Kein Platz für Atommüll: BVerwG unter­bindet Zwischen­lager im Gewerbegebiet

Frappierend, aber wahr: Sowohl Gegner als auch Befür­worter der Atomkraft sehen sich durch die Ereig­nisse der letzten Tage in ihren Ansichten bestätigt. Die einen wollen schnell weg vom russi­schen Gas. Die anderen weisen auf die Gefahren hin, die durch kriege­rische Angriffe auf AKW entstehen. Was dabei in den Hinter­grund rückt: Nicht nur das laufende Atomkraftwerk ist poten­tiell gefährlich. Auch acht Jahre nach Gründung einer eigenen Behörde für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) weiß die Republik immer noch nicht, wohin mit strah­lendem Müll.

Doch nicht nur die Frage, wo ein deutsches Endlager einge­richtet werden kann, ist offen. Mit Entscheidung vom 25. Januar 2022 hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) sich zur Frage geäußert, wo Zwischen­lager errichtet werden können (BVerwG 4 C 2.20). Klare Ansage der Leipziger Richter: In einem Gewer­be­gebiet jeden­falls nicht.

Nuklear, Gefährlich, Gefahr, Strahlung, Radioaktiv

Die Klägerin hatte eine Bauge­neh­migung beantragt, um eine Lager­halle als Zwischen­lager für radio­aktive Anfälle nutzen zu können, bevor diese – wann auch immer – in ein Endlager (wo auch immer) verbracht werden können. Die Stadt Hanau, wo die Halle steht, war nicht begeistert. Nach einigem planungs­recht­lichen Hin und Her lehnte sie 2013 die beantragte Bauge­neh­migung ab. Das VG Frankfurt/Main gab der Klägerin recht. Der VGH Hessen indes gab der Berufung der Stadt statt. (Urt. v. 12.02.2020, 3 A 505/18) Diese Entscheidung hat das BVerwG nun bestätigt: Die Klägerin kann nun endgültig kein Zwischen­lager in der Hanauer Halle einrichten.

Wie bereits der VGH Hessen steht auch das BVerwG auf dem Stand­punkt, dass in Gewer­be­ge­bieten generell keine Zwischen­lager errichtet werden können. Laut § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB sind Zwischen­lager im Außen­be­reich privi­le­giert, was den Umkehr­schluss zulässt: Woanders sind sie nicht willkommen. Zwar sind Lager­häuser in Gewer­be­ge­bieten zulässig, aber Zwischen­lager für radio­aktive Abfälle entsprechen dem nicht. Ablage­plätze für Abfälle sind generell keine Lager­häuser,  weil die Gegen­stände in Lager­häusern per defini­tionem noch am Wirtschafts­kreislauf teilnehmen. Das trifft auf Atommüll nicht mehr zu. Zwischen­lager gehören wegen des Gefah­ren­po­ten­tials radio­ak­tiver Abfälle aber auch nicht zu den „nicht erheblich beläs­ti­genden Gewer­be­be­trieben“ (§ 8 Abs. 1 BauNVO).

In diesem Kontext spielt es nun durchaus eine Rolle, dass es noch kein Endlager gibt. Denn ein Zwischen­lager ohne eine Idee, was nach der Zwischen­la­gerung passieren soll, erschien schon dem VGH verdächtig dauerhaft und damit ohnehin nicht in einer Lager­halle in einem Gewer­be­gebiet machbar (Miriam Vollmer).