Die Geschichte erscheint auf den ersten Block verworren, ist aber in ihrem Kern eigentlich kurz und einfach: Zwischen der Rechtsvorgängerin einer gemeinnützigen Stiftung und einem Fernwärmeversorger wurde ein Fernwärmeversorgungsvertrag geschlossen. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Rechtsvorgängerin der Stiftung, die Pflicht zum Bezug von Fernwärme grundbuchrechtlich durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit abzusichern. Bei Erwerb der Immobilie trat die Stiftung in den Vertrag ein und übernahm mit dem Grundstück – Teil eines alten Kasernengeländes – auch die Dienstbarkeit.
2016 kündigte die Stiftung den Fernwärmebezugsvertrag mit einigem Hin und Her über Kündigungsgründe und ‑fristen. Unstreitig war allerdings, dass die Laufzeit irgendwann (nach Ansicht des beklagten Versorgers aber nicht vor 2017/2021) endet, schließlich gibt es keine unkündbaren Fernwärmeverträge. Indes war unabhängig vom Fernwärmeliefervertrag da ja noch das Erzeugungs- und Bezugsverbot von Wärme im Grundbuch. Die Stiftung kündigte deswegen auch diese Wärmebezugsverpflichtung und verlangte vom Versorger die Löschung dieser Dienstbarkeit. Dies aber sah der Versorger nicht ein. Er hätte ein schützenswertes Amortisationsinteresse, das dinglich abzusichern nicht sittenwidrig sei.
Doch schon die erste Instanz sah das anders: Das LG Gießen sah einen Verstoß gegen § 32 AVBFernwärmeV, der die Höchstlaufzeit von Fernwärmeversorgungsverträgen auf zehn Jahre mit je fünfjähriger automatischer Verlängerungsmöglichkeit festlegt. Die im Ergebnis auf eine immerwährende Versorgung gerichtete Grunddienstbarkeit sei deswegen ab Beendigung der Verträge unwirksam und nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu löschen.
Die 2. Instanz, das OLG Frankfurt, hat sich dem am 15.05.2019 (4 U 199/17) angeschlossen. Die Vertragsregelung, nach der der Kunde faktisch für immer an den Versorger gebunden war, sei unwirksam, weil sie gegen § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV verstoßen würde. Zehn Jahre seien die Obergrenze der Vertragsbindung. Die Wärmebezugsverpflichtung sei deswegen mit Beendigung der Verträge erloschen. Wenn der Versorger sich trotzdem auf dieses dingliche Recht beruft, sei dies treuwidrig. Der Versorger müsste in die Löschung der Dienstbarkeit einwilligen.
Bedeutet diese Entscheidung nun, dass das OLG Frankfurt seine ältere Rechtsprechung aufgibt, nach der solche Dienstbarkeiten durchaus dauerhafte Bindungen begründen können (vgl. OLG Frankfurt v. 14.12.2017, 12 U 202/15)? Schließlich sah auch der BGH dies als unproblematisch an, vgl. BGH v. 02.03.1984, V ZR 155/83, und auch BGH v. 17.01.2019, V ZB 81/18, erklärt in Rn. 8 nochmal ausdrücklich, dass Fernwärmebezugspflichten durch Grunddienstbarkeiten mittelbar dinglich abgesichert werden können.
Wir meinen: Einen solchen Bruch mit der (ja gar nicht so früheren) höchstrichterlichen Rechtsprechung beabsichtigt das OLG Frankfurt nicht. Auf den zweiten Blick gibt es nämlich einen wichtigen Unterschied zwischen den jeweils entschiedenen Konstellationen: In dem dargestellten Fall aus 2019 war die Stiftung zwar in ein Vertragsverhältnis nachgefolgt, aber nicht in eine offenbar mündlich geschlossene Sicherungsabrede, die der Grunddienstbarkeit zugrunde lag. Damit hing die Grunddienstbarkeit praktisch in der Luft, allein die Absicherung des Fernwärmeversorgungsverhältnis reichte dem Gericht nicht. Wir meinen deswegen: Auch nach jüngerer Rechtsprechung sind dingliche Absicherungen von Fernwärmeversorgungsverträgen nicht schlechthin unwirksam, aber sie benötigen ein solides schuldrechtliches Fundament.
Ja, und wie sich das Anpassungsrecht im neuen § 3 AVBFernwärmeV hierauf auswirkt, ist durchaus offen (Miriam Vollmer).
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