Shuttle-Dienste vor Gericht

Die Metro­polen wachsen und damit nimmt auch der Verkehr drama­tisch zu. In Berlin, aber auch in anderen Großstädten, ist ein eigenes Auto inzwi­schen oft mehr Last als Lust. Immer mehr Stadt­be­wohner haben deswegen kein eigenes Auto mehr und nutzen das Fahrrad, den ÖPNV, aber auch Sharing-Dienste. Neben der Möglichkeit, als Kunde für kurze Zeiträume und Strecken die im Stadt­gebiet verteilten Autos der Car-Sharing-Dienste zu mieten, verbreiten sich Ride-Sharing-Dienste. Unter­nehmen wie der Berliner Berlkönig oder Clever-Shuttle bündeln mithilfe eines Algorithmus die über eine App adres­sierten Trans­port­wünsche unter­schied­licher Fahrgäste mit ähnlicher Richtung, die dann durch einen Wagen mit einem Fahrer bedient werden. Der Kunde zahlt vorher verein­barte feste Preise. Diese liegen erheblich unter denen von Taxiun­ter­nehmen. Um eine Hausnummer zu nennen: Von unserer Kanzlei bis zum Haupt­bahnhof kostet der Transport per Berlkönig 4 EUR, mit einem Taxi dagegen ca. 10 EUR.

Klar, dass Taxifahrer davon nicht begeistert sind. In Hamburg gab es nun ein inter­es­santes Eilver­fahren (5 E 16/19), indem ein Taxen­un­ter­nehmer sich gegen die Senats­ver­waltung wandte, die dem Unter­nehmen Clever Shuttle eine Geneh­migung für den Betrieb in der Hanse­stadt bis 2020 mit 50 (statt wie mit einer früheren Geneh­migung nur 20) Fahrzeugen erteilt hat.

Tatsächlich befindet sich das Geschäfts­modell in Hamburg noch in einer Erpro­bungs­phase. Doch schon diese missfiel dem Antrag­steller, der im September 2018 Klage erhoben und gleich­zeitig um Eilrechts­schutz nachsuchte, weil er bis zur Klärung, ob die im Verfahren beigeladene Clever Shuttle aktiv werden darf, die Erpro­bungs­phase aussetzen lassen wollte. 

Das Verwal­tungs­ge­richt Hamburg kam dem Antrag, die aufschie­bende Wirkung der Klage gegen die Geneh­migung wieder herzu­stellen, im (wegen der nachträg­lichen Anordnung der sofor­tigen Vollziehung zweiten) Eilver­fahren nicht nach. Der Antrag war nach Ansicht des Gerichts zwar begründet, aber das Gericht sah keinen Vorrang des Inter­esses des Antrag­stellers an der Herstellung der aufschie­benden Wirkung vor dem öffent­lichen Interesse an der Erprobung des Dienstes und dem Interesse des Unter­nehmens selbst.

Inhaltlich stellt sich die Entscheidung aber nicht als ungetrübter Sieg des Ride-Sharing-Dienstes dar. Nach Ansicht des Gerichts sind die Erfolgs­aus­sichten der Klage lediglich „offen“. Auf der einen Seite ist es nach Ansicht der Richter durchaus möglich, dass die Inter­essen der Taxen­un­ter­nehmer bei der Geneh­mi­gungs­er­teilung für Clever Shuttle nicht ausrei­chend berück­sichtigt wurden. Vorge­tragen worden war unter anderem, dass Clever Shuttle anders als Taxiun­ter­nehmen einem viel gerin­geren Kontra­hie­rungs­zwang unter­liegen. Ob das ausrei­chend berück­sichtigt worden ist, sieht das Gericht mit einer gewissen Skepsis. Das Gericht tendiert offenbar auch dazu, eine Taxiähn­lichkeit des Dienstes zu bejahen.

Dass trotz dieser Bedenken die Erpro­bungs­phase weiter­gehen kann, begrün­deten die Richter mit einer Zumut­bar­keits­über­legung. Es gibt in Hamburg nämlich über 3000 Taxen, wohin­gegen Clever Shuttle nur 50 Wagen betreibt. Ein Nachteil des Antrag­stellers als Taxifahrer in Hinblick auf seinen Umsatz sei deswegen nicht ersichtlich.

Insofern: Keine Seite kann sich wirklich entspannen. Die Richter gehen offen­sichtlich schon von einer Ähnlichkeit der Dienste aus, bei denen sich dann Fragen stellen, die durchaus im Haupt­sa­che­ver­fahren zu einem Obsiegen der ihre Pfründe vertei­di­genden Taxifahrer führen könnten. Auf der anderen Seite kann Clever Shuttle sich freuen: Die Erpro­bungs­phase geht erst einmal weiter. Und ob man den Hamburgern nach einem mögli­cher­weise mehrere Instanzen umspan­nenden und damit jahre­langen Verfahren den günstigen und bequemen Dienst einfach wieder wegnehmen kann, wird am Ende wohl auch eine politische Frage sein. 

Mögli­cher­weise wird die Zuläs­sigkeit dieser Dienste damit weniger vor den Gerichten entschieden, sondern am Ende wird der Gesetz­geber vollendete Tatsachen schaffen.