Tiertransporte sind selbst in den Augen leidenschaftlicher Fleischesser keine schöne Angelegenheit. Insofern ist es nicht erstaunlich, dass Tierschützer sich für Daten über die Transport– und Schlachtbedingungen interessieren, um sie zu veröffentlichen. Entsprechend klagte ein Verein, der sich unter anderem für den Tierschutz einsetzt, sich gegen die Aufsichtsbehörde durch alle Instanzen, um Einsicht in deren Akten über die Kontrolle von Putentransporten zu einer Geflügelschlachterei zu erhalten. Die Beklagte lehnte den Antrag im Juli 2013 ab, die beigeladene Geflügelschlachterei wollte sich naturgemäß auch nicht in die Karten schauen lassen.
Vor dem VG Oldenburg (5 A 268/14) setzte sich der Verein zunächst durch. Bei den Daten handele es sich um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Umweltinformationsgesetz (UIG), so dass ein Anspruch auf Information auch für den am Transport unbeteiligten Verein bestünde. Das hiergegen angerufene Oberverwaltungsgericht in Lüneburg änderte mit Entscheidung vom 27.02.2018, (2 LC 58/17) nur die Begründung, nicht das Ergebnis. Seiner Ansicht nach sind Nutztiere wie Puten keine Umweltbestandteile. Allerdings sah das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG), weil Verbraucherinnen und Verbraucher Anspruch auf alle Daten über Abweichungen vom Lebens– und Futtermittelrecht hätten. Hierzu sei auch das Recht der Tiertransporte und der Tierschlachtung zu zählen. Dem Oberverwaltungsgericht ging es also um den Verein als Vereinigung potentieller Fleischesser und seine Interessen an einwandfreien Fleischprodukten.
Mit Urteil vom 30.01.2020 verwarf indes das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) beide Begründungsansätze (10 C 11.19). Nutztiere seien kein Bestandteil der Umwelt. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nehmen sie offenbar nicht an der Artenvielfalt teil. Aber auch das Verbraucherinformationsgesetz berücksichtige keine Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften, es gehe um Verbraucher– und nicht um Tierschutz. Lebensmittel seien deswegen erfasst. Lebende Tiere seien aber keine Lebensmittel.
Aus unserer Sicht ist diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lebensfremd. Zwar sind die lebenden Puten noch kein Lebensmittel, aber natürlich besteht ein enger Zusammenhang zwischen den Bedingungen ihres Lebens und ihrem Zustand als Putenrollbraten und Geflügelwurst. Und wenn unter den Umweltbegriff nur die wilden Tiere fallen, so verkennt dies unseres Erachtens, dass es in der Bundesrepublik keine wirkliche Wildnis mehr gibt. Auch die hiesige freilebende Tierwelt ist das Ergebnis von Jahrtausenden von Kulturbemühungen. Wenn Tiere aber schon dann kein Umweltbestandteil mehr sind, sobald sie jemandem gehören und zur Nutzung vorgesehen sind, verkürzt man die Reichweite des Umwelt-Informationsgesetzes auf eine Weise, von der es schwer vorstellbar ist, dass die Schöpfer der Aarhus-Konvention und der Umwelt-Informationsrichtlinie sie intendiert haben. Diese sind aber für deutsche Gerichte – also auch für das BVerwG – verbindlich (Miriam Vollmer).
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