Das BKartA ermittelt bei Verbraucherplattformen

Über Nutzer­be­wer­tungen im Internet, z. B. bei Google, aber auch anderen Platt­formen, auf denen man zB Hotels, Restau­rants oder Ärzte bewerten kann, ärgern sich nicht wenige Unter­nehmen. Schließlich können beliebige Personen – egal, ob sie wirklich Kunden sind – die Leistungen des eigenen Unter­nehmens bewerten. Das kann hilfreich sein, aber bisweilen bemängelt Kunden Erfah­rungen, die entweder unwahr­scheinlich erscheinen, oder die mit dem Unter­nehmen nichts zu tun haben. Zwar sind Platt­formen wie Google nicht verpflichtet, alle Bewer­tungen inhaltlich zu überprüfen, vgl. § 7 Abs. 2 TMG. Diens­te­an­bieter wie Google bleiben nach § 10 TMG aber verant­wortlich, wenn sie die rechts­wid­rigen Handlungen kennen und/oder sie nicht unver­züglich tätig geworden sind, um die falschen Infor­ma­tionen zu entfernen bzw. den Zugang zu sperren. Das bedeutet leider aber auch: Wer sich zu Unrecht schlecht bewertet fühlt, muss aktiv werden und sein Recht gestützt auf §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB geltend machen. Das kostet Zeit, Geld und Nerven.

Außer ungerecht­fertigt schlechten Bewer­tungen verärgern viele Unter­nehmen auch verdächtig eupho­rische Bewer­tungen ihrer Konkur­renten. Hier kommt immer wieder der Verdacht auf, diese könnten manipu­liert sein. Dies stört natur­gemäß nicht nur die Wettbe­werber, sondern führt auch Verbraucher in die Irre. Wer sich nicht darauf verlassen kann, dass Bewer­tungen angeblich echter Konsu­menten im Netz auch authen­tisch sind, trifft mögli­cher­weise unver­nünftige Entschei­dungen. Darunter leidet die Funktio­na­lität des Marktes.

Dies hat nun das Bundes­kar­tellamt auf den Plan gerufen. Dieses hat sich den neuen Märkten im Internet ja bereits kürzlich unter anderem zu Vergleichs­platt­formen wie Check24 und Verivox angenommen. Nun teilt die Behörde mit, dass sie eine Sektor­un­ter­su­chung in Hinblick auf Nutzer­be­wer­tungen einge­leitet hat. Sie wird nun auf die Platt­formen zugehen, ermitteln, ob und in welchem Rahmen die vermu­teten Verstöße tatsächlich statt­finden, und darauf einen Bericht zusam­men­stellen. Man darf wohl gespannt sein.

2019-05-26T21:59:15+02:0026. Mai 2019|Digitales, Vertrieb|

Wer (auf Papier) schreibt, der bleibt

Dass Deutschland bei der Digita­li­sierung jeden­falls nicht ganz vorn dabei ist, ist wohl allge­meiner Konsens. Und wer häufiger mit Gerichten zu tun hat, der weiß, dass das für deutsche Gerichte noch viel, viel mehr gilt. Immer wieder hört man gar von Richtern, die sich ihre eigene IT-Ausstattung mitnehmen. Insofern erstaunt es uns auch nur so mittel, dass die Richter der Verläss­lichkeit der IT nur sehr begrenzt vertrauen: Der Bundes­ge­richtshof (BGH) verlangt in einer Entscheidung vom 28.02.2019 (Az.: III ZB 96/18) Papier. 

In dem Beschluss geht es um eine Rechts­an­walts­kanzlei. Diese Kanzlei führte einen rein elektro­ni­schen Fristen­ka­lender, bei dem die Büromit­ar­bei­terin mittels einer Fachsoftware die Fristen eintrug, aber vergaß, die einge­tragene Berufungs­be­grün­dungs­frist abzuspei­chern. Dann zeichnete sie in der Handakte die Eintragung der Frist ab.

Das Ende vom Lied: Der Anwalt versäumte die Berufungs­be­grün­dungs­frist, beantragte die Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand und verlor. Wieder­ein­setzung nach § 233 ZPO wird nämlich nur gewährt, wenn die Frist unver­schuldet versäumt wurde. Der Standardfall: Die ansonsten stets zuver­lässige Büromit­ar­bei­terin macht trotz regel­mä­ßiger zutref­fender Einweisung und ausrei­chender Kontroll­me­cha­nismen ein einziges Mal einen Fehler.

Berufungs­ge­richt und BGH sahen hier aber keinen Fall einer unver­schul­deten Frist­ver­säumnis. Elektronik sei halt fehler­an­fällig. Unver­schuldet könne nur derjenige seine Fristen versäumen (und sich wieder­ein­setzen lassen), der die erwähnten Kontrollen mittels eines Ausdrucks vollzieht. Eine elektro­nische Lösung reiche nicht. Elektro­nisch sei das Fehler­risiko einfach höher.

Uns leuchtet nicht ein, wieso das so sein sollte. Gerade bei elektro­ni­schen Akten sieht man meistens direkt die Abfolge der Termine und Fristen und bemerkt schon bei den regel­mä­ßigen (elektro­ni­schen) Wieder­vor­lagen, wenn etwas nicht stimmt. Aber wenn es denn der BGH so will, dann drucken wir ab heute den Frist­be­rech­nungs­vermerk und alle Fristen­zettel wieder aus. Und stecken uns die Fristen­zettel nicht an den Hut, sondern hängen sie brav eine Pinnwand. Die aus unserer Sicht viel, viel zuver­läs­si­geren elektro­ni­schen Benach­rich­ti­gungen, dass demnächst eine Frist abläuft, behalten wir aber trotzdem, versprochen.

2019-04-01T09:47:00+02:001. April 2019|Allgemein, Digitales|

Prosa über Glyphosat

Glyphosat ist mal wieder in aller Munde. Vor allem wegen der Entscheidung eines kalifor­ni­schen Gerichts, das Monsanto vor kurzem zu einer Zahlung von immerhin 80 Millionen Dollar verur­teilt hat. Hinter­grund ist die Klage eines krebs­kranken Mannes. Die Jury war zu dem Schluss gekommen, dass seine Erkrankung durch Glyphosat verur­sacht sei. Sie hatte den Hersteller dafür verant­wortlich gemacht. Mehr als 1000 ähnliche Verfahren sollen in den USA anhängig sein. Dass hatte sich der deutsche Chemie- und Pharma­konzern Bayer bei der Übernahme von Monsanto im Juni 2018 mögli­cher­weise anders vorgestellt.

Auch in Deutschland gibt es ein Verfahren zu Glykosat, das nicht zuletzt vor diesem Hinter­grund brisant ist. Dabei geht es nicht um einen konkreten Schadensfall, sondern eher um Aufklärung über mögliche Schad­wir­kungen. Die Online-Plattform für Infor­ma­ti­ons­freiheit „Frag den Staat“ hat nämlich eine Stellung­nahme des Bundesamts für Risiko­be­wertung (BfR) online gestellt. Darin geht es u.a. um die Frage, ob Glyphosat für den Menschen krebs­er­regend sei. „Frag den Staat“ hatte das sechs­seitige Papier zuvor aufgrund eines Auskunfts­an­spruchs nach dem Infor­ma­ti­ons­frei­heits­gesetz (IFG) vom BfR erhalten. Nun hat das BfR „Frag den Staat“ für die Veröf­fent­li­chung der internen Stellung­nahme abmahnen lassen. Die Abmahnung können Sie ebenfalls online lesen. Die Begründung des BfR lautet nicht etwa, dass es sich um vertrau­liche Infor­ma­tionen handle. Immerhin müssen die Infor­ma­tionen auch nach dem IFG ohnehin jedem Inter­es­sierten zur Verfügung gestellt werden. Vielmehr sei die Stellung­nahme urheber­rechtlich geschützt.

Was uns zu einem weiteren derzeit brisanten Thema führt. Genau, die Urheber­rechts­reform. Ging es da nicht um verarmte Künstler, die in den Weiten des Internet zunehmend leer ausgehen? Und um junge YouTuber, die ihre Arbeit durch Upload­filtern vor dem „Aus“ sehen? Nun ist das BfR aber doch eher eine der ehrwür­digen Insti­tu­tionen, die von unseren Steuer­geldern finan­ziert werden. Die sich auf neutrale und metho­disch struk­tu­rierte Weise mit Belangen befassen sollen, die eigentlich alle etwas angehen. Sie fragen sich jetzt sicher, warum die das Urheber­recht geltend machen, durch das schöp­fe­rische Leistungen geschützt werden sollen. Und warum das dann effektiv die Verbreitung von Infor­ma­tionen verhindern soll, die für die Öffent­lichkeit relevant wären. Nun, was sollen wir Ihnen da bloß sagen – das fragen wir uns nämlich auch.

 

2019-03-28T11:28:54+01:0028. März 2019|Allgemein, Digitales, Umwelt|