StVO-Reform: Fehler als letzte Rettung?
Irren gilt bekanntermaßen als menschlich. Dass auch in einem Bundesministerium manchmal Fehler gemacht werden, demonstriert, dass es selbst in einer „gesichtslosen Bürokratie“ letztlich Menschen sind, die die Entscheidungen treffen. Und überhaupt: Manchmal können sich Fehler und Missgeschicke sogar positiv auswirken. Das wissen wir als gewohnheitsmäßige Bahnfahrer nur zu gut: So lästig die häufigen Verspätungen der Bahn sind, manchmal sind sie die einzige Chance, pünktlich zu kommen. Wenn wir uns nämlich selbst verspätet haben.
Aber zur Sache: Die StVO-Reform, über die wir hier schon mehrmals geschrieben haben, leidet bekanntlich an einem kleinen, aber folgenreichen Fehler. In Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG, wo die Voraussetzungen einer verfassungskonformen Rechtsverordnung durch die Exekutive geregelt sind, heißt es nämlich: „Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben.“ Das ist aber bei der Änderungsverordnung unterblieben. Normalerweise wäre so ein Fehler nicht kriegsentscheidend. Er würde schlicht nach einem Kabinettsbeschluss bei der nächsten Sitzung des Bundesrats ohne großes Drama ausgebügelt.
Nun liegt der Fall bei der StVO-Reform etwas anders: Die Reform war einerseits ein offensichtlicher Versuch des derzeitigen Verkehrsministers, auch mal etwas für den Fahrradverkehr zu tun. Anderseits hatten einige Regelungen, insbesondere zur strengeren Sanktionierung von Geschwindigkeitsbeschränkungen auch das Potential, die Stammwähler der CSU gegen ihn aufzubringen. Insofern bot der Fehler einen willkommenen Anlass dazu, diese Regelungen bei der ohnehin erforderlichen Abstimmung zurückzudrehen.
Nun könnte ein Fehler zwar als menschliche Schwäche zu verzeihen sein, aus ihm aber Rechte abzuleiten, könnte den Bogen dann doch überspannen. So sehen es jedenfalls die im Bundesrat inzwischen mehrheitlich vertretenen Landesregierungen, in denen die Grünen mitregieren. Denn die müssen sich bei Abstimmungen, in denen in der jeweiligen Koalition Uneinigkeit herrscht, enthalten. Daher hat der Bundesrat letzten Freitag einen entsprechend geänderten Verordnungsentwurf nicht abgesegnet.
Auch in der Sache spricht einiges dafür, die Sanktionen für Geschwindigkeitsübertretungen nicht wieder einzuschränken. Denn Geschwindigkeitsbeschränkungen dürfen nach § 45 StVO ohnehin nur dort angeordnet werden, wo sie aufgrund besonderer Gefahrenlagen nötig erscheinen. Dann sollten sie auch effektiv sanktioniert werden (Olaf Dilling).