Das siebte Sektor­gut­achten Energie der Monopol­kom­mission: Was steht drin?

Vor wenigen Tagen hat die Monopol­kom­mission ihr Siebtes Sektor­gut­achten Energie veröf­fent­licht. Die Forde­rungen der Monopol­kom­mission sind insbe­sondere in Hinblick auf das am selben Tage vorge­stellte Klima­paket von einiger Brisanz.

Ähnlich wie das Klima­ka­binett meint auch die Monopol­kom­mission, dass Elektro­mo­bi­lität ein wichtiges Thema darstellt und ausgebaut werden sollte. Aller­dings sieht die Monopol­kom­mission ein Problem bei der Anbie­ter­kon­zen­tration. Regional hätten die größten Betreiber von Ladesäulen oft mehr als 50 % Markt­anteil, so dass Kunden nicht zwischen verschie­denen Angeboten wählen könnten. Hier sieht die Monopol­kom­mission das Problem poten­tiell hoher und damit den Ausbau behin­dernder Preise für Ladestrom.

Diese Kritik ist aller­dings nur sehr zum Teil nachvoll­ziehbar. Augen­blicklich dürfte kaum jemand mit Ladesäulen überhaupt Geld verdienen. Außer den regio­nalen Anbietern dürfte sich kaum jemand finden, der trotzdem diese Dienst­leistung anbietet. Jede Form von Regulierung zu Gunsten von mehr Anbietern führt mit hoher Wahrschein­lichkeit eher dazu, dass es in der Fläche am Ende gar keine Anbieter gibt, so dass die Elektro­mo­bi­lität behindert statt gestärkt wird.

Besonders kritisch mutet das Gutachten in Hinblick auf Windkraft­an­lagen an. Die Monopol­kom­mission weist auf den erschre­ckenden Umstand hin, dass bei den Ausschrei­bungen von Windkraft­ka­pa­zi­täten zuletzt so wenig Gebote einge­reicht worden, dass die ausge­schrie­benen Mengen nicht erreicht worden sind. Die Monopol­kom­mission benennt als Ursache für diese (auch die Verbraucher in Form einer erhöhten EEG-Umlage belas­tenden) Entwicklung fehlende Flächen und Geneh­mi­gungen für Windkraftanlagen.

Das Klima­paket ist nun nicht geeignet, diese Bedenken auszu­räumen. Denn statt die Bedin­gungen für mehr Windkraft­an­lagen zu schaffen, hat das Klima­ka­binett eine pauschale Abstands­re­gelung vorge­sehen und zudem den aus Unter­neh­mens­sicht ausge­sprochen schwie­rigen bayeri­schen Weg der 10H-Regelung für die Zukunft bestätigt. Mit mehr Flächen ist schon damit nicht zu rechnen.

Die Monopol­kom­mission schlägt vor, notfalls die Ausschrei­bungs­mengen zu verringern. Im Hinblick auf eine Verbes­serung des Wettbe­werbs wäre dies sicherlich denkbar, das Ziel von 65 % Erneu­erbare im Jahr 2030 würde so aber konter­ka­riert. Ohne zumindest diese Zieler­rei­chung ist die Einhaltung der europäi­schen CO2-Minde­rungs­pflichten der Bundes­re­publik aber so gut wie ausgeschlossen.

Einen Dritten Punkt hebt das Sektor­gut­achten hervor: Die Preis­auf­sicht im Strom­groß­handel bedürfe einer Nachsteuerung. Die Verknappung der flexiblen Erzeu­gungs­ka­pa­zi­täten in den nächsten Jahren steigere das Risiko, dass einzelne Erzeuger durch bewusste Kapazi­täts­zu­rück­haltung die Strom­preise steigern. Hier wünscht sich die Monopol­kom­mission mehr Kontroll­mög­lich­keiten durch das Bundes­kar­tellamt und schlägt eine Anpassung des Entwurfs eines Leitfadens für die Anwen­dungs­praxis der Missbrauchs­auf­sicht vor.

2019-09-24T19:35:48+02:0024. September 2019|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom, Wettbewerbsrecht|

Die deakti­vierte facebook-Fanpage

Facebook-Fanpages, mit denen Unter­nehmen werben, sind daten­schutz­rechtlich immer noch ein Problem. Wir hatten bereits mehrfach über die Gründe berichtet. Vor ein paar Tagen hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) der Geschichte noch eine weitere Wendung hinzu­gefügt. Es ging darum, ob Daten­schutz­be­hörden den Betrieb einer facebook-Fanseite gegenüber dem bewor­benen Unter­nehmen unter­sagen können.

Aber zunächst noch einmal eine kurze Rekapi­tu­lation: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Sommer 2018 entschieden, dass nicht nur facebook, sondern auch der Nutzer von sogenannten facebook-Fanpages für das Sammeln und Verar­beiten der Daten verant­wortlich ist. Dabei waren diese Fanpages bei vielen Unter­nehmen, gerade auch Stadt­werken, so beliebt, weil sie relativ günstige und wenig aufwendige Möglich­keiten für Werbung bieten. Aller­dings besteht das Geschäfts­modell von facebook bekanntlich im Sammeln von Daten. Und das funktio­niert mit den Fanpages sehr gut. Nicht nur hinsichtlich der facebook-Nutzer, die in die Daten­schutz­richt­linien dieses social media- Konzerns einge­willigt hatten. Vielmehr sammelt facebook mit Hilfe von Cookies auch die Daten belie­biger Benutzer, die die Seite aufrufen und stellt sie unter anderem den Unter­nehmen zur Verfügung. Das war dem EuGH natürlich ein Dorn im Auge.

Nachdem die Sache vom EuGH entschieden worden war, ging sie wieder an das BVerwG zurück, das sie dem Gericht in Straßburg vorgelegt hatte. Das BVerwG musste nun darüber entscheiden ging, ob eine Daten­schutz­be­hörde, im konkreten Fall die schleswig-holstei­nische Daten­auf­sicht, anordnen kann, dass der Betreiber des von Facebook unter­hal­tenen Unter­neh­mens­auf­tritts die Fanseite abschalten muss. Beanstandet wird von der Recht­spre­chung nämlich weiterhin, dass die Nutzer der Seiten nicht über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung der Daten infor­miert werden. Außerdem würden sie nicht über ihr Wider­spruchs­recht gegen die Erstellung eines Nutzungs­profils zu Werbe- und Markt­for­schungs­zwecken unterrichtet.
Die Klägerin, das betrof­fenen Unter­nehmen, hat vor diesem Hinter­grund argumen­tiert, dass sich die Daten­schutz­be­hörden doch an facebook wenden sollten. Dagegen hat das BVerwG nun – unter Zurück­ver­weisung an das vorle­gende Oberver­wal­tungs­ge­richt Schleswig – zugunsten der Behörde entschieden. Auch eine Anordnung gegenüber dem Unter­nehmen kann rechtens sein, wenn die Durch­setzung des europäi­schen Daten­schutz­rechts gegenüber facebook zu aufwendig ist.
2019-09-23T20:20:55+02:0023. September 2019|Datenschutz, Digitales, Vertrieb, Wettbewerbsrecht|

Achtung, SEPA

Am 5. September 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Entscheidung gefällt, die vielen Unter­nehmen Anlass geben sollte, einmal genau in ihre Formulare zu schauen: Das Lastschrift­ver­fahren ist danach nur dann zulässig, wenn es nicht nur Kunden mit Sitz im Inland, sondern allen europäi­schen Kunden ermög­licht wird (C‑28/18). 

Was war passiert? Die Deutsche Bahn AG – also ein privat­wirt­schaft­liches Unter­nehmen – bot auf ihrer Homepage mehrere Möglich­keiten an, Bahnti­ckets zu bezahlen. Eine dieser Möglich­keiten bestand im Lastschrift­ver­fahren. Diese Möglichkeit konnte aber nicht jeder nutzen, der eine Bahnfahr­karte kaufen wollte. Hatte der Kunde keinen Wohnsitz in Deutschland, musste er einen anderen Zahlungsweg wählen, z. B. die Zahlung per Kredit­karte und Sofortüberweisung.

Dies missfiel einem öster­rei­chi­schen Verbrau­cher­verband, der die Bahn in Wien auf Unter­lassung verklagte. Der Verband obsiegte in erster Instanz, unterlag in zweiter, und in der obersten Instanz wurde der Rechts­streit beim EuGH vorgelegt. Der Oberste Gerichtshof wollte wissen:

Ist Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 260/2012 dahin auszu­legen, dass dem Zahlungs­emp­fänger verboten wird, die Zahlung im SEPA-Lastschrift­ver­fahren vom Wohnsitz des Zahlers in dem Mitglied­staat abhängig zu machen, in dem auch der Zahlungs­emp­fänger seinen (Wohn‑)Sitz hat, wenn die Zahlung auch auf andere Art wie zum Beispiel mit Kredit­karte zugelassen wird?“

Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 260/2012 lautet:

Ein Zahlungs­emp­fänger, der eine Überweisung annimmt oder eine Lastschrift verwendet, um Geldbe­träge von einem Zahler einzu­ziehen, der Inhaber eines Zahlungs­kontos innerhalb der Union ist, gibt nicht vor, in welchem Mitglied­staat dieses Zahlungs­konto zu führen ist, sofern das Zahlungs­konto gemäß Artikel 3 erreichbar ist.“

Inter­essant: Der Wortlaut verbietet es nicht, die Zahlung per SEPA-Mandat von einem deutschen Wohnsitz abhängig zu machen. Das Gericht legt seiner weiten Inter­pre­tation zugrunde, dass Auslands­konten norma­ler­weise auch von Personen gehalten werden, die im Ausland wohnen. Jeder Europäer soll die Möglichkeit haben, nur ein Konto zu unter­halten und alle Lastschrift­mandate über dieses Konto abzuwi­ckeln. Dies hatte so schon der General­anwalt in seinem Schluss­plä­doyer so vertreten.

Was folgt daraus nun für die Praxis? Klauseln, die gegen Verbots­ge­setze verstoßen, sind nichtig. Um ein solches dürfte es sich auch hier handeln. Es könnte deswegen also auch z. B. ein Spanier die Zahlung über sein spani­sches Konto im Wege des Lastschrift­einzugs verlangen, ohne dass ein Unter­nehmen darauf verweisen könnte, dass es diesen Zahlungsweg nur in Deutschland anbietet. Abgesehen von solchen Fällen ist es aber auch alles andere als ausge­schlossen, dass Unter­nehmen, die weiterhin nur Personen, die in Deutschland wohnen, Lastschrift­zah­lungen anbieten, deswegen abgemahnt werden, etwa wegen eines Wettbe­werbs­vor­teils gegenüber anderen Unter­nehmen, die die erhöhten Kosten europa­weiter Bonitäts­örü­fungen nicht scheuen.

2019-09-05T21:35:24+02:005. September 2019|Vertrieb, Wettbewerbsrecht|