Open-Air im Naturschutzgebiet

Die freie Kultur­szene gehört wohl zu den größten Verlierern der Corona-Pandemie. Insofern gönnen wir es den Veran­staltern eines Poetry-Slams sehr, dass ihr Event – nach einem Eilbe­schluss des Verwal­tungs­ge­richts Münster – im Juli in einem Natur­schutz­gebiet im beschau­lichen Greven nördlich von Münster statt­finden darf. Bei dem Natur­schutz­gebiet handelt es sich um einen Teil der Emsaue, wobei der Fluss hier zwischen zwei Stadt­teilen von Greven hindurchfließt.

Letztlich erscheint es auch vertretbar, dass eine auf drei Stunden begrenzte Veran­staltung mit fünf Auftritten und ca. 100 Teilnehmern auf einem 2x2 m großen Podest in dem Gebiet stattfand. Nach Auffassung des Gerichts sei die geplante Veran­staltung nach den maßgeb­lichen natur­schutz­recht­lichen Bestim­mungen nicht verboten. Sie führe weder zu einer Zerstörung noch zu einer Beschä­digung des Natur­schutz­ge­biets. Damit trat es dem Vorbringen der Antrag­steller, zwei Natur­schutz­ver­bänden, entgegen, dass der Poetry-Slam keinen Bezug zu den Schutz­zielen der Emsaue habe, sondern  einen erheblich störenden Eingriff in ein Gebiet darstelle. Den Natur­schutz­ver­bänden ging es auch darum, dass die Veran­staltung ohne eine vorherige Befreiung nach dem Bundes­na­tur­schutz­gesetz erfolgen sollte. Hier hatten die Antrag­steller tatsächlich einen Punkt. Denn auch aus auf den ersten Blick scheinbar unpro­ble­ma­ti­schen Vorhaben können in Natur­schutz­ge­bieten Störungen resul­tieren (Olaf Dilling).

2020-08-18T15:28:09+02:0018. August 2020|Naturschutz|

Heißluft­ballons über „fakti­schem“ Vogelschutzgebiet

Auch wenn die norddeutsche Tiefebene manchen langweilig erscheint, hat die Weite doch ihre Reize. Jeden­falls für Ballon­fahrer, die an einem lauen Sommer­abend über die Weser und das Nahe gelegene Stein­huder Meer gondeln. Die untere Natur­schutz­be­hörde hat ihnen diesen Spaß jedoch vor zwei Jahren zumindest in Teilbe­reichen vergällt: Ein Natur­schutz­be­auf­tragter hatte nämlich beobachtet, dass die in einem europäi­schen Vogel­schutz­gebiet rastenden Zugvögel panisch die Flucht ergreifen, wenn sich ein Ballon nähert. Daraufhin hat die Behörde dem gewerbs­mä­ßigen Anbieter von Ballon­fahrten das Überfliegen des Gebietes in einem Umkreis von 500 m untersagt.

Die Klage des Anbieters der Ballon­fahrten vor dem Verwal­tungs­ge­richt (VG) Hannover blieb ohne Erfolg. Denn es handelt es sich bei dem Gebiet um ein sogenanntes „fakti­sches“ Vogel­schutz­gebiet. Damit ist gemeint, dass das Gebiet auch ohne formelle Unter­schutz­stellung durch die Landes­re­gierung einen Schutz­status nach europäi­schem Recht genießt. Es hätte aber eigentlich aufgrund seiner Bedeutung und der dort vorkom­menden Arten nach Artikel 4 Abs. 1 Unter­absatz 3 der Europäi­schen Vogel­schutz­richt­linie eigentlich hätte unter Schutz gestellt werden müssen. Die Behörde durfte nach Auffassung des Gerichts – und gedeckt von der Recht­spre­chung des Europäi­schen Gerichtshofs und Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts – daher nach Artikel 4 Abs. 4 der Richt­linie vorläufige Maßnahmen ergreifen.

Die Ballon­fahrer wurden insofern darauf verwiesen, entweder andere Start­plätze zu benutzen. Alter­nativ können sie auch durch eine entspre­chend aufwändige Verträg­lich­keits­prüfung die Unbedenk­lichkeit der von der Behörde angenom­menen Störwir­kungen nachweisen, insbe­sondere Schat­tenwurf der Silhouette sowie die Geräusch­ent­wicklung durch die Befeuerung des Heißluft­ballons (Olaf Dilling).

2019-11-21T14:00:41+01:0021. November 2019|Naturschutz, Sport|