Ultrafeinstaub und das Wetter
Feinstaub ist gefährlich. Man sagt ihm nach, er würde vor allem die Atemwege belasten und so beispielsweise Asthma auslösen. Staub, der aus ganz besonders kleinen Partikeln besteht, hat nach neuen wissenschaftlichen Publikationen aber noch deutlich bedenklichere Auswirkungen. Er kann nicht nur alle menschlichen Organe erreichen, sondern steht sogar im Verdacht, dass örtliche Wetter zu verändern, indem er die einzelnen Wolkentröpfchen kleiner werden lässt, sodass es länger dauert, bis sich Regentropfen bilden können. Es regnet dann also seltener, dafür um so intensiver. Man kennt solche Wetterlagen aus den Tropen.
In den letzten Monaten wurde Feinstaub insbesondere im Zusammenhang mit dem Verkehr diskutiert. Mit einer anderen Quelle von Feinstaub beschäftigte sich aktuell eine Kleine Anfrage der GRÜNEN, die die Bundesregierung am 23. April 2019 beantwortet hat. Hier geht es um Ultrafeinstaub aus Kraftwerksanlagen. Besonderer Clou an der Sache: Der Feinstaub soll nicht aus den Verbrennungsprozessen selbst stammen, sondern aus den Abgasreinigungseinrichtungen zur Reduzierung von Stickstoffoxide (SCR). Damit äußern die GRÜNEN in Anlehnung an einige neuere Publikationen den Verdacht, dass die dem Schutz der Umwelt dienenden Einrichtungen selbst zur Quelle negativer Umweltauswirkungen geworden sein könnten.
Die Bundesregierung bewertet die Vermutung, dass Ultrafeinstaub maßgeblich auf Abgasreinigungen zurückgeht, sehr zurückhaltend. Die meisten mit SCR-Einrichtungen ausgestatteten Kraftwerke seien zusätzlich mit Elektrofiltern und nassen Abgasentschwefelungseinrichtungen versehen, sodass gar nicht so viel Feinstaub entweichen würde. Und einige Kraftwerke (Schkopau, Lippendorf, Spremberg und Boxberg) hätten gar keine entsprechenden Einrichtungen. Außerdem wisse die Bundesregierung auch quasi nichts über die verdächtigten Ultrafeinpartikel. Auch über den Zusammenhang zwischen Ultrafeinstaub und dem Wetter und auch der menschlichen Gesundheit ist die Bundesregierung nicht näher informiert. Hierzu gäbe es auch noch keine ausreichenden Erkenntnisse. Einige interessante Details liefert die Bundesregierung auf Seite 3 der Beantwortung der kleinen Anfrage gleichwohl.
Klar ist damit: Diese Thematik ist im Umweltministerium offenbar noch nicht angekommen. Allerdings muss das weder in Berlin noch in Brüssel so bleiben. Es ist gut möglich, dass in den nächsten Monaten bis Jahren auch diese Seite von Kraftwerken mehr in den Fokus der Gesetzgebung gerät. Hier könnte ein Dilemma entstehen: Ohne SCR-Anlagen sind die geltenden und kommenden Grenzwerte für Großfeuerungsanlagen nur schwer bis gar nicht einhaltbar. Wenn der Betrieb dieser Anlagen sich aber an anderer Stelle negativ auf den Umweltzustand auswirkt, könnte dies denjenigen, die einen schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung wünschen, ein zusätzliches Argument liefern.
In jedem Fall gilt: Diese Diskussion muss man im Auge behalten.