Der per Anordnung entschotterte Garten
Der Streit um einen Schottergarten in Diepholz ist inzwischen in der Berufungsinstanz vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg entschieden worden: Mit dem Ergebnis, dass die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung anordnen konnte. Im zu entscheidenden Fall ging es um eine ganze Menge Schotter, nämlich um zwei insgesamt etwa 50 m² große Beete, die vor einem Einfamilienhaus angelegt worden waren.
Nun kann man sich trefflich darüber streiten, wie weitgehend Gesetzgeber und Behörden sich mit Geschmacksfragen auseinandersetzen sollen. Denn die Behörde stützte sich bei ihrer Entscheidung auf § 9 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Diese steht im Kontext des § 9 Abs. 1 Satz 1 NBauO. Demnach sind die nicht überbauten Flächen von Baugrundstücken so herzurichten und zu unterhalten, dass sie nicht verunstaltet wirken und auch ihre Umgebung nicht verunstalten.
Aber bei der in § 9 Abs. 2 NBauO geht es um mehr als nur ästhetische Fragen. Schließlich ist seit dem Kreuzbergurteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts verwaltungsrechtlicher „Common Sense“, dass es nicht zu den Aufgaben der (Bau-)Polizei gehört, sich um ästhetische Fragen zu kümmern, sondern um Gefahrenabwehr. Damals war es um die Untersagung eines mehrgeschossigen Mietshauses gegangen, um den Blick auf das Schinkeldenkmal auf dem Kreuzberg in Berlin freizuhalten.
Wenn § 9 Abs. 2 NBauO besagt, die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke möglichst als Grünflächen zu gestalten, dann dient das den ökologischen Zielen eines gesunden Stadtklimas. Grünflächen speichern Wasser und ermöglichen (jedenfalls gegenüber einer versiegelnden Pflasterung) die Versickerung, sie wirken sich mäßigend auf das Stadtklima aus und sorgen für Biodiversität. Die Wasserdurchlässigkeit der Befestigung von Freiflächen ist in anderen Bauordnungen, z.B. in § 8 Abs. 1 Satz 1 der Bremischen Landesbauordnung, explizit geregelt, auch vor dem Hintergrund von Starkregen und Hochwasserprävention.
Wie genau zwischen Grünflächen und „Schottergärten“ abzugrenzen ist, birgt wohl noch Stoff für Streit angesichts einer bisher eher vagen Definition: Nach Auffassung des Gerichts werden Grünflächen „durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen geprägt“. Der „grüne Charakter“ von Grünflächen schließe Steinelemente nicht aus, wenn sie nach dem Gesamtbild nur untergeordnete Bedeutung hätten. Dies macht eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich. (Olaf Dilling)