Die übertönten Windenergieanlagen

Beim Bau von Windener­gie­an­lagen gibt es oft mit Nachbarn Konflikte. Abgesehen von ästhe­ti­schen Vorbe­halten und natur­schutz­recht­lichen Einwänden gibt es auch ein Lärmproblem: Sowohl der Luftzug an den Rotor­blättern als auch die mecha­nische Reibung in den Genera­toren erzeugt Lärm.

Daher müssen in Rahmen von Geneh­mi­gungs­ver­fahren die Lärmemis­sionen geprüft werden. Maßstab dafür sind die Vorgaben der 6. Allg. Verwal­tungs­vor­schrift zum Bundes-Immis­si­ons­schutz­gesetz (TA Lärm). In der TA Lärm gibt es gebiets­be­zogene Vorgaben für Lärmgrenz­werte für Anlagen. Demnach sind in Wohnge­bieten Anlagen geneh­mi­gungs­fähig, die bis zu 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) Lärm emittieren (40 dB(A) ist ein bereits an die Empfind­lichkeit des mensch­lichen Ohres angepasster Wert, der einer leisen Unter­haltung oder einer Geschirr­spül­ma­schine entspricht). 

Das Oberver­wal­tung­ge­richt (OVG) Lüneburg hat neulich in einer Nachbar­klage gegen die Geneh­migung eines Windparks die Berufung zugelassen. Die Windener­gie­an­lagen überschritten in dem Fall den für Wohnge­biete zuläs­sigen Grenzwert. Deswegen musste für die Zulassung des Windparks musste eine Ausnahme gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm gemacht werden. Darin steht kurz gesagt: Trotz Grenz­wert­über­schreitung kann eine Anlage genehmigt werden, wenn der Lärmpegel im Umfeld so hoch ist, dass die zusätz­liche Belastung demge­genüber nicht ins Gewicht fällt.

Die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts, gegen die Berufung eingelegt wurde, hatte nun den Mangel, dass sie die Vorprüfung der Pflicht einer Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung als recht­mäßig angesehen hatte, obwohl darin „erheb­liche nachteilige Umwelt­aus­wir­kungen“ im Sinne der §§ 5 Abs. 3 Satz 2 und  7 Abs. 1 Satz 3 UVPG verneint worden waren. Dies fand das OVG unpräzise. Denn die oben genannte Ausnahme bedeutet nicht, dass die Anlage keine erheb­lichen Umwelt­aus­wir­kungen hat. Sie fallen eben nur nicht ins Gewicht. Das OVG befand jedoch, dass die unzurei­chende Vorprüfung in einem ergän­zenden Verfahren behoben werden könne. Sie führe nach § 4 Abs. 1b) Satz 1 UmwRG nicht zur Aufhebung der Genehmigung.

Eine weitere Frage, die in dem Beschluss des OVG behandelt wurde, war die Frage, wie die Immis­sionen durch die Bestands­an­lagen zu bewerten sind, deren Lärmbe­lastung zur Unerheb­lichkeit der Grenz­wert­über­schreitung führte. Die Parteien hatten sich gestritten, ob für die Erhebung aktuelle Messungen durch­ge­führt werden müssen oder auch Berech­nungen aufgrund Herstel­ler­an­gaben möglich sind. Hier hat das OVG entschieden, dass gemäß des Anhangs zur Ermittlung der Geräuschim­mis­sionen unter A 2.3.2. als Eingangs­daten für die Berechnung Herstel­ler­an­gaben ausrei­chend sind.

Als Fazit lässt sich aus der Entscheidung mitnehmen, dass Nachbarn an ohnehin stark lärmbe­las­teten Stand­orten es grund­sätzlich dulden müssen, wenn relativ gering­fügige und gleich­mäßige Lärmim­mis­sionen von Windrädern hinzu­kommen (Olaf Dilling).