Der Brandenburger Windkraft-Euro: Eine gute Idee?
Nun soll er also beschlossen werden, der Windkraft-Euro. Diesen sollen die Betreiber von neuen oder erweiterten Windkraftanlagen in Brandenburg künftig zahlen, damit die betroffenen Gemeinden auch etwas von der Windkraft haben. 10.000 EUR pro Jahr sollen fließen, und zwar nicht nur an die Gemeinde, auf deren Grund und Boden die Anlage steht, sondern anteilig an alle Gemeinden im Umkreis von drei Kilometern, also der Distanz, von der aus man die Anlage ungefähr sieht. So soll die Akzeptanz von Windkraftanlagen gefördert werden, die zuletzt stark gelitten hatte. Und wer könnte ernsthaft etwas dagegen haben, wenn auch die betroffenen Gemeinden profitieren?
Dass die Sache nicht ganz so einfach ist, ahnt schon, wer erfährt, dass ausgerechnet die Grünen gegen das Gesetz stimmen wollen. Haben die etwas gegen eine stärkere Partizipation der Gemeinden? Keineswegs, wenn man die Stellungnahmen grüner Landespolitiker verfolgt. Die Grünen halten das Gesetz aber für verfassungswidrig, wie sich auch bei einer Sachverständigenanhörung herausgestellt habe. Schauen wir uns die Sache also einmal an.
Für die Abgabenerhebung durch den Staat gilt die Finanzverfassung. Diese findet man im 10. Abschnitt des Grundgesetzes (GG), also dort, wo man selten hinschaut, wenn man an die deutsche Verfassung denkt. Wann Abgaben zulässig sind, findet sich hier.
Bei dem Windkraft-Euro handelt es sich um eine Sonderabgabe, denn die Abgabe ist keiner anderen Abgabeart zuzuordnen. Für solche Sonderabgaben hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aus dem GG strenge Anforderungen abgeleitet, denn natürlich will der Verfassungsgeber nicht, dass der Staat ständig neue Lasten erfindet, die der Bürger dann bezahlen muss. Die Sonderabgabe soll daher eine Ausnahme vom Vorrang des Steuerstaates darstellen.
Das BVerfG verlangt für eine verfassungskonforme Sonderabgabe, daß erstens eine homogene Gruppe belastet wird, die zweitens in einer spezifischen „Sachnähe“ zu der zu finanzierenden Aufgabe steht. Drittens muss das Abgabenaufkommen im Interesse der Gruppe der Abgabenpflichtigen, also „gruppennützig“ verwendet werden. Zulässige Sonderabgaben sind danach zB die Schwerbehindertenausgleichsabgabe oder die Umlage für das Insolvenzgeld.
Für den Windkraft-Euro dürften nun gleich mehrere Kriterien ein Problem darstellen. Eine homogene Gruppe dürfte in Gestalt von Windkraftanlagenbetreibern in Brandenburg zwar noch vorliegen. Aber besteht eine Sachnähe zu der Aufgabe, die finanziert werden soll? Die Aufgabe besteht ja nicht im Betrieb der Anlagen, die funktionieren auch ohne Abgabe. Die Abgabe soll vielmehr die Akzeptanz stärken, und sind für diese Aufgabe wirklich die Anlagenbetreiber zuständig? Diese nehmen doch nur ein Recht in Anspruch, für dessen Wahrnehmung sie eigentlich keinen Extra-Obolus zahlen müssen, nämlich das Recht, genehmigungsrechtlich zulässige Anlagen zu betreiben. Die Stärkung der Akzeptanz ist – wenn überhaupt – eher eine Staatsaufgabe.
Aber auch das Vorliegen einer ausreichenden Zweckbindung der Abgabe ist ausgesprochen zweifelhaft. Diese soll den Gemeinden für eine Reihe von unterschiedlichen Maßnahmen wie der Ortsverschönerung und der Energiekostenoptimierung zugute kommen, also gerade nicht der Gruppe der Abgabepflichtigen. Verteidiger dieser Abgabe könnten zwar argumentieren, dass sich die Gemeinden über diesen Geldsegen so freuen, dass das Geld indirekt dann doch wieder in Gestalt günstiger Investitionsbedingungen an die Anlagenbetreiber zurückfließt, aber das dürfte dem BVerfG kaum reichen.
Es ist damit nicht davon auszugehen, dass der Windkraft-Euro dem scharfen Blick der Gerichte gewachsen sein wird.