Der Einjahrs­markt: Vom BEHG zum ETS II

Derzeit ist der nationale Emissi­ons­handel für Gebäude und Verkehr ja eher so eine Art Attrappe: Es werden bekanntlich keine Markt­preise gebildet, statt dessen hat der Gesetz­geber Festpreise festgelegt. Anders als in einem echten Markt sind die Zerti­fikate auch nicht begrenzt.

Das soll sich aber künftig ändern. 2026 soll erstmals innerhalb eines Preis­kor­ridors versteigert werden, 2027 soll es dann einen richtigen Markt geben, § 10 Abs. 1 und 2 BEHG.

Aber halt stop: War da nicht was? Ist nicht ab 2027 für genau diese  Sektoren Gebäude und Verkehr ein ETS II geplant? In dem ab 2027 die Zerti­fikate europaweit vermarktet werden sollen, und zwar ohne echte Obergrenze, sondern statt dessen mit ein paar spärlichen Steue­rungs­mög­lich­keiten durch die Kommission? Welchen Sinn ergibt es dann, 2026 einen rein deutschen Markt zu instal­lieren, aus dem dann praktisch alle Teilnehmer im Folgejahr wieder ausscheiden? Da lohnt sich ja nicht mal die IT? Ist es angesichts dessen nicht sinnvoll, den § 10 Abs. 1 und 2 BEHG dahin­gehend abzuändern, dass das Festpreis­ver­fahren fortge­schrieben wird, um dann direkt in das EU-System zu münden? Das hat doch bestimmt die Bundes­re­gierung in ihrem Gesetz­ge­bungs­vor­schlag genau so bedacht?

Ups. Nein. Hat sie nicht. Tja. Da sollte man wohl mal noch einmal überlegen, wie man mit dem Jahr 2026 umgeht. Und zwar einiger­maßen zügig, wenn möglich (Miriam Vollmer).

2024-10-25T20:40:17+02:0025. Oktober 2024|Emissionshandel|

Achtung: Doppel­be­richt­erstattung im ETS II/BEHG

Im Jahr 2027, so heißt es überall, wird der ETS II den bishe­rigen natio­nalen Emissi­ons­handel nach dem Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­gesetz (BEHG) ablösen. Technisch gesehen ist das aber nicht ganz richtig. Zum einen gibt es eine Reihe von Emissionen, die vom ETS II nicht erfasst werden, so dass die Bundes­re­gierung abwartet, ob die Europäische Kommission das Opti-In dieser Emissionen in den ETS II genehmigt. Zum anderen geht dem Jahr 2027 eine Phase voraus, in der der ETS II noch nicht zu Abgabe­pflichten führt, aber bereits die Bericht­erstat­tungs­pflicht gilt.

Beginn für die Bericht­erstattung ist das laufende Jahr. 2025 muss also ein Emissi­ons­be­richt im ETS II für die Brenn­stoff­emis­sionen des Jahres 2024 einge­reicht werden. Für diesen gilt noch keine Verifi­zie­rungs­pflicht, aber wenn das neue Treib­haus­gas­emis­si­ons­han­dels­gesetz (TEHG) so, wie derzeit geplant, in Kraft tritt, ist es eine Ordnungs­wid­rigkeit, keinen Emissi­ons­be­richt abzugeben.

Für diesen Emissi­ons­be­richt gelten bereits die neuen Abgabe­fristen, die sich aus der geänderten Emissi­ons­han­dels­richt­linie ergeben, die derzeit im neuen Treib­hausgas-Emissi­ons­han­dels­gesetz umgesetzt wird. Grundlage wird auch ein neuer Überwa­chungsplan sein, der mit einem Ebenen­konzept komplexer sein wird, als es heute im BEHG der Fall ist.

Was vielen nicht klar ist: BEHG und neues TEHG inklusive ETS II werden in den nächsten Jahren für Inver­kehr­bringer vo Brenn- und Treib­stoffen parallel gelten. Es sind also zwei Emissi­ons­be­richte für die Jahre 2024 und 2025 abzugeben, jeweils mit Bußgeld bewehrt! Betroffene sollten, sofern das TEHG mit dieser etwas unprak­ti­schen Verpflichtung zum doppelten Bericht also inklusive beider Abgabe­termine  – 30.04. und 31.07. – im Auge behalten, sonst droht Ärger (Miriam Vollmer).

2024-10-04T16:21:42+02:004. Oktober 2024|Emissionshandel|

Betrug mit Klima­schutz­pro­jekten in der Ölbranche

Kennen Sie noch die Geschichte mit den Potem­ki­schen Dörfern? Fürst Potjomkin habe Aufbau­erfolge als Gouverneur zum Besuch der Zarin durch bemalte Kulissen vorge­täuscht, um vor ihr besser dazustehen. Im Juni 2024 wurde bekannt, dass es in China wohl großan­gelegt gefälschte Projekte zur CO2-Minderung, sogenannte Upstream-Emissions-Reduk­tions-Projekte (UER) gibt. Die Auswertung von Satel­li­ten­bildern brachte wohl den Stein ins Rollen. Doch geht es hierbei nicht um den guten Eindruck, wie bei Fürst Potjomkin, sondern um Milli­arden und die Glaub­wür­digkeit eines wichtigen Instru­ments des Klima­schutzes. Das Umwelt­bun­desamt (UBA), das diese Projekte zerti­fi­ziert hat, zieht nun die Notbremse, wie heute in einer Presse­mit­teilung verkündet wurde. Fehler­hafte Zerti­fikate in Höhe von rund 215.000 Tonnen CO2 gelangen nicht in den Markt.

Mit Upstream-Emissions-Reduk­tions-Projekten haben Ölkon­zerne laut einem Bericht des BMUV seit 2018 die Möglichkeit, die gesetz­lichen Klima­schutz­ziele im Verkehrs­sektor zu erreichen. Die meisten dieser Projekte zielen darauf, den CO2-Ausstoß bei der Ölför­derung zu reduzieren, indem dabei anfal­lende Begleitgase nicht mehr abgefa­ckelt, sondern durch Umbau der Anlage ander­weitig genutzt werden. Für die so einge­sparten Emissionen erhalten die Unter­nehmen UER-Zerti­fikate, die sie einsetzen können, um die THG-Quote zu erfüllen.

Bei acht UER-Projekten in China, bei denen bis zum 31. August 2024 über die Freischaltung entschieden werden musste, werden wir aufgrund von uns ermit­telter Unregel­mä­ßig­keiten die beantragten Freischal­tungen nicht durch­führen. Es werden aus diesen Projekten also keine neuen UER-Zerti­fikate in den Markt gelangen. Das ist eine gute Nachricht“, sagte UBA-Präsident Dirk Messner.

Bei sieben der acht Projekte – die von großen, inter­na­tio­nalen Unter­nehmen durch­ge­führt werden – wurden die Anträge auf Freischaltung von UER-Zerti­fi­katen für 2023 zurück­ge­zogen. Insgesamt hat das UBA auf diese Weise verhindert, dass unberech­tigte UER-Zerti­fikate im Umfang von 159.574 Tonnen CO2-Äquiva­lente in den Markt gelangt sind. Bei einem weiteren Projekt in China hat das UBA die Ausstellung von UER-Zerti­fi­katen untersagt, weil das Projekt, wie umfas­sende Satel­li­tenbild- und vertiefte technische Analysen durch UBA-Experten ergaben, vorzeitig begonnen wurde. Ein solcher vorzei­tiger Beginn ist nach der Verordnung zur Anrechnung von Upstream-Emissi­ons­min­de­rungen auf die Treib­haus­gas­quote (UERV) nicht zulässig. Hier hat das UBA durch die Versagung der Freischaltung verhindert, dass allein aus diesem Projekt unberech­tigte UER-Zerti­fikate im Umfang von 55.225 Tonnen CO2-Äquiva­lenten in den Markt gelangten.

In weiterem 21 Projekten wurden die Projekt­träger um Autori­sierung von Kontroll­be­suchen vor Ort gebeten, doch diese vielfach verweigert. Diese Verwei­gerung der Vor-Ort-Kontrollen deutet das UBA als sehr starkes Indiz, dass die Projekt­träger nicht bereit sind, ihre Verpflich­tungen unter der UERV zu erfüllen.

Neben den acht nun nicht freige­schal­teten Projekten wird das UBA weitere kritische UER-Projekte weltweit überprüfen, bis alle Vorwürfe ausge­räumt sind. Parallel ermittelt – laut Presse­mit­teilung – die Staats­an­walt­schaft Berlin gegen 17 Personen wegen des Verdachts des gemein­schaft­lichen gewerbs­mä­ßigen Betruges. Bei den Beschul­digten handelt es sich um die Geschäfts­führer bzw. Mitar­bei­tende von Prüfstellen, die an der Verifi­zierung UER-Projekten beteiligt gewesen sein sollen. Gegen die Beschul­digten bestehe der Anfangs­ver­dacht, die zustän­digen Mitar­bei­tenden des UBA hinsichtlich der Existenz und/oder jeden­falls der Antrags­be­rech­tigung verschie­dener Klima­schutz­pro­jekte getäuscht zu haben, weshalb zwischen­zeitig gewährte Sicher­heiten der Projekt­träger nicht zugunsten der Staats­kasse verein­nahmt werden konnten. (Dirk Buchsteiner)

2024-09-06T14:53:21+02:006. September 2024|Emissionshandel, Klimaschutz, Umwelt|