerst fragen, wer genau damit gemeint ist. Nur Länder die direkt an Deutschland angrenzen oder Europa insgesamt? Von unseren direkten Nachbarn betreiben 6 von 9 Ländern Atomkraft­werke. In der gesamten EU setzen 12 von 27 Ländern auf Atomkraft.

Aber der Ausstieg aus einem bereits bestehenden Atomkraft­werks­be­trieb ist doch zumindest eine deutsche Beson­derheit?  Mitnichten. Vor Deutschland sind bereits Italien, Norwegen und Öster­reich aus der Atomkraft ausge­stiegen. Spanien steigt nach derzei­tiger Planung bis 2035 aus. Der Öster­reiche Atomaus­stieg weist die Beson­derheit aus, dass Öster­reich sein einziges AKW zwar fertig gebaut, dann aber nie in Betrieb genommen hat. Man kann also unter formalen Gesichts­punkten streiten, ob Öster­reich jemals richtig einge­stiegen war.

Insgesamt werden derzeit weltweit 411 Reaktoren betrieben. Die höchste Zahl stammt aus dem Jahr 2005 mit damals 440 Anlagen.

(Christian Dümke)

2024-02-02T13:47:32+01:002. Februar 2024|Allgemein|

Olkiluoto 3: Probleme im Testbe­trieb des neuen finni­schen AKW

Finnland setzt weiterhin auf Atomkraft. Zu diesem Zweck hatte das Land mit Olkiluoto 3 einen neuen Reaktor fertig­ge­stellt. Es handelt sich um das neueste Kernkraftwerk in Europa und anders als das franzö­sische Neubau­projekt Flaman­ville und und das britische Hinkley Point C schafften es die Finnen auch, das Bauprojekt tatsächlich fertig­zu­stellen – wenn auch mit erheb­licher Verzö­gerung, denn die zunächst geplante Inbetrieb­nahme sollte schon 2009 erfolgen. Baubeginn war immerhin August 2005 und die Baukosten stiegen von ursprünglich veran­schlagten 3 Milli­arden Euro auf über 9 Milli­arden Euro.

Aber jetzt läuft das neue AKW – oder doch nicht? Bei genauer Betrachtung befindet es sich weiterhin nur im sog. Probe­be­trieb. Denn nach dem ersten Testbe­trieb unter Volllast im Herbst 2022 waren alle vier Speise­was­ser­pumpen des Reaktors beschädigt. Es gab Risse an den Laufrädern. Diese sollen nun zunächst durch neue robustere Modelle ersetzt werden.

Weitere geplante Tests mussten daher zunächst verschoben werden. Am 05. Januar 2022 musste die finnische Netzge­sell­schaft Fingrid ihren Fehlertest in der Nähe des Kernkraft­werks Olkiluoto 3 wegen unvor­her­ge­se­hener Erkennt­nisse unter­brechen. Laut Fingrids Presse­mit­teilung war der Zweck des geplanten Beinahe-Miss-Tests, einen kurzzei­tigen Kurzschluss in der Nähe des Kernkraft­werks zu erzeugen, der dazu dienen sollte, die Spannung auf die gleiche Weise wie beispiels­weise ein Blitzschlag.

Der Beginn des regulären Betriebes ist nun auf März 2023 verschoben worden. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Termin gehalten werden kann oder sich noch weitere technische Probleme im Testbe­trieb des neuen Kraft­werks zweigen.

(Christian Dümke)

2023-01-06T18:27:54+01:006. Januar 2023|Energiewende weltweit|

Der Schweizer Atomaus­stieg auf Raten

 

Wie ist es eigentlich um die Kernkraft in der Schweiz bestellt? Wir haben mal nachgeschaut.

Die Schweiz betreibt derzeit insgesamt noch 4 Kernkraft­werke. Ein weiteres Kernkraftwerk wurde 2019 still­gelegt (Kernkraftwerk Mühleberg). Der Beitrag der Kernenergie im Schweizer Gesamt­strommix beträgt ca. 35 %. Die Kernkraft­werke gehören zu 82 % dem der öffent­lichen Hand, denn die Schweizer Kantone halten entspre­chende Anteile.

In der Schweiz sind Volks­ab­stim­mungen als demokra­ti­sches Element sehr populär und so gab es seit 1957 und 2016 insgesamt 9 Volks­ab­stim­mungen über das Thema Atomkraft. Die letzte Abstimmung hierzu erfolgte am 21. Mai 2017 über die Schweizer „Energie­stra­tegie 2050“, die mit 58,2 % Ja-Stimmen angenommen wurde.

Die „Energie­stra­tegie 2050“ beinhaltet ein Verbot des Bau von neuen Atomkraft­werken. Da die bestehenden AKW nicht unbegrenzt weiter­be­trieben werden können, bedeutet dies einen Atomaus­stieg auf Raten. Aller­dings gibt es für die vier bestehenden Atomkraft­werke keine gesetz­liche Laufzeit­be­schränkung wie etwa in Deutschland. Sie dürfen rechtlich weiter betrieben werden, solange die gesetz­lichen Sicher­heits­an­for­de­rungen erfüllt sind. Dabei ist das älteste Schweizer Kernkraftwerk Beznau 1 schon bereits seit 53 Jahren im Betrieb. Schweizer Atomkraft­werke zählen damit zu den ältesten der Welt. Kritiker melden deswegen immer wieder Sicher­heits­be­denken an.

(Christian Dümke)

2022-05-31T19:20:04+02:0031. Mai 2022|Energiewende weltweit|