Energiewende durch Wasserstoff: Die nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung
Als Schlüsseltechnologie für die Energiewende ist der Einsatz von Wasserstoff schon lange im Gespräch. Während einzelne Pilotprojekte (z.B. die Verwendung von Wasserstoffbussen im ÖPNV) in der Vergangenheit bereits realisiert worden sind, steht der breite Einsatz von Wasserstoff noch aus. Dies soll mit der lange erwarteten und von der Bundesregierung am vergangenen Mittwoch vorgestellten nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) geändert werden. Wasserstoff soll nun endlich marktfähig werden und damit einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung und Vollendung der Energiewende leisten. Gleichzeitig soll die NWS aber auch zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise und zur Wiederbelebung der deutschen und europäischen Wirtschaft dienen.
Bereitgestellt werden hierfür insgesamt satte 9 Mrd. Euro – 7 Mrd. Euro für den Markhochlauf und 2 Mrd. Euro für internationale Partnerschaften. Der Ausbau internationaler Partnerschaften ist hierbei von großer Bedeutung, da Deutschland langfristig nicht in der Lage sein wird, alleine nachhaltig seinen gesamten Bedarf an Wasserstoff zu decken.
Flankiert wird die NWS durch eine neue Governance-Struktur. Auf politischer Ebene wird hierzu ein Ausschuss der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre für Wasserstoff der betroffenen Ressorts eingesetzt. Zudem wird ein Nationaler Wasserstoffrat, bestehend aus 26 hochrangigen Expertinnen und Experten der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind, eingesetzt. Dieser soll mindestens zweimal pro Jahr tagen und die Politik beraten, indem er Vorschläge und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Organisatorisch unterstützt wird er von dem Sekretariat der noch einzurichtenden Leistelle Wasserstoff.
Die NWS besteht aus zwei Phasen. In einer ersten Phase von 2020 bis 2023 sollen zunächst die Grundlagen für einen funktionierenden Wasserstoff-Heimatmarkt gelegt und dieser hochgefahren werden. Wasserstoff soll günstiger und damit wettbewerbsfähig werden. In einer zweiten Phase von 2024 bis 2030 soll der entstandene Heimatmarkt sodann gefestigt und die europäische und internationale Dimension gestaltet und für die deutsche Wirtschaft genutzt werden.
38 mehr oder weniger konkrete Maßnahme hat sich die Bundesregierung für die erste Phase vorgenommen. Wir haben uns diese einmal angeschaut und wollen Ihnen einen kurzen Überblick über die zentral geplanten Maßnahmen geben:
# Die Rahmenbedingungen für den effizienten Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien sollen verbessert werden. Denn für die nachhaltige Herstellung von Wasserstoff – sog. grünem Wasserstoff – braucht es Strom, der ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammt. Zentrales Leitinstrument stellt für die Bundesregierung die CO2-Bepreisung von fossilen Kraft- bzw. Brennstoffen dar, also das BEHG (Wir berichteten u.a. hier und hier). Zudem soll geprüft werden, ob Strom, der zur Herstellung von grünem Wasserstoff verwendet wird, weitgehend von Steuern, Abgaben und Umlagen (insb. der EEG-Umlage) befreit werden kann.
# Die Rahmenbedingungen für Offshore-Windenergieanlagen sollen weiterentwickelt werden. Denn wegen der hohen Volllaststunden solcher Windenergieanlagen sind sie zur Erzeugung von erneuerbarem Strom, der für die Herstellung von grünem Wasserstoff benötigt wird, besonders geeignet. Diskutiert werden soll u.a. die Ausweisung von Flächen speziell für die Offshore-Produktion von Wasserstoff.
# Die EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) soll zeitnah und ambitioniert umgesetzt werden. Vor allem soll die THG-Quote im Verkehrsbereich signifikant über die EU-Vorgaben hinausgehen, um so einen Anreiz für Wasserstoff oder dessen Folgeprodukte als Kraftstoffalternativen zu schaffen. Aber auch die Anrechnung des Einsatzes von grünem Wasserstoff bei der Produktion von Kraftstoffen auf die Treibhausgasminderungsquote soll ermöglicht werden.
# Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie soll insb. für LKW, Busse, Züge und Schiffe gefördert werden.
# Der Aufbau einer bedarfsgerechten Tankinfrastruktur, insb. für den schweren Straßengüterverkehr, den ÖPNV, das Schienennetz sowie für Wasserstraßen, soll gefördert werden. Auch auf die Weiterentwicklung einer europäischen Infrastruktur soll hingewirkt werden.
# Die Bundesregierung möchte sich im Rahmen der Eurovignetten-Richtlinie für eine CO2-Differenzierung bei der LKW-Maut zugunsten klimaschonender Antreibe einsetzen.
# Ein Pilotprogramm für Carbon Contracts for Difference (CfD), v.a. für die Stahl- und Chemieindustrie, soll aufgebaut werden. Die Bundesregierung kommt hierbei für die Differenzkosten zwischen tatsächlichen Vermeidungskosten und ETS-Preisen auf. Sollte allerdings der ETS-Preis künftig über den Vermeidungskosten liegen, müssen die Unternehmen die Differenz an den Bund zahlen.
# Die Förderung der Anschaffung hocheffizienter Brennstoffzellenheizgeräte soll weiter gefördert werden.
# Die Möglichkeit der Förderung von „Wasserstoff-readyness“-Anlagen im Rahmen des KWKG soll geprüft werden.
# Die Verzahnung von Strom‑, Wärme- und Gasinfrastrukturen soll vorangetrieben werden (Fabius Wittmer)